brauche Rat -  Wie mache ich es richtig?

schnupe

Aktives Mitglied
Ich weiß derzeit einfach nicht mehr weiter.

Kurz zur Situation.

Die Mutter des Freundes (C. 16 Jahre) meiner Tochter (k. 15) ist schwer erkrankt. Krebs im Endstadium.

Das sie im Endstadium ist, habe ich ihm gerade erst vor Augen geführt, weil er es nie so hat wirklich wissen wollen.
Am 9.12 kam seine Mama ins Hospiz, und ist dort sehr gut aufgehoben.

Das Verhältnis zu seinem Vater ist sehr schwierig, eigentlich gibt es kein Verhältnis zwischen den beiden.

C. fühlt sich hier bei uns zu Hause.

Einen Tag nach dem Hospizeinzug der Mutter kam die für uns alle unfassbare Nachricht. Der Bruder(27) von C. hat sich erhängt. Zu Hause, am Balkon. C. hat ihn abends gefunden, als er von hier aus heim kam.

Es war ein Schock für alle, am größten jedoch für C.

Ich habe ihn begleitet zum Abschiednehmen, ich war bei der Beerdigung dabei, und seit 2 Wochen muß ich 2 Pubis immer mal wieder auffangen, weil die nicht klar kommen mit der ganzen Situation.

C. bekommt psychologische Unterstützung durch Hospizmitarbeiter, aber die wird wenig Erfolg haben, da er nicht wirklich mitarbeitet.

Heiligabend habe ich ihn dazu überreden müssen, das er mal heim fährt, weil auch seine Ma kurz zu Besuch da war.

Heute haben die beiden Pubis die Mutter besucht(mit dem Vater zusammen).

Sie fragten mich, wieso sie so voller Wasser sitzt, warum nichts dagegen getan wird etc.

Ich weiß einfach nicht mehr.....wie ich richtig handeln soll, bzw. kann ich es überhaupt noch? Die Stimmungen sind von ein auf die andere Minute so unterschiedlich teilweise.

Eigentlich weiß ich nicht, was ich fragen will.....aber viell kann mir ja doch der ein oder andere den einen oder anderen Rat geben.
 

cordu

Namhaftes Mitglied
Richtig oder falsch kann ich auch nicht sagen.

Ich meine alles was ehrlich ist hilft. Auch wenn du zugibst mit der Situation etwas überfordert zu sein.

Vielleicht gibts bei euch so was wie eine Selbsthilfegruppe für verwaiste Kinder. Da würde ich erst mal nachfragen ob die auch Hilfe anbieten wenn, in diesem Fall die Mama, noch nicht gestorben ist.

Übrigens habe ich immer gemeint das mein Sohn bei "seiner" Therapeutin nicht mitarbeitet und ihm die Sitzungen nichts bringen. Erst jetzt nach Jahren weiß ich das es sehr wohl was gebracht hat.
Gerade Jugendliche machen nach außen hin oft dicht.

LG :bye: Cordu
 

Hextina

KrisenmanagerIn ;-)
Teammitglied
Hi du,

ich hab eben beim lesen tief Lust holen müssen, ob dieser Geschichte. Allein schon was du bereits alles getragen und auffgefangen hast scheint mir gerade fast unfassbar.

Original von schnupe
den einen oder anderen Rat geben.

Nein, kann ich leider nicht. Ausser das du auch gut auf dich aufpasst bitte. Weil die Kinder werden dich noch länger brauchen. Hast du evtl. Kontakt zu JA oder anderen Beratungsstellen, so das man auch Hilfe zu dir transpotieren kann. Sowohl mentaler als auch ganz praktischer Art.

Ich wünsch dir alle Kraft der Welt,

Tina
 

schnupe

Aktives Mitglied
Hallo Cordu,

ja auch C. macht dicht.....ist doch eh alles quatsch dieses Psychogeschwafel etc ;)

Wenn ich nun von Dir lese, das Du Jahre später gemerkt hast, das es doch was gebracht hat....okay, ich habe wieder Hoffnung, danke!

@Hextina

hilfe? Wo sollte ich mir die holen? Ich bin ja nicht wirklich selbst betroffen...ich stehe nur mittendrin, aber ehrlich? Das nimmt ganz schön mit.

