Schulwechsel?

gritli

Mitglied
Hallo Ihr Lieben,

habe soeben das Zeugnis meines Sohnes (6) erhalten bzw. die Beurteilung, Zensuren gibts ja noch nicht in der ersten Klasse.
Nun ja, ich bin nicht begeistert, was ja auch schon abzusehen war.
Er stört halt den Unterricht und arbeitet oft nicht mit, hat aber ansonsten mit dem Unterrichtsstoff keine Probleme, sprich Rechnen, Schreiben, Lesen alles super.
Ich frage mich ob die Lehrerin vorhatte die Beurteilungen vor der Klasse vorzulesen, denn das wäre meiner Meinung nach fatal gewesen (er ist GsD zur Zeit krank) und hätte sicher nicht dazu beigetragen in ihm irgendeine Einsicht zu wecken. Er sagte in den letzten Wochen mehrmals, daß er nicht mehr zur Schule gehen will, daß die Lehrerin nicht nett ist usw.
Er mußte jetzt, wo er krank war/ist, jeden Tag den gesamten Unterrichtsstoff zuhause machen + Hausaufgaben. Dazu konnte ich ihn nur sehr schwer bewegen und er hat Ewigkeiten gebraucht bis er fertig war.
Ich weiß, daß er kein Engel ist und daß er so seine Schwierigkeiten hat mit der Art des Unterrichts, sprich dem Druck und Zwang alles in einer bestimmten Zeit machen zu müssen, alles genauso schreiben zu müssen, wie Frau Lehrerin es vorschreibt, lange stillzusitzen usw. Ich weiß aber auch wie die Lehrerin allgemein mit den Kindern umgeht.
Das Problem bei ihm ist, daß er viel Zuspruch braucht und Anerkennung (naja, wer nicht?). Ich kenn das ja von zuhause, wenn ich geduldig bin und ruhig mit ihm spreche, auf ihn eingehe, ihn ermutige usw. ist er viel zugänglicher und macht alles viel eher als wenn ich ungeduldig bin und ihn dauernd ermahne, dann blockt er nämlich ab. Genauso wirds in der Schule auch sein.
So, das erstmal dazu. Ich habe nun schon desöfteren mit meiner Freundin gesprochen, deren Sohn in die evangelische Schule geht. Die haben da ein komplett anderes Lernkonzept, haben Lerngruppen, sind sehr geduldig und tolerant im Umgang mit den Kindern, Hausaufgabenzeit täglich 10 Minuten, viel Feedback, gute Zusammenarbeit der Lehrer mit den Eltern, es wird kein Druck ausgeübt, die Kinder lernen nach ihrem eigenen Tempo usw. Ich habe auch das Zeugnis ihres Sohnes gesehen, da kamen mir bald die Tränen, wie liebevoll da alles formuliert ist, natürlich auch mit Hinweisen auf das was er noch nicht so gut kann aber mit jeder Menge Ermutigung und Dank an ihn usw.
Also ich muß sagen, ich begeistere mich immer mehr für diese Schule und ziehe einen Schulwechsel in Betracht. Die jetzige Situation ist für mich dermaßen nervend und stressig, und wenn das die ganze Grundschulzeit so weiter gehen soll...
Wer von Euch hat gute Erfahrungen mit einem Schulwechsel seines Kindes gemacht? Was genau hat sich danach geändert? Und wer von Euch schickt seine Kinder auf eine evangelische Schule und kann mir darüber berichten?
 

Leonie

Namhaftes Mitglied
Leider kann ich dir dazu nicht viel schreiben, aber bei meiner Tochter in der Klasse (damals auch 1.) war ein Mädchen, dem es ähnlich ging. Sie hat auf eine Waldorfschule gewechselt und da ging es ihr richtig gut. Dort war es möglich 1 (oder 2?) Tage "Probeunterricht" zu machen. In der Zeit war sie dann in ihrer regulären Schule beurlaubt.
Vielleicht solltest du auch mal nach einem solchen Tag in deiner Wunschschule nachfragen und einfach mal sehen, wie es deinem Sohn dort gefällt und was die Lehrerin dort sagt?
Auch ist ein Schulwechsel nich überall möglich. In vielen Bundesländern werden die Schulbezirke eingeteilt und ein Wechsel ist nur sehr schwer möglich.
Auf jeden Fall drücke ich dir ganz, ganz feste die Daumen, dass ihr die für euch richtige Entscheidung trefft! :druecker
 

gritli

Mitglied
Danke Leonie :)
Bei uns ist das mit dem Wechsel kein Problem, die Schule ist in der gleichen Stadt (Kleinstadt), ich hätte meinen Sohn in jeder Schule hier einschulen lassen können.
Habe schon einen Termin mit der Schulleiterin der ev. Schule vereinbart um mich erstmal zu informieren und meine Gründe darzulegen. Die machen da sogar eine bis zwei Probewochen, welche ich dann auch in Anspruch nehmen werde. Danach gibts dann ein Gespräch mit mir, meinem Sohn und der Lehrerin, um zu entscheiden ob das was für ihn ist oder nicht.
Bin gespannt... und werde berichten wie es gelaufen ist.
 

