Ab wann kann Diagnose gestellt werden?

MissMarple76

Neues Mitglied
Hallo liebe Foris,
Möchte mich kurz vorstellen. Mein Name ist Sandra, ich bin 33 Jahre alt und habe 2 Kinder. Der ältere (Dominik, 6) ist sehr verhaltensauffällig. Dazu später mehr. Mein Kleiner heißt Julian und ist 16 Monate alt. Dominiks Vater lebt nicht mit uns zusammen, aber Dominik besucht seinen Papa sehr regelmäßig und wir kommen gut miteinander aus. Seit Juli 2007 wohnt Julians Papa bei uns (er heißt Pepe).Dominik und Pepe kommen nicht sehr gut miteinander aus.
Seit über dreieinhalb Jahren versuche ich Hilfe für Domink zu finden.
Er kann sich in keine Gruppe integrieren, ärgert andere Kinder, übt körperliche Gewalt auf sie aus, auch Haustiere werden gerne mal in die Mangel genommen ( Katzen kann man wunderbar in Waschmaschinen, Wäschetrockner, Toiletten, Schränke und Koffer stopfen). Kein Kind möchte mehr mit ihm spielen, weil er immer so wild ist. Schon als Baby war auffällig, daß er vergleichsweise wenig schlief und lange Wachzeiten hatte, in denen nicht genug Action herrschen konnte. Zuhause war er bald nicht mehr zu bespaßen, ständig mußten neue Reize her, sodaß ich mir einen Sommer lang einen "Ausflugsplan" erstellt hatte. Da wir keinen eigenen Garten hatte, fuhr ich mit Dominik alle 2-3 Tage zu Bekannten mit Kindern und Garten um die häusliche Langeweile in den Griff zu kriegen und ihm soziale Kontakte zu "verschaffen".
Ein halbes Jahr vor Kindergartenbeginn war meine Verzweiflung ins unermeßliche gestiegen, da meine Wohnung nachts nicht mehr "sicher" war.
2-3 mal wöchentlich stand Dominik unbemerkt und mucksmäuschenstill auf und legte meine Küche in Trümmer. Käsescheiben wurden auf dem Fußboden ausgelegt, reichlich mit Ketchup und noch flüssiger Schlagsahne dekoriert. Tisch und arbeitsflächen garnierte er mit Zucker, Mehl und dem kompletten Inventar meines Gewürzregals.Nicht zu vergessen eine Dose Kakao-Pulver für die optik darüber zu verteilen. Als krönender Abschluß versuchte er dann, einen Kuchen für mich in seinem Zimmer zu backen, die Waage, die Rührschüssel sowie der Mixer waren parat, nur das Eieraufschlagen wollte nicht so ganz klappen, von 7 Versuchen waren leider 5 auf dem Teppich statt in der Schüssel gelandet.
Das sind nur Auszüge des beinahe täglichen Wahnsinns, dem mich mein damals 3-5jähriger Sohn aussetzte.
Die Kinderärztin verordnete erstmal Ergotherapie. Ganz eifrig und voller Hoffnung zogen wir ein ganzes Jahr durch. Die Ergo brachte keine Erfolge, es machte sich nicht im geringsten bemerkbar, daß irgendetwas therapiert wurde, obwohl Dominik und ich fleißig täglich unsere Hausaufgaben erledigten.
Nach einem Jahr wurde auf Anraten der Therapeutin die Therapie beendet mit dem Vermerk, wir mögen doch bitte ein Jahr vor Einschulung wiederkommen.
Aber vieles besserte sich erstmal durch den Beginn von Dominiks Kindergartenzeit.
Die Leitung des Kindergartens riet mir, einen Integrationsplatz für meinen Sohn zu beantragen als sie von seiner Umtriebigkeit erfuhr. Doch die zuständige Ärztin des Kreises legte mir nahe meinen Antrag zurückzuziehen, die Notwendigkeit eines I-Platzes sah sie nicht.
Dominik kam in eine Integrationsgruppe des KiGas, d.h. es gibt nur 15 Kinder in einer Gruppe, die von einer Erzieherin und einer Heilpädagogin betreut werden. Die tägliche Zeit des KiGa-Besuchs war von 8.00-14.00 Uhr.
