Hilfe! -  Wie erzieht man einen Teenie?

UltraLilli

Neues Mitglied
Hallo Forum,
habe diesen Beitrag bereits im Rat+Hilfe Forum gepostet, bin mir aber nicht sicher, ob ich dort richtig bin mit meinem Anliegen - daher hier nochmal... *sorry*

Wir (26,27 und 4) sind gestern sozusagen durch Zufall zu einer 15-jährigen Tochter gekommen. Hintergrund: die kleine Schwester meines Mannes hat es zu Hause bei Ihren Eltern nicht mehr ausgehalten und ist einfach zu uns gezogen. Sie lebte bisher in einer zumindest oberflächlich betrachtet heilen (Schein-)Welt. Ihre Eltern sind gut situiert, gebildet und schicken sie auf eine Privatschule - allerdings mangelt es ziemlich an liebevollem Umgang und Respekt voreinander. Sie dagegen ist aufsässig, schlecht in der Schule, frei von jeglichen Vorstellungen, was das reale Leben anbetrifft und sperrt sich (allerdings erleben wir sie, wenn sie bei uns ist auch anders). Weil ihre Eltern selbst sehr dickköpfig sind, prallen diese beiden Welten oft heftig aneinander. So heftig, dass sie sich (nach eigenen Angaben) mindestens wöchentlich eine Ohrfeige wegen absoluten Nichtigkeiten (z.B. nächtliches Nägellackieren und damit einhergehende Geruchsbelästigung der Eltern) einfängt. Das geht nun schon seit bestimmt 3 Jahren so. Die Mutter droht ihr schon seit Monaten mit Heim - so auch wieder vor dem eigentlichen Weglaufen. Kind hat somit also Grund genug, um das Haus zu verlassen ... und ist bei uns gelandet. Mein Mann hat gestern versucht mit seinen Eltern zu reden, was aber auch nur im Streit und mit den Worten "die könnt Ihr ruhig behalten" geendet hat.

Nun ist es nicht so, dass wir sie nicht mögen und uns um sie sorgen - wir sind aber eigentlich mit unserer eigenen kleinen Familie gut ausgelastet und befürchten weitere Spannungen mit ihren Eltern. Hinzu kommt noch, dass wir null Erfahrung in der Erziehung von 15-jährigen Mädchen haben. Unsere Teenie-Zeit ist zwar selbst noch nicht so lang her, aber das heißt noch lange nicht, dass wir sie auch erziehen können. Anfangen tut es schon im kleinsten: Kind fragt, ob sie heute (Freitag) zu ihrem Freund kann und wann sie wieder zu Hause sein sollte. Wie lang kann man ein Mädchen draussen rumlaufen bzw. rumfahren lassen (wohnen außerhalb der Stadt)?
Nächstes Problem ist, dass das Wohnen bei uns aus zahlreichen Gründen keine Dauerlösung sein kann. Die Fronten sind verhärtet und ihre Eltern wären niemals dazu bereit ihr Kind als gleichberechtigten Partner anzusehen und vernünftig mit ihr zu reden, geschweigedenn sich eigene Fehler einzugestehen und eventuell eine Familientherapie zu besuchen. Ich kann und will mich als Schwiegertochter da nicht einmischen. Mein Mann ist soweit, dass er seinen Vater vom Grundstück werfen würde und das Mädchen denkt sie wird von ihren Eltern totgeschlagen, wenn sie wieder nach Hause geht.

Fest steht: so kann es auf keinen Fall weitergehen (wir könnten allein schon ihre Schule und ihr Taschengeld nicht bezahlen). Aber was machen wir nur???
HILFE!

Dankbar für jeden Rat,
Anja
 
R

redneb

Guest
Erste Idee:

Sofort (jetzt, auf der Stelle) das zuständige Jugendamt anrufen. Das ist auch rechtlich alles problematisch, was da läuft. Deine Schwägerin ist 15. Die kann nicht mal eben so für sich beschließen, wo sie gerne leben möchte. Ihre Eltern können Euch die Hölle heiß machen.
 

