Hallo,
ganz grundsätzlich ist es in der Tat so, dass das Familiengericht die Zustimmung des anderen Elternteils ersetzen kann, wenn dafür ein Anlass besteht. Das passiert zum Beispiel, wenn der Elternteil, bei dem das Kind beim gemeinsamen Sorgerecht hauptsächlich lebt, entweder für zu treffende wichtige Entscheidungen gar nicht zur Verfügung steht (in dem er oder sie zum Beispiel dauerhaft nicht erreichbar ist) oder aber eine notwendige Zustimmung in einer wichtigen Angelegenheit verweigert. In diesen Fällen kann, muss aber nicht, das Familiengericht, an des Elternteils statt die Zustimmung geben: Es passiert durchaus, dass diese Zustimmung verweigert wird, wenn eine Entscheidung, zum Beispiel der Mutter, aus Sicht Dritter ebenfalls nicht dem Wohle des Kindes entspricht.
Die Namensidentität fällt insgesamt ebenfalls unter diese Thematik, stellt allerdings auch gleichzeitig die wohl komplexeste Problemstellung in diesem Bereich dar. Denn der Name, auch der Nachname eines Menschen, ist zunächst einmal ein wichtiges Erkennungsmerkmal. Er ist aber auch, auf einer tiefer liegenden Ebene, Ausdruck der Zugehörigkeit bestimmter Menschen zueinander: In einer Familie, aber auch zwischen den Einzelpersonen, die zu dieser Familie gehören.
Dies führt zu einer Reihe von besonderen Einzelsituationen, die allesamt bei der Entscheidung über eine Namensänderung berücksichtigt werden müssen: Da ist zum Einen die Funktion als Erkennunsmerkmal. Würde es der Gesetzgeber so einfach machen, den Nachnamen eines Kindes zu ändern, wie zum Beispiel eine Entscheidung über eine planbare Operation zu treffen, würde dies in Extremfällen dazu führen, dass ein Kind bis zum Erwachsenwerden eine Vielzahl unterschiedlicher Nachnamen getragen hat - denn der betreuende Elternteil könnte dann bei jeder neuen Liebe den Namen des Kindes an die neue Liebe anpassen. Und manche Leute glauben viele neue Lieben zu haben.
Aber dann ist da auch noch die Sache mit dem Zugehörigkeitsmerkmal. Mit der Scheidung wird zwar eine Familie als Einheit aufgelöst, und der Name verliert seine Bedeutung als Merkmal dieser Familie. Die Frau, der Mann, die den Nachnamen des Ehepartners angenommen hatten, können diesen wieder abgeben, weil sie das Gefühl des Zueinander Gehörens verloren haben, und weil mit einer Scheidung so gut wie immer eine mehr oder weniger große Zahl an Verletzungen und Demütigungen kommt, auf Grund derer man den einstigen Partnern nicht zumuten kann, weiterhin den Namen des Partners zu führen.
Doch dies erstreckt sich nicht auf das Kind: Die Verletzungen und Demütigungen, die Entfremdung zwischen den Erwachsenen hat in dieser Frage nur, und nur dann allein, eine Bedeutung, wenn das Verhalten des Namensgebers, also meist des Vaters, das KInd so massiv beeinträchtigt hat, dass ihm nicht zugemutet werden kann, diesen Namen zu führen - eine massive Entfremdung muss hier nachgewiesen werden, die allerdings allein auf das Verhalten dieses Elternteils zurückzuführen sein muss. Ansonsten gilt, dass Vater und Kind eine Einheit bilden, und der gemeinsame Nachname nach der Trennung weiterhin Symbol der Zugehörigkeit zueinander ist, das hier eine Einheit mit der Pflicht des Vaters, für sein Kind da zu sein, und dem Recht des Kindes auf seinen Vater bildet.
In dieser Situation hat eine Namenänderung, für die zum Beispiel der Willen des Kindes ins Feld geführt wird, auch den Effekt, dass das psychologische Signal "Du gehörst nicht mehr zu mir" entsandt wird. Deshalb wird hier von den Gerichten sehr genau geprüft, inwieweit dies wirklich der Wille des Kindes ist, oder ob hier eine Eingebung durch Dritte, zum Beispiel durch die Mutter erfolgt ist - denn im Ernstfall steht durch einen solchen Schritt das Verhältnis zum Vater auf dem Spiel, und damit auch unter Umständen das Wohl des Kindes.
Der Willen des betreuenden Elternteils, oder gar ob diesem Elternteil zugemutet werden kann, im täglichen Leben ständig mit dem Namen des geschiedenen Partners konfrontiert zu werden, hat nur in ausgesprochenen Extremfällen eine Bedeutung - zum Beispiel dann, wenn häusliche Gewalt vorliegt. Wobei man in solchen Fällen nicht davon sprechen kann, dass Wohl des Kindes und Wohl des betreuenden Elternteils voneinander getrennt werden können: In Fällen häuslicher Gewalt unter Erwachsenen liegt nahezu immer auch eine Beeinträchtigung des Kindes vor. Es steht auch immer die Frage im Raum, inwieweit ein solcher Mensch charakterlich dazu geeignet ist, Einfluss auf das Leben eines sich entwickelnden Menschen zu haben.
In Normalfällen liegen die Hürden für die Änderung des Namens eines Kindes sehr, sehr hoch. Wer es dennoch versuchen will, muss sich zunächst einmal an einen Rechtsanwalt wenden, der, falls er Erfolgsaussichten sieht die entsprechenden Anträge vorbereitet und beim Familiengericht einreicht. Das Jugendamt wird in solchen Fällen höchstens um eine Stellungnahme gebetet. Es ist aber nicht der Entscheidungsträger, und damit auch nicht der Ansprechpartner.
Viele Grüße,
Ariel