Doch nach kurzer Zeit wurden Dominiks sozialen Schwächen immer deutlicher.
Im Bericht des KiGas an die Schule steht unter anderem, daß Dominik immer im Mittelpunkt stehen will, durch lustig sein und notfalls auch mit Gewalt.
Die Erzieherinnen haben im letzten Jahr offensichtlich ganz aufgegeben, wenn er auffällig wurde, schickten sie meinen Sohn zusammen mit drei anderen "auffälligen Kindern" raus auf den Spielplatz (ohne Aufsicht!!!)
Seit Anfang September geht Dominik nun zur Schule, im Stoff kommt er sehr gut mit, doch seine Klassenlehrerin ist hoffnungslos überfordert mit Dominik. Der erste Anruf kam nach genau einer Woche, ich möge bitte in die Schule kommen, da mein Sohn sich weigert zum Sportunterricht mitzugehen und der Sozialpädagoge sich mit ihm auf dem Schulhof aufhält.
Tja, seine Klassenkameraden wollen nichts mit ihm zu tun haben, weil er ständig ärgert und Unsinn im Unterricht macht. Lediglich seine Deutsch-Lehrerin kommt ganz gut mit ihm klar. Ich muß dazu sagen, daß seine KL frisch von der Uni kommt, seine Deutsch-Lehrerin schon recht was an Berufserfahrung hat.
Die KL ( Frau W.) fragte nach einem ADHS-Test. Dieser ist von Februar bis Juni diesen Jahres erfolgt. Abschließend sagte der Kinderpsychologe Dr. S., daß man ADHS in diesem Alter nicht austesten kann, dafür müsse Dominik in die Schule gehen ( meine Frage daraufhin:"Was ist in drei Monaten anders als jetzt?")
Dominik ist einfach ein sehr aktives Kind, der Problme hat durchzuschlafen und nachts komplett einnäßt. Das ist nicht schön, aber ich sollte mir von der Kinderärztin extragroße Windeln verschreiben lassen, damit ich nachts wenigstens etwas mehr zur Ruhe komme. Das Inkontinenzproblem würde sich schon von alleine lösen, wenn er erstmal zur Schule geht. Die heftigen und immer häufiger auftretenden nervösen Ticks sind kein Grund zur Sorge, einfach ignorieren, das wird schon. Ansonsten muß man mit ihm einfach lernen umzugehen. Sollte er nach der Einschulung immer noch solche Probleme haben, kann ich ja wieder in der Praxis anrufen, dann würde noch ein ADHS-Test gemacht werden.
Ich kann nur sagen, seit der Einschulung ist all das noch viel schlimmer geworden!
Bis vor kurzem wußte ich mein Kind sehr gut "zu nehmen" ( wie Dr.S. es ausdrückte).
Aber meine Nerven sind am Ende, unser Familienleben liegt in Trümmern und ich weiß mir keinen vernünftigen Rat.
Wir brauchen dringend Hilfe! An wen kann ich mich da wenden? Ab welchem Alter kann man ADHS tatsächlich diagnostizieren? Wer kann mir weiterhelfen, oder hat eigene Erfahrungen in ähnlicher Richtung gemacht?
Mir kommt es nicht drauf an, mein Kind ruhiggestellt in einer Ecke zu parken, ich mag besonders seine Lebhaftigkeit an ihm, aber er leidet selber ungemein, da er wirklich gar keine sozielen Kontakte mehr hat.
Er verspricht mir täglich sich in der Schule zu benehmen und ist totunglücklich, daß er es einfach nicht schafft.Wie kann ich meinem Kind helfen?
Noch schnell angemerkt: Sportvereine kommen nicht mehr in Frage, da er aus diversen Gruppen "rausgeflogen" ist aufgrund seines Verhaltens. Auch waren wir wie verabredet seit letztem Jahr Oktober wieder zur Ergo, die Therapie wurde im September beendet. Er sollte sich auf Anraten des Psychologen erstaml nur mit der Schule auseinandersetzen.
LG, Sandra.
 

