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ute heidorn

Guest
Hallo an alle,

in der Ärztezeitung waren zwei interessante Berichte, ich habe sie euch hier eingestellt.

Gruß von Ute :bye:

Therapie erleichtert dem Zappelphilipp die Schule

Vom ersten Arztbesuch bis zur Diagnose ADHS dauert es über zwei Jahre / Ergebnis einer internationalen Umfrage

BERLIN (gvg). Bei Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) dauert es nach dem ersten Arztbesuch im Durchschnitt mehr als zwei Jahre, bis die Diagnose gestellt wird. Nur bei zwei von fünf medikamentös behandelten Kindern wird mit einer Behandlung innerhalb eines Jahres nach Symptombeginn begonnen.
Das sind zwei Ergebnisse einer großen Umfrage der Weltvereinigung für psychische Gesundheit (WFMH). In Deutschland und acht weiteren Ländern wurden über 700 Familien mit ADHS-Kindern befragt. In immerhin 84 Prozent der befragten Familien gab mindestens ein Elternteil an, in der Kindheit ebenfalls ADHS-typische Symptome gehabt zu haben. "Der Trend zeigt erneut deutlich die große Bedeutung, die genetischen Faktoren bei der ADHS-Entstehung zukommt", sagte Professor Manfred Döpfner, Kinder- und Jugendpsy-chiater an der Universität Köln.
Bei der Behandlung von Kindern mit ADHS ist in Deutschland der Stellenwert von medikamentöser und nicht-medikamentöser Therapie der Umfrage zufolge praktisch gleich: Vier von fünf Kindern werden medikamentös behandelt, die große Mehrheit mit Methylphenidat-haltigen Präparaten. Ein gleich großer Prozentsatz der Kinder erhält Ergo-oder Verhaltenstherapie.
"Die medikamentöse Behandlung wirkte sich in den befragten Familien vor allem günstig auf den Schulbesuch des Kindes und auf die Konzentrationsfähigkeit bei den Hausaufgaben aus", so Döpfner bei einer Veranstaltung auf dem Internationalen Kongreß für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Berlin. Die Mehrheit der befragten Eltern wünsche sich Präparate, die bereits morgens und bis in den Abend hinein wirken, so Döpfner.
Die Umfrage wurde unterstützt von Eli Lilly. Das Unternehmen vertreibt den selektiven Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmstoff Atomoxetin. Es handelt sich um eine in den USA bereits erhältliche Alternative zu Methylphenidat. Die Zulassung für Deutschland wird Anfang 2005 erwartet.


Angst vor Sucht nach ADHS-Therapie unbegründet?

Studien haben sogar ergeben: Neigung zur Sucht wird durch Methylphenidat-Behandlung eher verringert

BERLIN (gvg). Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) entwickeln seltener eine Nikotin-, Alkohol- oder Drogenabhängigkeit, wenn sie wegen der Erkrankung medikamentös behandelt werden. Die häufig geäußerten Befürchtungen vor einer Suchtentwicklung sind damit wahrscheinlich unbegründet.
Vier von fünf Kindern, die wegen eines ADHS medikamentös behandelt werden, erhalten in Deutschland Methylphenidat-haltige Präparate. "Die Zahl der verordneten Tagesdosen von Methylphenidat hat sich zwischen 1992 und 2002 vervierundzwanzigfacht", sagte Dr. Michael Huss auf einer Veranstaltung auf dem Weltkongreß für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Berlin. Weil die Substanz chemisch dem Kokain ähnelt, könne er gut verstehen, daß Eltern sich Sorgen über das Suchtpotential machten, so der Kinder- und Jugendpsychiater von der Charité Berlin.
Die meisten Studien mit Methylphenidat-Präparaten hätten allerdings das genaue Gegenteil ergeben, wie Huss auf der von der Firma Janssen-Cilag ausgerichteten Veranstaltung sagte. Das Unternehmen vertreibt das langwirksame Methyl-phenidat-Präparat Concerta®.
"In einer eigenen Studie, die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte finanziert wurde, hatte eine Methylphenidat-Behandlung bei Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren einen geradezu dramatisch positiven Effekt auf das Suchtverhalten im Erwachsenenalter", so Huss. Die behandelten Kinder seien als Erwachsene besser in der Lage gewesen, verantwortlich mit Zigaretten, Alkohol und Marihuana umzugehen als nichtbehandelte Kinder mit ADHS.
Professor Michael Schlander von der Hochschule für Wirtschaft in Ludwigshafen betonte den großen soziökonomischen Nutzen einer erfolgreichen ADHS-Behandlung. Unbehandelte Kinder hätten um die Hälfte mehr Verkehrsunfälle als ihre nicht betroffenen Altersgenossen. Daten aus den USA zufolge brechen zudem zwei von fünf Kinder mit nicht kontrolliertem ADHS die Schulausbildung vorzeitig ab. Die Anfälligkeit für Kriminalität sei stark erhöht, genauso wie die Wahrscheinlichkeit, eine Suchterkrankung zu entwickeln.
"Wenn wir angesichts dieser Fakten sehen, daß nur etwa ein Viertel der betroffenen Kinder medikamentös behandelt wird, können wir jedenfalls nicht von einer Überversorgung sprechen", so der Mediziner und Ökonom in Berlin.

Quelle: ÄZ 26.08.2004
 
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