kikra

Namhaftes Mitglied
Hallo,

zuerst einmal stelle ich zunehmend fest, dass dein Sohn kein Einzelfall ist - es gibt so einige Kinder, die Anlaufschwierigkeiten haben, wenn es vom Kindergarten in die Schule geht. Insbesondere den lebhaften Kindern fällt es schwer, auf einmal fast 1 Stunde am Stück auf ihrem Po sitzenzubleiben und dann noch möglichst konzentriert zuzuhören. Ich habe auch so eine, die exakt diesen Punkt immer wieder thematisiert. Da kommt es tatsächlich sehr auf die Lehrerin an, ob sie ihnen zugesteht, sich an die neuen Abläufe erst einmal zu gewöhnen oder ob sie das rigoros fordert und bei Zuwiderhandlung (wie auch immer) sanktioniert.

Jill hat sich - sie wurde ebenfalls im letzten Jahr eingeschult - mittlerweile einigermaßen daran gewöhnt, wenngleich es ihr immer noch nicht behagt. Sie ist eben ein kleiner Quirl mit extremem Bewegungsdrang. Ich versuche, dem durch ein sehr umfangreiches Bewegungsangebot Rechnung zu tragen und habe erst einmal künstlersch/musische Angebote hintenangestellt.

Auch in Jills Klasse war ein Schüler, der massive Probleme mit dem Schulsystem hatte - wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du beschreibst ihn hier gerade. Der Mutter zerriss es das Herz, wenn er am Sonntag schon ganz traurig fragte, ob er am nächsten Tag wieder zur Schule müsse. Er nässte sogar wieder ein, schrie, weinte, wollte dort nicht mehr hin. Ein klares Wort: So geht es nicht! Wie soll ein Kind womöglich 12 Schuljahre durchstehen, wenn die - eigentlich ja noch eher spielerische Zeit - für ihn schon so vergrätzt wird?!

In unserem Fall war es so, dass die (sehr kleine und fast schon provinzielle) Schule extrem leistungsorientiert ist. Er wäre dem Druck auf Dauer nicht gewachsen und die Lehrerin hat der Mutter ein unmissverständliches Signal gegeben, sie müsse für ihren Sohn eine andere Lösung finden. :wow Ich war total geschockt, dachte ich doch, dass es zu diesem Zweck Föderunterricht gäbe. Den gibt es wohl auch, aber nicht an unserer Schule. Hier kommt man entweder mit oder muss halt weg. Ich hatte Jill damals auf die Schule gegeben, weil sie den Ruf hat, die Kinder sehr gut auf die weiterführenden Schule vorzubereiten - allerdings wusste ich nicht, dass das im Leistungssog funktioniert. Mit diesem Wissen werde ich die weitere Entwicklung sehr sorgfältig weiterverfolgen und - falls nötig - Jill von der Schule nehmen.

Aber zurück zu dem o. a. Jungen: Die Mutter hat sich dann verschiedene Alternativen angeschaut und sich auch für eine alternative Schule (ich meine Montessori) entschieden. Mit der Konfession der Schule hat das m. E. weniger zu tun als vielmehr mit der Pädagogik, nach der die Schule ausbildet. Und natürlich mit den Lehrern - unsere ist eine von der alten Schule. Für meine Tochter insofern gut, als sie nach strengen Regeln lehrt. Aber auch da sind die Kinder eben unterschiedlich: Für die einen ist das optimal; andere machen regelrecht zu; es ist kontraproduktiv.

So wie bei deinem Sohn und auch dem o. g. Er hatte regelmäßig Denkblockaden und wurde dann - so hat er zumindest erzählt - mehr oder weniger vor der Klasse vorgeführt. Ich kann das zwar nicht so ganz glauben, aber die Aussage steht im Raum. Zu Hause ging alles unproblematisch - in der Schule ging nichts mehr. Entsprechend versägte er alle Tests. Ja, bei uns gibt es zwar keine Noten, aber es wird mehrmals in der Woche der Leistungsstand überprüft.

Die Mutter des Jungen hatte dann noch gefragt, ob der Kleine vielleicht in der Parallelklasse untergebracht werden könne. Man entgegnete ihr aber, auch da sei das Leistungsniveau sehr hoch. Die Kinder wollten das so und hätten von sich aus gesagt, sie wollten mehr/schneller lernen - auch die Eltern hätten diesen Anspruch formuliert. Ob das stimmt?! Ich weiß es nicht; ich habe das jedenfalls nicht getan. Ich bin zu unerfahren und weiß eben nicht, was üblich ist für eine Grundschule.