UltraLilli

Neues Mitglied
Hm, ich befürchte, dass das Jugendamt einzuschalten die Situation noch verschärfen würde. Ihre Mutter ist ziemlich auf den äußeren Schein bedacht und würde ausrasten, wenn sie jetzt plötzlich öffentlich als gescheiterte Mutter da stehen würde. Immerhin habe sie in ihren Augen alles richtig gemacht, nur ihr Kind spinnt. Und auf der anderen Seite, kennen wir die Zustände zu Hause zwar als Außenstehende nur bedingt und haben auch miterlebt, wie die Tochter auf Familienfeiern geohrfeigt wurde, aber ich habe ehrlich gesagt ein wenig Angst davor, dass wir vom Jugendamt wegen "Geringfügigkeit" abgetan werden und uns sozusagen grundlos den Zorn der Eltern (bzw. Schwiegereltern) zuziehen. Hinzu kommt noch, dass jede Geschichte zwei Seiten hat - woher weiß ich, ob das was mir das Mädchen erzählt stimmt bzw. nichts weggelassen wurde?
Danke & viele Grüße,
Anja
 
R

redneb

Guest
Also,

Du hast doch im Grunde zwei Möglichkieten:

- Du behältst sie
- Du schickst sie zurück.

Wenn sie zunächst mal bei Euch bleiben soll, dann führt (wenn die Eltern so uneinsichtig sind, wie Du schreibst) am Jugendamt m.E. kein Weg vorbei.
 

anouschka

Aktives Mitglied
Wie, sind denn die Eltern nicht mal bereit, den Unterhalt, Schule etc zu bezahlen??? Das müssen sie doch! Egal wo das Mädel wohnt!

Sie ist ja schon 15, könnte sie nicht bis sie 16 ist bei Euch wohnen und dann in eine (betreute?) WG ziehen. Oder in ein Internat?

Ich meine in dem Alter kann man doch schon ein eigenes Leben führen, und bei Euch könnte sie das erst noch ein bißchen üben. So würde ich nicht sagen, wann sie heimkommen soll, sondern fragen, was sie für sinnvoll hält und es mit ihr aushandeln. Immerhin fragt sie Euch, oder? Das hab ich ja eigentlich in dem ALter nicht getan! Aber ich hatte die Stimme meiner Eltern bzw der Vernunft in mir (meistens), und so hab ich meinen Eltern eher gesagt, wann ich wieder da sein würde. Also sie einfach ein bisschen anleiten, dass sie sich selbst fragt, wie ist es sinnvoll, kann ich vielleicht bei Freund/Freundin übernachten, damit ich nicht allein nach hause muss, oder wie können wir eine Regelung finden, damit ihr Euch keine Sorgen machen müsst.

Was das gemeinsame Wohnen angeht, würde ich es als selbstverständlich ansehen, dass sie ihren Teil dazu beiträgt, und wenn sie nicht von sich aus mit anpackt, könntet ihr Euch einfach zusammensetzen und gemeinsam überlegen wie und in welchem Maße jeder einzelne seinen Beitrag leisten kann (Was machst Du denn gern, wofür würdest Du dich verantwortlich fühlen und wie teilt man die Sachen auf, die keiner gern macht).

hm weiß nicht ob dir meine Ideen weiterhelfen, schreib doch mal noch ein bisschen,
was konkret an Problemen auftritt. Denk daran, sie ist fast erwachsen, und wenn sie sich entsprechend (Euch gegenüber) benimmt, würde ich ihr Vertrauen entgegenbringen, das wird sie wahrscheinlich zu würdigen wissen.

außerdem würde ich mal am besten mit ihr zu einer Beratungsstelle gehen, erstens damit sie vielleicht eine Psychotherapie machen kann (bzw. jemand unabhängigen zum Reden hat, mit dem sie über ihre familiären Probleme besprechen kann, da kommt sicher einiges hoch), und vielleicht einen Platz in einer betreuten WG vermittelt bekommt.

also bis dann,
anouschka
 

UltraLilli

Neues Mitglied
Hallo Redneb,
leider ist es wirklich so, wie Du sagst - es gibt nur zwei Möglichkeiten und beide bereiten mir Bauchschmerzen...
Was passiert eigentlich nachdem man das Jugendamt verständigt hat und welche Probleme können uns ihre Eltern machen?