cordu

Namhaftes Mitglied
Hallo Sandra,

erstmal herzlich willkommen.

Ich würde mal einen Termin in einem SPZ oder in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie machen. Dort können sie dir dann auch sagen ab wann ein Test Sinn macht (ich würde sagen es müsste jetzt schon gehen,bin aber auch "nur" Mama eines ADS´ler) und dir schon jetzt ein paar Tips geben wie du deinem Sohn helfen kannst sein Verhalten besser in den Griff zu bekommen.
Wir haben bei unserem Sohn als erstes Hilfe bei einer Erziehungsberatungsstelle gesucht und auch gefunden. Könnte das evtl. auch ein Weg für euch sein?

Als Sofortmaßnahme wäre ein Punkteplan vielleicht hilfreich. Dabei kannst du nicht viel falsch machen und es hilft deinem Kind auch wenn es kein ADS/H hat.

Ein kleiner Satz stört mich etwas in deinem Bericht. Du erwähnst das du dein Kind nicht ruhiggestellt in einer Ecke parken willst. Ich vermute mal du denkst dabei an Medikamente. Ich glaube das keine Eltern ihrem ADS/H-Kind ein Medikament geben nur um es ruhigzustellen aber manchmal lässt sich eine Medikamentengabe nicht vermeiden. Auch unser Sohn nimmt während der Schulzeit Tbl..

Ich hoffe ich konnte dir etwas weiterhelfen. Wenn ud noch Fragen hast, her damit.

LG :bye: Cordu
 

MissMarple76

Neues Mitglied
hallo cordu,
erstmal danke für deine antwort. ich war mit dominik im letzten halben jahr beim kinderpsychologen. ich muß dazu sagen, daß meine schwester auch einen adhs-sohn hat und bei dem gleichen psychologen war.auch ihr konnte er nicht helfen, sagt immer noch, er könne keine genaue diagnose stellen, obwohl das kind inzwischen 15 ist.
Die diagnose wurde letztendlich in einer einrichtung für "schwererziehbare" gestellt.
ist halt ein wohnheim, schule und therapie in einem. nur liegt das 1,5 stunden fahrzeit von hier entfernt und zum einen fehlen mir die finanziellen mittel jede woche zur elterntherapie zu fahren, zum anderen kann ich mich nicht überwinden, meinen sohn dahin zu schicken und ihn nur jedes zweite WE von samstag mittag bis sonntag nachmittag zu haben. das würde auch den umgang mit seinem vater stark einschränken, und das wär, glaub ich, nicht gut.
der schritt mich an eine familienberatungsstätte zu wenden kam mir auch sinnig vor, leider machen die auch grad ferien.
mit "ruhiggestellt in der ecke" möchte ich nichts gegen medikament sagen, aber viele stempeln einen ab, wenn man sagt, daß man diesbezüglich tabletten für sein kind möchte.
ich meine damit nur, daß ich nicht scharf auf psychopharmaka bin, wenn sie ihm allerdings helfen bin ich gerne bereit sie ihm zu geben.
Mein neffe darf Ritalin aufgrund einer herzerkrankung nicht nehmen, daher weiß ich über die auswirkungen nicht so gut bescheid. eine bekannte hat dieses medikament auch für ihren sohn gehabt, und der war echt zugedröhnt und kaum noch ansprechbar, vielleicht dosierungsfehler.
habe den eindruck, daß der psychologe uns nicht wirklich helfen will, aufnahmen in seine tagesklinik sind sehr schwierig, aber ergo muß zwingend bei ihm stattfinden, andere praxen duldet er nicht. wir wohnen sehr ländlich, da ist es beinahe unmöglich einen anderen psychologen zu finden. Könnte mir der besuch beim schulpsychologen weiterhelfen?
Für weitere vorschläge, anregungen und erfahrungswerte bin ich sehr dankbar.
 

cordu

Namhaftes Mitglied
Hallo Sandra,

da dein Sohn auch in der Schule massive Probleme hat kannst du dich auch an den Schulpsychologen wenden. Auf alle Fälle ein Versuch wert.

Ich muss sagen ich würde sofort den Therapeuten (egal welche Art) wechseln wenn ich mich nicht gut aufgehoben fühlen würde. Wir wohnen ebenfalls auf dem Land und sind über ne Std. nach Tübingen in die KJP gefahren zum austesten. Die Therapie selber haben wir dann in Reutlingen und im Nachbarort gemacht. Wobei wir nach Reutlingen auch immer eine knappe Std. Fahrzeit hatten und noch dazu in der Schule durchkämpfen mussten das Sohn 15 Min. früher vom Nachmittagsunterricht weg durfte. Habe ich schon erwähnt das es ein harter und steiniger Weg wird?
Auf alle Fälle würde ich sofort nach den Ferien einen Termin bei der Erziehungsberatungsstelle machen. Wahrscheinlich wirst du eh nicht sofort einen Termin bekommen. Leider sind die Wartezeiten auch bei den Ärzten und Therapeuten meist sehr lang.

