Hallo,
ich muss Dir leider auch sagen: Es wird wirklich schwierig, das alleinige Sorgerecht zu bekommen, denn der Gesetzgeber in Deutschland geht davon aus, dass ein Kind immer zwei Eltern hat, und hat festgelegt, dass diese Eltern dafür zu sorgen haben, dass es dem Kind gut geht.
Auch wenn dies oft gut funktioniert, gibt es doch auch Fälle, in denen die Bedeutung des Sorgerechts missverstanden wird - als ein Recht, dass man als Erwachsener hat, und nutzen kann, aber nicht nutzen muss. Dabei ist das Sorgerecht in Wahrheit eine Sorgepflicht, auf die man ein Recht hat.
Will heißen: Ein Vater hat die Pflicht, für sein Kind zu sorgen, und er hat ein Recht darauf, sich dazu zu entscheiden, diese Pflicht auch dann in vollem Umfang auszuüben. Viele Menschen, vor allem Väter, haben sich über die Jahrzehnte hinweg aufgerieben, um diese Pflicht haben zu dürfen. Und das gemeinsame Sorgerecht als Standard nach einer Trennung ist das Ergebnis dessen.
Leider aber liegt genau da der Schwachpunkt dieser Regelung: Man bekommt das gemeinsame Sorgerecht einigermaßen automatisch, ohne großen Aufwand, und manche Menschen verstehen das, wie oben bereits angeschnitten, falsch: Man hat eben nicht das Recht, sich gestern in das Leben seines Kindes einzubringen, und heute mal gerade nicht, und morgen dann vielleicht doch wieder. Die Pflicht, zu sorgen, gilt nach der Annahme des gemeinsamen Sorgerechts gestern wie heute und auch noch morgen. Wer das nicht will, kann diese Pflicht einschränken lassen, indem er seinem Ex-Partner, seiner Ex-Partnerin das alleinige Sorgerecht gibt. Und ein Gericht kann dies auch tun.
Aber das Problem ist, dass Gerichte dies ungern tun: Das gemeinsame Sorgerecht soll der Standard sein, und so lange es keine wirklich schwer wiegenden Gründe gibt, die einen der Elterteile an der Ausübung seiner Sorgepflicht hindern, fordert man von solchen Menschen, dass sie sich gefälligst zusammen raufen.
Ob es bei Euch solche Gründe gibt, kann nur ein Anwalt sagen. Alkoholismus allein reicht oft nicht aus. Aber wenn Deine Tochter verängstigt ist, wenn der Vater keinen Umgang wünscht, wenn er sich nicht beteiligt, dann sieht das Bild schon anders aus. Ein Gespräch beim Anwalt würde Dir da sicherlich ein klareres Bild über die Erfolgsaussichten geben.
Ich persönlich würde es darauf ankommen lassen, denn selbst falls die Erfolgsaussichten in sich gering sein sollten (was ich nicht weiß), hätte ein solcher Schritt dennoch einen maßgelblichen Effekt, der für Dich positiv wäre: Der Vater müsste erklären, warum er Zustimmungen verweigert, und würde mit Sicherheit auch daran erinnert werden, dass er verpflichtet ist, seine Zustimmung zu geben.
Denn tatsächlich gibt es kaum ein Recht Zustimmungen zu verweigern, es sei denn, es gibt Streit um die richtige Schulform in Bundesländern, in denen die Eltern wählen dürfen, oder über die Behandlungsmethode bei einer Krankheit. Die Zustimmung darf auch dann verweigert werden, wenn zum Beispiel die Gefahr besteht, dass ein Kind der elterlichen Sorge des mit-sorgeberechtigten Elternteils dauerhaft entzogen wird.
Aber niemand darf seine Unterschrift auf einem Passantrag für das Kind verweigern, weil er oder sie seiner, seinem Ex die Reise nach Mallorca nicht gönnt. Und die Unterschrift für die Eröffnung eines Taschengeldkontos kann nur dann verweigert werden, wenn der Vater anständige erzieherische Gründe geltend macht - aber ich muss kein Anwalt oder Richter sein, um sagen zu können, dass das Anführen solcher Gründe wahrscheinlich beim nächsten Gericht für hysterisches Kichern sorgen würde., weil der Mann sich ja nun schon seit eineinhalb Jahren + nicht gekümmert hat.
Wenn sorgeberechtigte Ex-Partner die Zustimmung zu Dingen des täglichen Lebens des Kindes verweigern, dann kann übrigens das Familiengericht diese Unterschrift ersetzen. Dafür muss man dann beim Amtsgericht einen Rechtspfleger aufsuchen, der einem hilft, einen Antrag auf einstweilige Anordnung aufzusetzen, über den dann zeitnah von einem Richter entschieden wird. In der Regel werden der Rechtspfleger oder der Richter auch versuchen, Kontakt mit dem betreffenden Elternteil aufzunehmen, und eine schnelle Lösung zu finden.
Falls eine einstweilige Anordnung ergeht, gilt die nur für die jeweilige Situation; sie wird rechtskräftig, wenn ihr nicht von der Gegenseite wiedersprochen wird. Aber man kann dieses Spiel, dass leider recht aufwändig ist, bis in alle Ewigkeit weiter betreiben.
Ich würd's aber erstmal mit dem Sorgerecht probieren - es kann nicht schaden.
Viele Grüße,
Ariel