Der o. g. Junge hat jedenfalls zwischenzeitlich die Schule gewechselt und es geht ihm - ich habe die Mutter neulich getroffen - deutlich besser. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Die Lehrkräfte ändert man nicht; entweder es passt oder man bekommt ein Problem. Bei zarten Kinderseelen kann da schnell ein Schaden angerichtet werden, der fürs Leben bleibt. Und das würde ich meinem Kind nicht antun wollen.

Die von dir beschriebene Alternative klingt in meinen Ohren erst mal sehr positiv und ich halte es - allem voran als Signal für dein Kind - für einen wertvollen Versuch. Er wird sicherlich motiviert sein, und seinem Gemüt wird es auch gut tun. Und was Freundschaften angeht, so sind Kinder da ja erfahrungsgemäß flott und flexibel - viel mehr als es die Eltern glauben.

Viel Glück und berichte mal, wie es bei euch weiterging!

kikra

PS: Bei uns gibt es erst zum Ende des 1. Schuljahres die erste Bewertung. Ich bin schon ganz gespannt..
 

gritli

Mitglied
Kikra, danke für deinen langen Bericht, der sehr ermutigend für mich war.
Ja mein Sohn ist so ein quirliger, der nicht lange stillsitzen kann (Bewegungsdrang war schon als Baby sehr groß, er konnte sich mit 5 Monaten allein hinsetzen, mit 6 Monaten hat er sich an seinem Gitterbett hochgezogen und gestanden und mit 10 Monaten ist er gelaufen) Und seine Lehrerin ist eben so eine Hundertprozentige, was Disziplin und auch das Lernpensum betrifft. Wenn die Buchstaben nicht genauso aussehen wie sie sie vormalt, werden die mit Rotstift korrigiert, jeder Einzelne. Sehr motivierend fürs Kind. Da er Linkshänder ist wird sich das warscheinlich nie ändern...
Wie du schon sagtest, einige Kinder kommen mit der strengen Methode klar, andere nicht. Meine Tochter hat jedenfalls absolut keine Probleme in der Schule und geht auch gern hin. Mein Sohn ist so einer, der Widerstand leistet wenn er unter Druck ist und ihn jemand zu etwas zwingen will und ihn ungerecht behandelt. Das ist bei allem so, ob aufräumen, Hausaufgaben machen oder sonst was. Wenn man ihn allerdings geduldig an die Sachen ranführt und ihm erklärt wieso und weshalb und dabei vor allem ruhig bleibt, klappt es ganz gut.
Das mit der Parallelklasse hatte ich der Lehrerin auch schon vorgeschlagen, aber sie meinte daß es da auch nicht anders wäre, im Gegenteil, da würde der Unterricht noch strenger sein. Auf meine Frage was ich denn noch unternehmen könnte als Mutter hatte sie auch keine Antwort. Außer, daß er eventuell weniger DS spielen sollte und weniger Fernsehen, aber das ist meiner Meinung nach eher so´ne Standardantwort, weil ja immer, wenn die Kinder nicht der Norm entsprechen, nur sowas Schuld dran sein kann. Glaub mir, ich hab schon alles Mögliche unternommen: mehr Routine in den Tagesablauf gebracht, ihm Aufgaben im Haushalt gegeben (leichte Sachen), wir machen einen Kochabend bei dem er sehr gerne mithilft, einen Spieleabend usw. Zuhause klappt es gut, natürlich ist er kein braves Lämmchen, das würde auch nicht seiner Natur entsprechen, aber er ist hier deutlich ruhiger geworden. In der Schule aber anscheinend nicht.
Und aus der Beurteilung entnehme ich deutlich, daß seine Lehrerin ihn auf dem Kiecker hat, weil sie kaum ein gutes Wort über ihn geschrieben hat, und kein Kind ist immer nur böse und stört und passt nicht auf. Teilweise widerspricht sie sich in der Beurteilung selbst: "Seinen Mitschülern gegenüber ist er oft rücksichtslos, obwohl er gern mit Partnern zusammen lernt". Ja was denn nun, rücksichtslos oder lernt gern mit anderen zusammen? Mit rücksichtslos meint sie das Stören, weil die anderen Kinder dann nicht ordentlich lernen können, weil sie dadurch abgelenkt werden. In einem Elterngespräch sagte sie mir mal, daß er, wenn er sich seine Lernpartner und die Aufgaben selbst aussuchen kann (was ab und zu mal als Auflockerung gemacht wird), überhaupt nicht stört und alles wunderbar laufen würde, er anderen hilft usw. Das heißt für mich, daß die sonstige Art des Unterrichts sein "Fehlverhalten" fördert, was widerum für die evangelische Schule sprechen würde, da dort öfter in Lerngruppen Freiarbeit gemacht wird.

Am 22. hab ich jetzt erstmal den Termin mit der ev. Schule, werde dann berichten wie das Gespräch war und wie es dann weitergeht.
 
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