Wut
Hallo Lorino,
unten ein kleiner Textauszug aus einem Skript zu dem Thema. Der kann vielleicht ein Einstieg in das Thema sein.
Die lehrerin hat über die Fachfortbildung, Bücher und Internet reichlich Möglichkeiten, sich zu dem Thema Wissen zu beschafffen. Und das ist auch ihre Aufgabe. Das die schwer ist, weiß ich, das ändert aber nichts. Die lehrerInnen bei mir in der Fortbildung empfinden diese immer als sehr hilfreich, weil wir da auch genz konkret solche Sachen üben. Also praktisch im Rollenspiel und mit Video, nicht nur als Text gelesen oder besprochen. So etwas würde ihr bestimmt auch helfen.
Gruß von Ute
Verhaltensmodifikation in der Schule
ADS-Symptomatik entsteht aus einer Kombination von genetischer Disposition und entsprechender Sozialisation in Elternhaus, Schule und durch Gleichaltrige. D.h.: Erfahrungen, Lernen und Wahrnehmen von (Interaktions-)Mustern im Kontext Schule tragen maßgeblich zur (Nicht-)Ausprägung der ADS-Symptomatik bei, weshalb der Lebensraum Schule den Auftrag hat, gute Vorbilder zu bieten hinsichtlich Strukturen, Routinen, Anregungen, was an Verhalten und Einstellungen erworben werden soll.
Konkret sollte sich die Schule Folgendes zur Aufgabe machen:
Verbesserung der Aufmerksamkeitslenkung und Selbststrukturierung durch intensive pädagogische Unterstützung:
• klare Regelsysteme
• eindeutige Anweisungen
• Klassendynamik berücksichtigen (Ruhe einfordern, Ablenkbedingungen reduzieren)
• Störungen produktiv umlenken (z.B. wer zuvor mit dem Fußball die Lampen kaputt geschossen hat, wird zum "Lichtwart" der Schule ernannt, der im Schulhaus sämtliche Glühbirnen kontrolliert und bei Bedarf den Hausmeister informiert)
• Ordnung am Arbeitsplatz (Überflüssiges vom Tisch)
• Sanktionskatalog für Fehlverhalten (wenn möglich mit inhaltlichem Bezug) ankündigen und konsequent einfordern
• Impulssteuerung durch Symbole, Handzeichen, Gestik und Mimik (wenn möglich nonverbal)
• Aufmerksamkeitslenkung durch räumliche Nähe zum Schüler (z.B. die Hand auf die Schulter legen, den Kopf in die richtige Richtung drehen, ...) und häufigen Blickkontakt
• feste (keine rollierende) Sitzordnung mit Blick zur Tafel, wenn möglich in Reichweite der Lehrkraft
• Bewegungsmöglichkeiten integrieren durch kleinere Aufträge (Tafeldienst, Karten holen, Geräte aufstellen, Blumen gießen, Telefondienst an kleinen Dorfschulen, etc.)
• Freiarbeit und Wochenplanarbeit mit strukturierender Begleitung (v.a. mit Teilergebnissicherung)
• Selbststrukturierung fordern (evt. mit Signalkarten: Stop - schau / hör / lies genau - plane sorgfältig - konzentriere dich - überprüfe Dein Ergebnis in Ruhe - gut gemacht!)
• u.ä.
Lernerfolge fördern durch adaptive kognitive Herausforderungen:
• kleinschrittig strukturieren und vorgehen, immer mit Ergebnissicherung in Form von Merksätzen und Regeln (lernen lassen und abfragen)
• häufige kleine schriftliche oder mündliche Lernkontrollen
• abwechslungsreicher Unterricht hinsichtlich Gestaltung und Material, Aufgaben mit hohem Aufforderungscharakter
• vertiefendes Wiederholen bei schwierigen Themen
• Hausaufgabenkontrolle - immer! Ab und zu Hefte einsammeln und mit ermutigendem schriftlichem Kurzkommentar versehen
• auch dem ADS-Schüler mit positiver Erfolgserwartung begegnen
• u.ä.
Stärkung und Stabilisierung von Selbstvertrauen und Anstrengungsbereitschaft durch emotionalen Rückhalt:
• positive Rückmeldung, Lob (nicht nur für richtige Endergebnisse, sondern auch für die Anstrengungsbereitschaft und individuelle Fortschritte)
• die persönliche Lerndisposition (an)erkennen und achten (Symptomatik nicht zum Vorwurf machen), ADS scheint eher "rechtshemisphärisch" zu lernen (vgl. Freed & Parsons 2001)
• Schwächen, Rückstände und Sorglosigkeiten benennen und Hilfen aufzeigen, dadurch Zuversicht und Selbstvertrauen vermitteln
• angstfreie Lernatmosphäre schaffen
• Zeitdruck und Hektik vermeiden, Geduld zeigen
• Einfühlungsvermögen zeigen (versuchen, die Welt aus den Augen des ADS-Kindes zu sehen), Gesprächsbereitschaft anbieten ("Was könnte die Aufgabe für Deine Hand / Deinen Kopf erleichtern?")
• eine positive Grundeinstellung zum Kind pflegen und störendes Verhalten nicht persönlich nehmen (kein ADS-Kind steht morgens auf, um seine Lehrer zu ärgern)
• Kritik nur im Gespräch unter 4 Augen, kein Bloßstellen vor der Klasse!
Häufig sind dazu spezielle Methoden notwendig, da pädagogische Interventionen allein keine hinreichende Wirkung erzielen. Besonders in Gruppensituationen lassen sich durch Tokensysteme und Verstärker-Entzugssysteme (Response-Cost-Systeme) spezifische Probleme leichter fokussieren. Gleichzeitig werden die Bezugspersonen zu einem konsistenten Erziehungsverhalten mit regelmäßigem Verstärken erwünschter Verhaltenselemente angeleitet.
In mehreren Studien konnte beispielsweise gezeigt werden, dass sich die Verhaltensauffälligkeiten der ADS-Kinder und -Jugendlichen durch die Verstärkung reduzierter Aktivität oder erhöhter Ausdauer vermindern ließen.
Welche Verstärker können in der Schule eingesetzt werden?
• Soziale Verstärker (Lob, Zuwendung, ...)
o sie geben Sicherheit und wirken der Angst entgegen
o sie sind einfach und jederzeit einsetzbar
Beachte: Sie sind jedoch abhängig von der Beziehungsqualität zwischen ADS-Kind und Lehrkraft
• Materielle Verstärker (kleine Geschenke, Spielsachen, ...)
Beachte: Sie sind nicht immer verfügbar
• Beliebte Tätigkeiten (Blumen gießen, Kreide holen, Ämtchen für die Klasse, ...)
• "Token"-Verstärker (= Münzen) bzw. generalisierte Verstärker (z.B. Punkte, die in eine Belohnung eingetauscht werden können)
o sie sind in jeder Situation anwendbar
o sie zeigen bereits große Vorteile durch die Selbstbeobachtung und Selbstprotokollierung durch den Schüler (meist kommt es allein dadurch zu einer Verhaltensänderung im Sinne einer situationsangepassten Selbstdarstellung). Je nach Ergebnis des Protokolls werden Tokens vergeben
o sie sind außerordentlich wirksam