Methylphenidat Erfahrungen

freddilysie

Urlaubsreif
Ihr kennt ja unser Problem schon aus dem Thema: "Therapie brauche mal Rat". Da ich weiß das hier einige Kinder ähnliche Medikamente wie Methylphenidat Hexal (auch Wirkstoff von Ritalin usw.) bekommen möchte ich mal nach Euren Erfahrungen fragen.

Meine Tochter bekommt nun seit 2 Jahren Antidepressiva (Fluoxetin 20 mg) weil sie Trichotillomanie hat. Nun haben wir sehr ausführliche Gespräche mit der Therapeutin und auch der Psychologin gehabt weil wir im Moment echt unzufrieden sind. Die Therapeutin war ein wenig kooperativ.

Gestern waren wir nun wieder bei der Psychologin wegen Blutkontrolle und allgemeines Gespräch. Sie war angetan von der Entwicklung unserer Tochter weil sie schon offener und allgemein glücklicher wirkt wie zum Anfang. Was ja auch richtig ist - in der Hinsicht hat die Therapie oder Medis oder alles zusammen gegriffen. Sie hat auch gesehen das das Reissen aber extrem schlimmer geworden ist. Sie hat ausführlich mit unserer Tochter gesprochen um raus zu bekommen wann die Reiß-Hoch-Zeiten sind. Fast nur noch in der Schule (obwohl sie sich in der neuen Schule sehr wohl fühlt aber wohl noch viel Altlasten übrig sind von der Grundschule). Da ist nun der Punkt.

Sie möchte so langsam von den Antidepressiva weg kommen weil sie nicht den Eindruck hat das sie die noch braucht. Da aber das Symthom des Reißens nicht besser geworden ist und wohl ausschließlich in der Schule statt findet würde sie gerne Methylphenidat Hexal ausprobieren - ganz niedrig dosiert eben nur für die Schule, da sie gute Erfahrungen bei Kindern mit Trich in der Klinik damit gemacht hat. Am Wochenende oder in den Ferien reißt sie so gut wie nie daher die Überlegung mit diesem Medikament weil man das auch am WE und in den Ferien weglassen könnte.

Nun habe ich mich damals schon viel mit Ritalin und co auseinander gesetzt und weiß um deren Nebenwirkungen. Eben was zum Problem werden könnte - Appetitlosigkeit.

Habe mir erstmal Bedenkzeit erbeten. Ein günstiger Zeitpunkt für das Ausschleichen würde sie die Kur sehen.

Wie sind Eure Erfahrungen mit den Medis. Ich bin sehr unentschlossen da ich eigentlich mal ganz weg wollte davon.
 

feivelmaus

Aktives Mitglied
Hallo

das ist schwierig, denn Du kannst die Erfahrungen mit ADHS nicht auf die Trich anwenden. Das sind 2 völlig verschiedene Dinge. Da Trich jetzt nicht so häufig vorkommt wie ADHS, wirst Du wahrscheinlich auch niemanden finden, der mit Methylphenidat Erfahrungen hinsichtlich Trich hat.

Methylphenidat verbessert bei ADHS die Konzentrationsfähigkeit, die Ablenkfähigkeit, die Hyperaktivität. So wie ich es Deinen Beschreibungen entnehmen konnte, hat Deine Tochter damit ja keine wirklichen Probleme.

Versuchen kann man jedoch alles und bei Methylphenidat zeigt sich schnell eine Wirkung. Vielleicht hat die Therapeutin Recht und es hilft. Verglichen mit Fluoxetin ist es auch kein Schnupftabak, sondern ein heftiges Medikament, dass auch heftige Nebenwirkungen haben kann.

Daher mache ich jetzt mal einen Vorschlag, für den mich sicher hier einige angreifen werden. Da meine kleine Tochter Risperidon bekommt, um ihre Impulse bezüglich Ausrasten zu kontrollieren, habe ich mich über dieses Medikament umfangreich informiert. Dabei bin ich auf einige Berichte gestoßen, wo es bei Trich wohl sehr gute Ergebnisse geliefert hat, jedoch bei Erwachsenen. Da das Reißen auch ein Impuls ist, könnte ich mir vorstellen, dass eine geringe Dosierung mit Risperidion auch eine denkbare Lösung wäre, zumal hier als Nebenwirkung der Appetit gesteigert wird. Meine Tochter isst seitdem extrem viel und wir müssen sie bremsen.