Als am 10.12. un 20.15 der anruf kam, rief ich meiner Tochter sofort ein Taxi(ich konnte nicht weg, die kleine schlief ja bereits) das sie zu C. fahren konnte. Durch die Nachbarn erfuhr ich Tage später, was für ein Aufgebot dort war(als meine Tochter eintraf) 3 RTW, Polizei, Notarztwagen, später Bestatter....gegen halb zwölf nachts kamen beide mit Taxi hierher, C wollte hier schlafen....wir haben geweint, geredet, aber schockzustand halt. Als ich beide Morgens weckte, weil ich zur arbeit mußte, und beide bei seinem Vater ablieferte, eben mit rein und so weiter, ich bin dann zur Arbeit gefahren, dort angekommen, und habe erstmal nur geweint.
Ich stieß dort auf totale Verständnis....Aber wo sollte ich mir Hilfe suchen? Wenn man nicht auf dringlichkeit macht, dauern Termine Monate....und ich selber bräuchte jetzt Rat und Hilfe, damit ich die Pubis gut über die Runden bringen. Mir tut, was ich grad merke, das "reden" hier schon sehr gut.
 

hitnak

Namhaftes Mitglied
Hallo,

ich finde es wunderschön, dass Du für den Jungen da bist. So wie es klingt, hat er ja, wenn überhaupt, nicht so viele Menschen, die ihn fest halten. Ich weiß, wie gerne man jetzt, sofort alles gut machen möchte, wie hoffnungslos und verzweifelt man dabei wird, und manchmal auch enttäuscht, weil der andere nicht alles, was man versucht, annimmt. Für ihn entwickeln sich die Ereignisse, sind noch nicht abgeschlossen, die Wunden, die man heilen müssen wird, sind noch nicht einmal vollständig aufgerissen. In so einer Situation kann und darf man von einer psychologischen Betreuung nicht zu viel erwarten, zumal sich in solchen Situation auf den Psychologen auch eine gute Portion Abscheu und Ablehnung entladen kann: "Was will der mir erzählen, der weiß doch gar nicht was ich durchmache".

Es ist gut, dass Du für ihn da bist. Mehr als das kann ohnehin niemand leisten. Du selbst solltest aber in dieser Situation mehr als sonst Dir in Erinnerung zurück rufen, was Du gerne tust, was Dir Energie bringt, und das auch mal tun. Da zu sein bedeutet nicht, so lange ständig da zu sein, bis die Batterien leer sind. Man darf auch zwischendrin gerne mal die Tür hinter sich zu machen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben.

Viele Grüße und ganz viel Kraft,

Ariel
 

schnupe

Aktives Mitglied
Danke Ariel

Deine Worte waren die, die mich grad wirklich erreicht haben. Ich vermute, Du hast ähnliches, vermutlich schlimmeres hinter Dir.

Ich werde meine Kraft versuchen zu halten....Auszeiten nehmen, sofern wie möglich als alleinerziehende...aber den Haushalt können wir dann auch zum Frühjahrsputz wieder in Angriff nehmen.

Ich lächle grad, waren nette Worte, danke
 

hitnak

Namhaftes Mitglied
Hallo,

es freut mich, dass Du lächelst. So kannst Du Ruhe und Halt und Zuversicht in einer unruhigen Zeit scheinbar ohne Hoffnung geben.

Viele Grüße,

Ariel
 

emma0668

Aktives Mitglied
oh man, schlimm sowas zu lesen :(
mein vater liegt auch mit krebs im endstatdkium da, und es gibt nichts was man tun kann, ich weis wie schrecklich der gedanke ist einen geliebten menschen zu verlieren... wie schlimm muss es dann erst für einen jungen menschen sein der doch gerade selbst die "größsten" probleme der welt hat? (pubertät etc.) und dann noch das mit seinem bruder :(

was du da leistest und wie du dem jungen hilfst und natürlich auch deiner tochter, hut ab!
vll solltest du mal bei der diakonie um hilfe bitten, einfach auch sagen das du bald an deine grenzen kommst, den jungen auch nicht im stich lassen möchtest aber auch nicht mehr wirklich weiter weist, was du tun sollst da er ja psychologisch hilfe z.b. verweigert
oder auch einfach die telefonseelsorge anrufen (klingt doof ich weis :( ) aber die wissen sicher auch ein paar nummern oder anlaufstellen an die du dich wenden kannst.
bei uns gibt es hier eine trauergruppe, da kann man sich hinwenden und auch hilfe holen wenn man trauert und grade kinder und jugendliche werden da unterstützt vll gibt es da eine hilfe für euch?

ich wünsche euch weiterhin viel kraft und stärke, vor allem dem jungen er hat es bitter nötig :(
 

Liliki

Mensch
Hallo Schnupe,

C und Deine Tochter werden wissen, was Sie an Deiner Unterstützung haben ... irgendwann! Von hier eine dicke Kraftmütze für Dich; denn die Geschichte in der Du gerade steckst, ist ja an Schwere kaum zu fassen ...