Wir haben als wir einfach nur fertig waren und ich meinen Sohn nicht mehr so annehmen konnte wie er war eine Reha beantragt. Sohn war dann für vier Wochen in Oy-Mittelberg. Es hat uns allen gutgetan und wir konnten alle durchatmen. Sohn war damals zwar schon älter als deiner aber ich meine es waren auch schon Kinder im Grundschulalter alleine dort. Aber ich weiß das auch Mama od. Papa mitaufgenommen werden.

Zum Thema Tbl. Ich hab da so meine eigene Ansicht. Wir haben die Tbl. immer als Krücke gesehen. Manchmal benötigt man einfach eine Unterstützung um vorwärts zu kommen. Wir arbeiten daran das sie irgendwann mal nicht mehr notwendig ist. Am WE und in den Ferien kommt Sohn super ohne klar. In der Schule gehts noch nicht. Er hats schon mehrfach versucht und wirds auch immer mal wieder versuchen.

Wenn der Sohn deiner Bekannten mit Medikament wie zugedröhnt gewirkt hat dann war es sehr wahrscheinlich nicht richtig dosiert. Das ist ein sehr schwieriges Unterfangen und muss auch immer wieder angepasst werden. Wir haben jetzt schon das vierte Präperat und ettliche Dosierungen. Wobei jedes zu seiner Zeit das richtige war. Momentan nimmt er Medikinet ein. Das ist ein Retard Medikament d.h. es wirkt ca. 6 Std. Im Gegensatz zu nichtratardiert das nur ca. 3-4 Std. wirkt.

Zum abgestempelt werden.
Leute reden immer irgendwie über einen. Gerade wenn man in einem Dorf wohnt "wissen" die Leute oft alles besser. Und glaube mir: geredet wird immer. Egal was man tut od. eben nicht. Außerdem musst du deinem Kind ja kein Schild um den Hals hängen auf dem steht das er irgendwas nimmt od. ADS/H hat. Bei uns haben es teilweise nicht mal alle Lehrer gewusst.

Ach ja, ich habe mir anfangs eine Selbsthilfegruppe gesucht und bin da mal hingegangen. War zwar nur zweimal dort aber das hat mir schon geholfen. Ich habe gesehen das es auch andere Eltern gibt die ähnliche Probleme haben. Das allein war schon sehr tröstlich. Vielleicht wäre das ja noch eine Möglichkeit. Adressen bekommst du bei der Krankenkasse, evtl. liegen bei den verschiedenen Therapeuten auch welche aus od. bei der Erziehungsberatungsstelle.

Ganz schön lang geworden, entschuldige bitte.

LG :bye:Cordu
 

4xmama

Neues Mitglied
hallo sandra

eben habe ich deinen beitrag gelesen und einige dinge meines sohnes (7) wiedererkannt. bei ihm wurde dann kein ads/h bestätigt sondern nur "falsche erziehung" :-( wir haben sehr viele fehler gemacht und seitdem ich auch in meinem verhalten viel geändert habe klappt es auch sehr gut. er ist ein ganz anderer geworden.

er geht gerne zur schule, kommt auch gut mit, hat mittlerweile einige gute freunde und zuhause ist auch alles gut. natürlich ist er erst 7 und es gibt immer dinge für die es mal ärger gibt, aber im großen und ganzen ist alles gut! aber dies alles hat eine menge arbeit und zeit gekostet und vor allen dingen die hilfe von allen beteiligten (verwandte, freunde und vor allen dingen die familie)

mein rat an dich:

der junge braucht dringend qualifizierte hilfe. sonst hat sich das mit der schule schnell erledigt. mein sohn war zu anfang totaler aussenseiter und hatte es dadurch auch noch wieder schwerer in der schule. du müsstest du dich ans jugendamt wenden um erziehungshilfe zu beantragen. am besten eine familienbegleitung, die den gesamten haushalt unter die lupe nimmt, denn das kind allein ist meistens nicht schuld an seinem verhalten.

und es reicht in meinen augen nicht aus wenn DU dein kind "zu nehmen" weißt, sondern jeder muß mit deinem kind klarkommen können.

die eltern spielen da auch - meist unbewusst eine ausschlaggebende rolle. und dies geschieht dann auch mit ALLEN familienmitgliedern, sei es der im haushalt lebende papa oder der leibliche. es werden dann mit allen gesprächen geführt und heraus gefunden, wo die jeweiligen probleme oder reibungspunkte liegen. das jugendamt kann dir auch kompetente stellen oder psychologen nennen, die auf soetwas spezialisiert sind.