Daher könnte es aus meiner Sicht nicht schaden, dass ebenfalls einmal bei der Therapeutin anzusprechen und sie zu fragen, was sie davon hält und welche Erfahrungen sie hat, besonders bezüglich der einen Nebenwirkung, die unter Umständen bei Deiner Tochter erwünscht sein könnte.

LG
Micha
 

Sanni

Namhaftes Mitglied
Hallo freddilysie

lukas bekommt seit drei jahren methylphenidat, allerdings zur "konzentration" im unterricht, da er adhs-kind ist. morgens eine ganze und in der schule auch noch eine...am anfang hatte ich leichte probleme mit dem appetit, jedenfalls tagsüber, zum abend bekam er dann meistens nochmal "hunger", so dass ich anfing, zur mittagszeit ihm einen "leckerlie-teller" zu geben, stulle obst gemüse...jenachdem..und dann lieber zum abendbrot das eigendliche essen aufzutischen...mittlerweile hat sich das aber eingepegelt und er ist (bis auf ganz wenige ausnahmen) normal....

ich muss aber dazu sagen, dass er noch nie so ein besonders guter esser war...er isst, aber ebend nur "kinderportiönchen" :zwinker:

ich wünsch dir wirklich viel viel glück und kraft
 

freddilysie

Urlaubsreif
@feivelmaus: ich möchte auch nicht unbedingt Erfahrungen mit Methylphenidat und Trich hören sondern allgemein die Erfahrungen mit diesen Medikamenten. Ich habe mich auch schon damit auseinander gesetzt aber was lesen und "persönliche" Erfahrungen hier aus dem Forum finde ich schon anders. Daher muß nicht der Zusammenhang mit Trich da sein.

Feivelmaus: Warum soll Dich hier einer angreifen? Ich garantiert nicht weil ich genau solche Erfahrungen erfragt habe, daher bin ich glücklich und dankbar das Du Dich hier äußerst. Außerdem wenn Menschen so platt über Dich urteilen über die kannst Du getrost hinwegschauen.

@Sanni: mal ne Frage: Merkt man bei Lukas wenn er die Medis nicht nimmt, also am Nachmittag und am WE? Mit dem Essen macht mir schon Sorgen aber wenn sie es wirklich nur vormittags für ein paar Stunden bekommt kann sie sich ja Nachmittags den Bauch voll hauen.


Ich habe erstmal um Bedenkzeit gebeten und bin gestern auch sofort ins Internet und habe zwei Artikel gefunden wo es unter anderem auch um einen Jungen mit Trich ging der eben diesen Wirkstoff bekam und aufgehört hat zu reißen die Stellen wuchsen wieder nach. Wo das Medikament abgesetzt wurde in den Ferien riss er wieder. Aber meine reißt nicht in den Ferien und zu Hause sondern fast ausschließlich in der Schule. Daher komme ich schon ins überlegen es einfach mal zu probieren.

Anderseits bereitet es mir immer noch Bauchweh wenn ich mir sowas überlegen muss. Aber die Psychologin meinte gestern: Sie dürfen das nicht so schlimm sehen wir geben nichts was sie nicht wollen und auch nicht verantworten können. Außerdem wenn ihr Kind Diabetis hätte müsste sie auch Medis nehmen." Recht hat sie irgentwie, oder?
 

Sanni

Namhaftes Mitglied
zum abend merkt ich schon einen unterschied, da ist er weniger konzentrationsfähig...sprich...wenn wir mal "später" hausaufgaben machen müssen, klappt fast garnichts...

aussetzen tun wir nur in den sommerferien...und da merk ich es (und die erzieherinnen im hort damals auch) extrem...unkonzentriert...unaufmerksam...hibbelig...

er hat selber nach den sommerferien drum gebeeten wieder weiter zu machen, da er merkt, wie er dem unterricht nicht mehr folgen konnte.