Rund um ein Hospiz gibt es eigentlich eine Menge Menschen, die helfen können und wollen. Das fängt bei den behandelnden Ärzten und dem Pflegepersonal an und endet bei ehrenamtlichen (lang ausgebildeten) Helfern und Seelsorgern, die oft auch Unterstützung durch Psychologen haben, die mit Traumatherapie erfahren sind.

Die werden auch versuchen, den Suizid des Bruders mit aufzufangen. Glaubt die Familie, dass er mit dem bevorstehenden Tod der Mutter nicht zurecht kam oder hatte er andere Gründe?

Ich würde umgehend Kontakt zum Team aufnehmen und mir eine Ansprechperson (auch für Dich!) suchen.

Nach dem Konzept der Palliativmedizin gehört jeder mit ins "Team" rund um einen sterbenden Menschen, der dort ist ... egal, welche verwandschaftliche Stellung er hat! Das kann ein Nachbar sein, eine Jugendfreundin ... oder eben auch die Mutter der Freundin des Sohnes.

Ihr habt also alle zusammen kompetente Ansprechpartner in der Nähe, die Ihr gerne "nutzen" solltet!

Ansonsten gilt vermutlich: einfach von Tag zu Tag aufnehmen, was ansteht und sehen, dass Du präsent bist/bleibst. Eine gute Hühnersuppe kochen und gesprächsbereit bleiben ... und für Dich "Gutes tun", so gut es in so verrückten Zeiten geht.

Bevorstehendes Sterben verkehrt alle Prioritäten, die wir Menschen so haben und trotzdem geht parallel das Leben weiter - eigentlich unfassbar!

:sonne Lili
 

hitnak

Namhaftes Mitglied
Hallo,

ich möchte das, was ich gestern abend geschrieben habe, etwas verändern: Ich denke, Du hast einem Menschen das schönste Weihnachtsgeschenk gemacht, dass man nur überreichen kann, ein Geschenk, dass man für Geld nicht kaufen kann, dass es eigentlich reichlich geben müsste, aber das trotzdem ausgesprochen rar ist: Du bist für diesen Menschen da, einfach nur da, gibst ihm Halt. Dieser Mensch, C, wird, jetzt nicht, und vielleicht nie, direkt darüber nachdenken, was Du für ihn tust, und ich denke auch nicht, dass das so sein sollte: Wichtig ist doch, dass er fühlt, tief innen drin, dass er eine Zuflucht hat, in einer Zeit, in der seine Welt untergeht. Wenn man darüber nachdenkt, wirkt es ausgesprochen zynisch: Gerade in der Zeit des Leids braucht er Sicherheit - und Freude. Denn die hilft ihm dabei, Kraft zu schöpfen; sie hilft, zu verhindern, dass die Wunden, die im Moment am Aufreissen sind, unheilbar werden. So wie für Dich Auszeiten, und damit auch Deine eigene Freude, absolutes Recht und Pflicht Dir selbst gegenüber sind, braucht C auch Auszeiten, während derer er sich ausstrecken kann, durchatmen kann, zu sich selbst zurück finden kann. Dass ist die Schnittmenge zwischen Dir und ihm, das ist das Geschenk, dass Du ihm machst.

Ich halte es aber deshalb auch für ausgesprochen wichtig, ihn nicht zu überfordern, zu nichts zu drängen. Denn das Problem scheint mir größer als das Sterben der Mutter zu sein. Hier geht, wie gesagt, eine ganze Welt unter, im wahrsten Sinne des Wortes: Seine Familie zerbricht nicht nur, sie verschwindet rasend schnell. Seine Mutter stirbt; zu seinem Vater (gehe ich richtig in der Annahme, dass die beiden getrennt leben?) hat er kein Verhältnis, sein Bruder hat sich getötet. Nahe Verwandte, wenn es sie gibt, dürften momentan sehr mit sich selbst mit dem Sterben der Mutter, mit dem Tod des Bruders beschäftigt sein.