Hallo Anouschka,
ich will nicht ganz abtun, dass man mit 15 schon fast erwachsen ist. Man glaubt es zu sein und versucht es auf relativ kindische Art anderen begreiflich zu machen. Das macht die Pubertät ja so kompliziert - man ist weder Fisch noch Fleisch.

Deine Vorschläge finde ich gut. Wir werden sie zunächst einmal selbst danach fragen, wann sie nach Hause kommen will. Mit Haushaltsaufgaben haben wir keine Probleme, weil mein Mann und ich den Haushalt allein führen. Sie soll sich lieber auf die Schule konzentrieren als Staub zu saugen. Außerdem ist sie von selbst schon recht fleißig und macht dahingehend keinerlei Probleme.

Leider vermute ich die wahren Hürden an anderer Stelle. Sie hat eine Familie - wir haben eine eigene Familie. Das hört sich jetzt vielleicht selbstsüchtig an, aber ich will meine eigenen Erfahrungen mit Teenies machen und zwar, indem ich meinen kleinen Sohn aufwachsen sehe. Und: Ich sehe mich mit Mitte 20 noch nicht als reif genug an, einem Teenager den Weg zu weisen. Das Ziel sollte also vorrangig sein, sie mit ihrer Familie wieder zusammen zu bringen oder eine für alle Seiten akzeptable Lösung zu finden. Aber wie nur?
 

anouschka

Aktives Mitglied
also ich kenne einige Leute, die mit 16 von zu Hause ausgezogen sind. Ich habe auch zeitweise mit 16 und 17 in einer WG gewohnt. Und glaubt mir, man ist eigentlich viel vernünftiger als man denkt, wenn man nicht dauernd jemanden um sich hat, der erwartet, dass man unvernünftig ist!

Und es tut gut, mal auf eigenen Beinen zu stehen und selber zu sehen, was nötig ist und was nicht, und welche Vorzüge das Leben in einer Familie mit sich bringt und welche Nachteile.

@redneb: Du musst ja nicht alles von Dir auf andere übertragen ;-)

nein im Ernst: Es ist ja sehr sehr unterschiedlich, wann man erwachsen "ist". und von sehr vielen verschiedenen Faktoren abhängig. Darüber braucht man sicher nicht zu diskutieren. Es gibt halt eine Übereinkunft, ab wann man in einer bestimmten Zeit und in einer bestimmten Kultur davon ausgeht, dass ein Mensch fähig ist, für sein Handeln gerade zu stehen und selbst verantwortlich zu sein. Aber wann ein einzelner dazu fähig ist, kann natürlich viel früher oder auch niemals sein.

Ich finde aber, dass jeder Mensch, egal wie alt er ist, schon in seinem Rahmen verantwortung für sich übernehmen dürfen sollte und das das gefördert werden sollte. Nichstdestotrotz bin ich froh, dass in unserer Gesellschaft Kindheit und Jugend ihren Platz haben. Ist ja nicht überall so.

anouschka
 

UltraLilli

Neues Mitglied
Hallo Anouschka,
darf ich fragen, wie alt Du heute bist?
Ich bin während des Abis mit 17 zu meinem ersten Freund (damals 18) gezogen und muss ganz ehrlich zugeben, dass ich eigentlich zu jung war und sicher das ein oder andere Problem hätte vermeiden können, wäre ich länger zu Hause geblieben. Ich habe mich reif dafür gehalten und war es nicht. Bestimmt gibt es viele Jugendliche, die unterschätzt werden - es gibt aber sicher noch mehr, die sich selbst überschätzen. Jetzt kann man damit kommen, dass man auch durch Fehler lernt etc. blabla - es gibt aber ganz einfach Erfahrungen, auf die man auch verzichten kann. Dinge, die einem nicht unbedingt wiederfahren müssen, um erwachsen zu werden. Und wer definiert wie ab wann ein Mensch erwachsen ist? Das kann weder das Kind noch die Eltern, weil das Wort "erwachsen" allein schon ein sehr dehnbarer Begriff ist. Erwachsen = vernünftig/verantwortungsvoll? Das sind recht subjektive Werte, die der gängigen Moralvorstellungen entsprechen. Jeder der dieser Moral nicht entspricht, egal wie alt, paßt nicht als "Erwachsener" in diese Gesellschaft. Also geht es im Grunde nur darum, ab wann man per Gesetz die Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen darf (alles andere kann man eh nicht generalisieren). Und das darf man halt erst mit 18.