da ja jeder anders auf medis reagiert, ist es natürlich schwer wegen dem apetit was zu sagen...lukas war am anfang echt schwierig und nachdem sich das eingepegelt hatte, ist es aber besser geworden....er war immer ne kleene hungerharke und hat aber mittlerweile nen kleines bäuchlein bekommen, so das auch endlich mal die hosen passen :schuettel
 

feivelmaus

Aktives Mitglied
Hallo

also, je nach Medikament - und wir haben schon einige durch von Strattera bis Medikinet - setzt nach einer gewissen Zeit der Rebound ein. Danach wird mein Sohn extrem unkonzentiert und unruhig.
Wir haben auch schon in den Ferien Pausen gemacht und beobachtet, dass er dann ziemlich "durchdreht", d.h. er kann sich dann gar nicht mehr bremsen. Dennoch lassen wir es in den Ferien weg. Ich finde, der Körper braucht auch ab und zu eine Pause von den Medis.
Bei meiner kleinen Tochter hat es überhaupt nichts gebracht, deswegen hatte die Tagesklinik auf Risperidon umgestellt. Bei ihr waren aber andere Probleme vorherrschend.

LG
Micha
 

hitnak

Namhaftes Mitglied
Hallo,

im Prinzip könnte man natürlich sagen: Probiert es aus. Es ist tatsächlich so, dass Methylphenidat bei einigen Patienten mit Tic- oder Zwangsstörungen eine Besserung der Symptomatik bewirkt. Aber nur bei Einigen, und das auch nur wenn, sie gleichzeitig auch AD(H)S haben. Bei sehr viel mehr Patienten mit solchen Störungen macht MPH gar nichts und bei einer ziemlich großen Zahl bewirkt MPH eine teils extreme Verschlechterung der Symptomatik.

Was bei welchem Patienten geschehen wird, kann man vorab jeweils nur raten - es ist ein Glücksspiel mit vergleichsweise geringen Gewinchancen.

MPH ist kein Mittel zur Behandlung von Tic- oder Zwangsstörungen. Die behandelt man mit anderen Medikamenten, möglicherweise parallel zu einer ADHS-Behandlung, wenn auch AD(H)S vorliegt: Es gibt eine ganze Liste von Wirkstoffgruppen, die man einsetzen kann, und die bei solchen Störungen gute Ergebnisse erzielen - allerdings immer in Verbindung mit einer anständigen Psychotherapie.

Ich habe was das betrifft übrigens mal die größte deutsche Krankenkasse angerufen. Deren medizinischer Dienst sagt, ein Therapeutenwechsel sei ohne große Probleme möglich, wenn der jetztige Therapeut das für die betreffende Störung empfohlene Therapieverfahren nicht anbietet - und das ist bei Trich nun mal die Verhaltenstherapie. In diesem Fall sollte man zunächst mal den Therapeuten bitten, das Verfahren zu wechseln, und dann, wenn er Nein sagt, auf die Suche nach einem anderen Therapeuten gehen, der dieses Verfahren anbietet. Hat man einen Ersatz gefunden, wendet man sich an die Krankenkasse, die ihren medizinischen Dienst einschaltet, der wiederum nachschaut, ob ein solcher Verfahrenswechsel Sinn macht.

Nach Eurem langen Leidensweg ist es sehr unwahrscheinlich, dass sich Eure Krankenkasse quer stellen würde.

Ich habe am Wochenende mit meinem Doktorvater (er ist unter anderem Psychiater) zu Abend gegessen und dabei mit ihm über Eure Sache gesprochen. Er sagt das, was auch Micha bereits gesagt hat, nämlich das Trich nicht vollständig heilbar ist - aber das bedeutet vor allem, dass es immer in Eurer Tochter drin stecken wird: Ob es sich zeigt, ist eine andere Sache.

Wenn die Störung richtig behandelt wird, dann ist die Chance sehr groß, dass sie ein glückliches Leben führen wird, ohne dass diese Störung sie beeinträchtigt. Und genau das ist der springende Punkt: Den derzeitigen Ist-Stand zu akzeptieren, würde bedeuten, zu resignieren - in einer Situation, in der Ihr noch eine Menge an Optionen habt, die bei anderen Patienten geholfen haben: Verhaltenstherapie. Anständige Medikamente. Dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es bergauf geht.

Viele Grüße,

Ariel
 

freddilysie

Urlaubsreif
Danke Ariel,

für Deine ausführliche Antwort und auch das du bei dem Doktor nachgefragt hast.