aber ein paar fragen habe ich schon noch zu deinem post:

du schreibst von tick´s. wie und wann äußern sich diese? wir konnten die ticks meines sohnes relativ weit abstellen indem wir die situationen geändert haben in denen er sie hatte.

du schreibst vom nicht so tollen verhältnis zu julians papa. wie äußert sich das? fühlt er sich vernachlässigt? ist der papa mehr mit dem kleinen als mit ihm beschäftigt? kamen sie von anfang an nicht miteinander klar? wie geht der papa mit ihm um?

du schreibst von häuslicher langeweile. warum? beschäftigst du dich nicht ausreichend mit ihm? sprich: spielen, ihn mit in alltagsaufgaben einbeziehen.

wie geht er denn mit seinem kleinen bruder um? gibt es da auch eifersucht, stänkern?

konsequenzen einführen hat bei uns auch gut geklappt. und vor allen dingen diese dann auch durchhalten! wie geht er mit konsequenzen um? manche kinder brauchen konsequenzen als eine art stützmechanismus.

wir haben sein kinderzimmer neu gestaltet. mit schönen postern, bildern bestückt, ihm eine kuschelecke eingerichtet in die er sich zurückziehen kann, seinen schreibtisch aufgeräumt und "schick" gemacht, usw usw. jetzt ist es so, das er sich dort gerne mal zurückzieht und auch für sich alleine spielen kann.

ich hoffe für die katze, das er mittlerweile besser mit ihr umgeht?!

ich würde mich freuen wenn du mal berichtest!