@ Redneb: weißt Du, wer belangt wird, wenn der 15-Jährigen etwas passiert? Also wer haftet für sie - wir oder ihre Eltern?

Haltet Ihr es für übertrieben wegen Ohrfeigen von "Schlagen" zu sprechen und zum Jugendamt zu gehen?
 

anouschka

Aktives Mitglied
ich bin 18 :rofl und schon ganz erwachsen! :ablachen. nein, 27 werde ich. Aber ich war immer schon sehr vernünftig für mein Alter. musste ich halt lernen als, ich klein war, weil meine Mutter damals alleinerziehend war.

Es gibt ja ansätze, bei denen man Trotzphase und Pubertät als Autonomiephasen bezeichnet, nicht zu Unrecht, wie ich meine! Die Kinder/Jugendlichen streben nach Autonomie und die Eltern wissen damit nicht umzugehen, deshalb werden die Eltern trotzig (daher Trotzphase) ;-)

Das ausmaß der Verantwortung, die man gesetzlich für sein Handeln trägt, steigert sich ja schrittweise mit dem Alter, mit 14 ist man strafmündig (für eine Straftat verantwortlich). Kaufverträge etc. kann man ja schon lange vorher abschließen.

Jugendliche ab 16 dürfen meines Wissens nach bis 24 Uhr in Lokalen sein, wenn keine Erziehungsbeauftragten dabei sind. Erziehungsberechtigt seid Ihr ja nicht, aber erziehungsbeauftragt wohl schon. Die Erziehungsbeauftragten müssen der Aufsichtspflicht nachkommen.

Ohrfeigen sind körperliche Gewalt, aber es ist ja sehr von den Umständen (und der Häufigkeit) abhängig ob sie zu seelischen Verletzungen führen oder nicht. Ich würde eher versuchen, die psychischen Belastungen durch die familiäre Situation darstellen als mich auf eine Ohrfeige zu verlassen.

anouschka
 

Carola

Moderatorin Schule
Teammitglied
Ich bin 28, nur damit keine Verwechslungen entstehen! ;D

Ich finde innerhalb der Familie muss nicht sofort das JA eingeschaltet werden, solange die Eltern genau wissen, wo sich das Kind aufhält und diesem Aufenthalt auch zustimmen.

Auf der anderen Seite würde ich dem "Kind" aber auch nicht blind vertrauen. Anschuldigungen, die jetzt ausgesprochen werden, können nämlich später auch schnell leid tun. Hier gilt es zu relativieren. Es kann sein, dass es mal eine Ohrfeige gegeben hat, aber ob diese in dieser Häufigkeit auftraten wage ich erstmal zu bezweifeln.

Wenn ihr euch im Stande fühlt, dem "Kind" eine gute und liebevolle Zeit in eurem Heim zu gewähren, finde ich das eine schöne Sache.
Richtlinien hierzu findet ihr im JuSchG:
http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSF...lagen/broschuere-jugenschutz,property=pdf.pdf

Macht es nach euren Regeln. Behandelt sie so erwachsen, wie sie sich benimmt. Hält sie sich an Regeln, kann man Spielraum lassen. Hält sie sich nicht daran, wird eingeschrängt. Nur Menschen, auf die man sich verlassen kann, kann man auch trauen. Viel Liebe und Verständnis, aber auch klare Regeln sind der beste Weg.
Zeigt ihr immer den Weg nach Hause, so dass sie sich mit ihren Elterm versöhnen kann.
Auch ihr solltet immer das Gespräch mit den Eltern suchen.
 
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