Wie ich ja schon beschrieben hatte in dem Thread waren wir wirklich sehr unzufrieden mit der Therapeutin und hatten ja dann ein Gespräch mit ihr. Sie hat wohl bei dem Gespräch davor an einer Reaktion von meinem Mann gemerkt das etwas sehr schief gelaufen ist und sprach uns gleich darauf an.

Wir haben ihr Klipp und Klar gesagt was wir wollen, was wir erwarten, was uns verletzt hat und was wir nicht mehr hören wollen. Wir haben ihr gesagt das wir nur weiter machen wollen wenn sie endlich auf die Bedürfnisse unserer Tochter eingeht. Das alles bohren in der Vergangenheit nichts bringt im Moment sondern das ihr Verhaltensweisen beigebracht werden müssen. Sie hat sich tausendmal entschuldigt und gesagt das dies nicht so ankommen sollte wie es bei uns ankam.

Wir haben heute abend nochmal einen Termin indem sie uns mitteilen wird wie der zukünftige Therapieverlauf aussehen wird. Wir haben genaue Anweisungen erhalten von einem Speziallisten für Trich und werden sehen ob sie sich daran hält. Ansonsten werden wir uns jemand anderes suchen.

Dies alles weiß unserer Tochter aber nicht, da wir eine ev. Weiterführung der Therapie nicht gefärden soll.

Das sie die Trich nie loswerden wird haben wir nun auch begriffen aber wir möchten ihr wenigstens ein wenig Leiden nehmen und ihr mal eine Erleichterung und Pause verschaffen. Es wird immer wieder Tage geben wo es wieder kommt.
 

feivelmaus

Aktives Mitglied
Hallo

eine Sache möchte noch loswerden, was meiner Tochter zu einer sehr langen Pause verhalf:

Sie hatte ein Ziel, worauf sie hinarbeitete, nämlich im Sommer ins Freibad zu gehen. Dadurch schaffte sie fast 6 Monate nicht zu reißen.

LG
Micha
 

freddilysie

Urlaubsreif
Original von feivelmaus
Hallo

eine Sache möchte noch loswerden, was meiner Tochter zu einer sehr langen Pause verhalf:

Sie hatte ein Ziel, worauf sie hinarbeitete, nämlich im Sommer ins Freibad zu gehen. Dadurch schaffte sie fast 6 Monate nicht zu reißen.

LG
Micha

Meine hätte auch eine Sache wofür sie sich glaube ich sehr anstrengen würde. (können wir ihr aus verschiedenen Gründen aber nicht erfüllen). EIN HUND.
 

freddilysie

Urlaubsreif
Danke für Eure Antworten.

Tja und gestern gab es dann erstmal wieder einen Dämpfer. Wir hatten Gespräch bei der Therapeutin. Haben ihr von dem Vorschlag der Psychologin erzählt und die war gleich wieder auf Angriff.

Das möchte sie erstmal mit ihr besprechen und das ginge in ihren Augen ja gar nicht. Boah so langsam nervt die mich.

Jetzt habe ich mich tausendfach erkundigt alles abgewägt und wir als Eltern sind zu dem Schluß gekommen das wir eigentlich ja nichts zu verlieren haben. Es kann ja nicht schlimmer werden aber vielleicht ein wenig helfen. Und man kann es sofort sehen und auch wieder absetzten wenn es nichts bringt.

Tja nun stehen wir ziemlich hilflos in der Ecke rum.
 

feivelmaus

Aktives Mitglied
Hallo

das mit dem Hund würde ich auch nicht machen. Auf der einen Seite, wärt Ihr enttäuscht, wenn es nicht klappt und auf der anderen Seite sollte ein Lebewesen nicht als Krücke herhalten, mit dem Reißen aufzuhören.

Ich dachte mehr an ein weniger materielles Ziel. Meine Tochter war und ist unheimlich nachlässig und vergesslich, was es ihr auch sehr schwer macht, die verhaltenstherapeutischen Maßnahmen umzusetzen. Sie läßt es dann immer wieder schleifen. Da sie aber gerne schwimmt, hat sie sich dieses Ziel gesetzt und da ich dazu noch sagte, sie würde das vermutlich nicht schaffen, hat sie das wohl so motiviert, es mir und sich zu zeigen, dass sie es doch kann.

LG
Micha
 
Oben