liebe grüße
melanie
 

MissMarple76

Neues Mitglied
hallo melanie,
ich versuche mal punkt für punkt auf deinen text zu antworten. erstmal danke, daß du mir versuchst zu helfen, denn zwischendurch geh ich echt nervlich am stock.
" er ist einfach nur ein sehr aktives kind, das man zu nehmen wissen muß" diese aussage stammt vom kinderpsychologen.
die letzten 6,5 jahre bin ich mit dominik auch gut zurecht gekommen, ebenso wie personen, die engeren oder häufigen kontakt mit ihm haben ( meine mutter, sein vater, die ersten erzieherinnen).
doch ich kann ziemlich genau festlegen, daß sich die situation seit der einschulung im september drastisch verschlechtert hat. dominik ist auffällig von großer innerer unruhe angetrieben. auch die angesprochenen nervösen ticks haben sich sehr verstärkt.
sie treten auf sobald dominik körperlich nichts tut, d.h. beim fernsehen, vorlesen, gesellschaftsspiele und wenn er sehr angespannt ist ( in einer geschichte z.b. etwas spannendes passiert). er wischt sich die inzwischen recht kurzgeschnittenen haare aus der stirn, zupft an den ohren, schubbert seine nase, hustet und am stärksten ausgeprägt ist pulli-zupfen, auch wenn er nur ein weit ausgeschnittenes unterhemd trägt.
julians papa ( bei uns pepe genannt, ist sein spitzname) kam eigentlich von anfang an nicht so gut mit dominik zurecht. ich sehe die probleme auf beiden seiten. dominik und ich haben sehr lange alleine gelebt nach der trennung von seinem vater, aber immer ein freundschaftliches Verhältnis aufrecht erhalten können. auch wenn man getrennt ist, muß man doch gemeinsam ein kind erziehen können. so war dominik halt lange "der mann" im haus. ich denke, er sieht pepe als konkurrenz.
pepe hingegen fällt es manchmal schwer auf dominik einzugehen. dominik ist sehr selbständig und macht oft dinge ohne sie anzukündigen oder zu fragen. das war für mich nie ein problem, weil ich weiß, daß mein sohn seine grenzen kennt und zu hause auch meist einhält. wenn er in die küche geht und ich höre kurz danach die kühlschranktür, dann weiß ich, er gießt sich gleich etwas zu trinken ein. das ist ok für mich. pepe "durchschaut das in dem moment nicht, fragt, was er da macht und bekommt: keine antwort. dominik akzeptiert ihn las spielkamerad und sonst nichts. wir waren anfang des jahres in familientherapie, aber auch da konnten wir das problem nicht lösen. pepe kümmert sich (nach meinem empfinden und dem anderer, die uns gemeinsam erleben) recht gleichmäßig um die kinder. dominik liebt seinen kleinen bruder, geht meist sehr fürsorglich mit ihm um, ist aber manchmal im spiel zu rabiat.
zur häuslichen langeweile: das problem ist, daß ihm zu hause langweilig wird. manchmal hat er riesenspaß mit mir zu putzen, den garten zu machen, mit hund spazierengehen, kuchen backen, kochen, malen, basteln, spielen, toben...
ich versuche ihn wirklich zu belustigen mit allem, was geht, aber ihm fäält sprichwörtlich die decke auf den kopf. er möchte dann einfach etwas anderes sehen, erleben, andere menschen um sich haben. er wünscht sich andere kinder zum spielen, aber wirklich niemand will mehr etwas mit ihm zu tun haben.
und ich muß ganz klar sagen (auch wenn jeder das sagt): er ist nicht schlecht erzogen. selbst der kinderpsychologe und die ergotherapeutinnen sagen, daß es ihm nicht an erziehung mangelt und mir nicht ankonsequenz. das bestätigt auch mein bekanntenkreis (sollte man ab und zu mal nachfragen, manchmal merkt mans selber nicht, grins). mein sohn hat mich zur konsequenz erzogen. er ist ein kind bei dem man sich an klare regeln halten muß, ausnahmen führen nur zu katastrophen. dann wird jede regel und grenze neu abgeklopft und ausgetestet, manchmal nur ein paar tage, manchmal wochenlang täglich. versteht das nicht falsch, ich steh nicht mit nem regel-buch hinter ihm, aber welche ausnahmen man wann gestattet muß ich mir gut überlegen und das wichtigste: erklären und begründen.
vor 1,5 jahren zogen wir in dieses haus. von der wandgestaltung über die möbel bis hin zu poster, wandstickern und aufstellung der möbel durfte er sein zimmer voll mitbestimmen. es ist schließlich sein reich, und er soll sich darin wohl und geborgen fühlen.
von 7 tagen in der woche gibt es vielleicht 2tage, an denen er sich für eine halbe stunde dort aufhält. mit julian geht er gern mal da spielen, oder mit pepe seine rennbahn aufbauen, oder mit mir die eisenbahn.
als noch andere kinder zum spielen kamen, hat er sie vergrault (gardinen zu, alles dunkel, monster gespielt, kinder erschreckt, ihnen vorgeschrieben, was sie wie spielen sollten und zu guter letzt hat sein vater ihm eine cd von "in extremo" geschenkt. der name ist wirklich programm, die texte dummerweise deutsch, sodaß dominik sie nach kürzester zeit sehr laut und inbrünstig mitsang ohne zu verstehen, was er da von sich gab. er machte die musik so laut, daß sein besuch verstört das zimmer verließ bevor ich auchnur halb die treppe hoch war).
jahrelang hat sein vater behauptet, er wüßte nicht, was ich hätte, dominik wäre ganz normal. er würde nie zugeben, daß es probleme gibt. umso erstaunter war ich, als er mich vor 10 tagen ansprach, ob dominik nicht doch vielleicht adhs hätte, ich müsse doch noch mal zum psychologen mit ihm. er hatte wol einen bericht im fernsehen über adhs gesehen und sich "so seine gedanken gemacht, daß man dominik doch helfen müßte". fällt einem dazu noch was ein?
"ich laß mir doch von irgendsonem psychofutzi nicht sagen, wie ich mit meinem kind umzugehen hab, nur weil die studiert haben und sich deshalb für schlau halten!" sagte er zu mir, als ich ankündigte zur elternschule zu gehen und ihn fragte, ob er auch mal mitkommen wolle.
so, ja die katzen müssen nicht mehr soviel ausstehen. im juni ging dominiks größter wunsch (und meiner auch, grins) in erfüllug: wir bekamen einen hund. er kümmert sich liebevoll mit um sie, ist nicht grob zu ihr und seitdem ist sein umgang mit den katzen auch erheblich besser geworden. unser hund stammt aus einer spanischen tötungsstation und das habe ich dominik auch erklärt. seitdem ist er so stolz, daß wir "shary" gerettet haben und ihr ein schönes zuhause bieten. und ich hab den eindruck, daß er begriffen hat, daß man tiere nicht quälen darf, ist nämlich seitdem nie wieder vorgekommen.
so, nu werden die finger lahm und ich hoffe, alle fragen beantwortet zu haben. habs mir leicht gemacht und die großbuchstaben weggelassen, reine faulheit, nicht dummheit, zwinker.
freu mich über weiter beiträge, liebe grüße und noch einen schönen abend,
Sandra.
 
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