Was geht in solch einem jungen Menschen vor, der gerade mitten im Übergang vom Kind zum Mann ist, den wir Pubertät nennen? Der Körper baut sich um, und mit ihm die Psyche: Als Kind ist man eins mit den Eltern. In der Pubertät entsteht die eigene Identität. Meist nervt uns das als Eltern ganz mächtig. Aber es ist gerade diese Phase, in der Halt und Anleitung wichtig sind: Man ist auf dem Weg in eine Welt, auf deren Herausforderungen man noch nicht vorbereitet ist. Da ist der Tod, und noch viel mehr als das, der eklige, brutale, unschöne Tod von vertrauten Menschen etwas ist, auf das man nicht vorbereitet ist. Und da ist das eigene Leben, das Leben wie man es bisher kannte, das zu enden scheint und die Unsicherheit erzeugt, die in der verzweifelten Frage resultiert, was denn nun mit einem selbst passiert: Da ist ein Kind auf dem Weg zum Mann, das kein Zuhause mehr hat. Das sich mit der eigenen Not alleine glaubt, während die Gefühle verrückt spielen. Wozu dann noch hinzu kommt, dass erwartet wird, dass dieses Kind auf dem Weg zum Mann eine Rolle gegenüber der Mutter erfüllt. Sie stirbt, sie hat den legitimen Wunsch, dass ihr Sohn an ihrer Seite ist, in diesen letzten Tagen, und es kann Unverständnis erzeugen, wenn er sich dagegen sträubt. Es ist eine Kollision der Bedürfnisse, die die Betroffenen meist selbst nicht formulieren können, die zum Gefühlschaos noch mehr Emotionen hinzufügen. So entsteht das ausgesprochene Gefühl: "Dieses Psychogelabere bringt doch nichts".

Gut möglich, dass er damit Recht hat: Decken diese Gespräche die ganze Bandbreite seines Leides ab? Als Erwachsener neigt man dazu, das Problem auf das Offensichtliche, das Sterben der Mutter zu reduzieren. Und man neigt dazu, eine psychologische Betreuung als das Nonplusultra zu betrachten, nachdem man so etwas über Jahrzehnte hinweg verteufelt hat. Ich denke, die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen: Psychologische Betreuung, Therapie hilft, aber sie hat meist Grenzen - sie kann aufarbeiten, einordnen, aber der Aufbau von Lebensstrukturen muss im Alltag passieren. Ein Berater im Hospiz, ein onkologischer Psychologe hilft Angehörigen dabei, mit der Erkrankung, dem nahen Tod eines nahen Menschen umzugehen, aber sie sind in ihrer Tätigkeit auf dieses Feld beschränkt - sie bereiten nicht auf das alltägliche Leben nach dem Tod vor, können es gar nicht.

Wenn C "dicht macht", dann bedeutet das nicht unbedingt, dass er Hilfsangebote ablehnt - es sind vielleicht ganz einfach nicht die richtigen Angebote für ihn.

Ich persönlich halte es für richtig, sich bereits jetzt Gedanken darüber machen, was mit ihm passieren soll. Er braucht ein Zuhause, feste Strukturen, gerade jetzt, und vielleicht könntest Du Dir überlegen, welche Verwandten da sind, die ihn nicht nur aufnehmen, sondern auch eine Heimat geben können, in der er dann anfangen kann, dass, was er in diesen Tagen erlebt, aufzuarbeiten. Ich persönlich bin mir nicht sicher, ob es eine gute Idee ist, dem Jungen zuzumuten, jetzt, in dieser Situation, eine Beziehung zu seinem Vater aufzubauen - falls das überhaupt möglich ist, denn wenn die Eltern (was ich momentan nur vermute) getrennt sind, dann könnten auch da viele negative Emotionen vorhanden sein.

Wichtig ist, dass im Moment für Dich nur drei Personen im Vordergrund stehen dürfen: Du, Deine Tochter, C. Ihr beide könnt dem Jungen nur helfen, indem ihr auf Euch selber aufpasst. Man kann es nicht oft genug sagen. Sprich ruhig mal mit Deiner Tochter über ihre Sicht der Dinge.

Und bei alledem: Füge Deinem Geschenk an C noch etwas ganz Einfaches hinzu, und überfordere ihn nicht.

Viele Grüße und ganz viel Kraft,

Ariel
 

schnupe

Aktives Mitglied
Vielen Dank nochmal an alle....Ihr habt mir sehr geholfen, auch wenn ich mich erst jetzt zurückmelde.

Es ist zwischenzeitlich sehr viel passiert, die beiden Pubis haben sich sehr verändert, und ich bin in eine Depression gekommen. Ich habe mich aber nicht gescheut, bei meinem ersten Verdacht den Arzt aufzusuchen. Die Antidepressiva nehme ich nun ein paar Wochen, und ich merke nun, wie es mir wieder besser geht.

Aber wir haben hier echt in den Wochen so ziemlich alles durch....aber es geht bergauf, bin ich mir ganz sicher
 

schnupe

Aktives Mitglied
Ja, es ging bergauf.

Es war sooooo schön.
Gestern erwähnte meine Tochter C. schlafe nachts nicht mehr, er habe Albträume....

Heute Nachmittag dann ein Text in ICQ an Tochter:

ich will mit niemanden mehr was führen ich führe im mom den krieg den krieg zur überwindung in den tod mit meinen scheiß qualvollen träumen


:hilfe:
 
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