Hallo,
zunächst mal zur finanziellen Situation von volljährigen Kindern, die von zu Hause ausgezogen sind: Gerhard hat Recht; grundsätzlich sind die Eltern dann zum Unterhalt verpflichtet, wenn sich das volljährige Kind in der Ausbildung (wozu auch ein Studium gehört) befindet, wobei es auch dabei einige Beschränkungen gibt: Ein Student darf zum Beispiel die Regelstudienzeit nicht wesentlich überschreiten. Und: Wird Unterhalt gezahlt, können die Eltern bestimmen, auf welche Art und Weise (bar oder in Naturalien, also beispielsweise Kost und Logis) er geleistet wird, wobei auch dabei dann ein Anspruch auf eine gewisse Barleistung besteht. NICHT bestimmen dürfen die Eltern hingegen die Wahl von Ausbildung oder Studium.
Befindet sich das erwachsene Kind nicht in einer Ausbildung, erlischt auch sein Unterhaltsanspruch: In diesem Fall hat es für seinen Unterhalt selbst zu sorgen, wobei ein Antrag auf ALG II nur dann erfolgversprechend ist, wenn das Kind bereits verheiratet ist, denn ansonsten kann es dazu verpflichtet werden, wieder bei den Eltern zu wohnen, deren Einkommen dann ebenfalls in die Berechnung mit einbezogen wird. Ausnahmen sind ausgesprochen selten; eine Erklärung, das Kind werde zu Hause nicht mehr geduldet, wird dafür nicht ausreichen.
Womit ich bei rumtompf und ihrem Problem angekommen bin: Du kannst momentan nichts machen, außer daran zu arbeiten, eine neue Beziehung zu DeinerTochter aufzubauen, die idealerweise auch von etwas mehr Verständnis für Deine Tochter geprägt sein sollte, denn nur dann gewinnst Du wieder Einfluss in ihrem Leben.
Mir sind in diesem Thread eine ganze Reihe von Dingen aufgefallen, an denen Du arbeiten könntest und solltest, denn sie sind klare Indikatoren dafür, warum die Dinge zwischen Euch so schief gelaufen ist, warum Deine Tochter um Fünf nach 18 die Flucht ergriffen hat. Du, weil Du nun mal hier bist, und Deine Tochter nicht, und Du, weil Du die ältere und weisere von Euch beiden sein solltest, und deshalb die Lage der Dinge besser verstehen können solltest, als Deine Tochter.
Da ist mir zum Beispiel gleich am Anfang Dein Satz aufgefallen, dass der Freund Deiner Tochter wohl froh sei, ein manipulierbares Mäuschen gefunden zu haben. Auf den ersten Blick wirkt das wie eine Abwertung dieses Mannes, wirkt es so, als sähest Du ihn als Macho und Frauen-Unterdrücker. Aber dann: Du wertest auch Deine Tochter ab, und zwar zum manipulierbaren Mäuschen, also zu einer Frau, die keine eigenen Entscheidungen treffen kann, und sich deshalb in großer Gefahr befindet, vor der Du sie gerne beschützen würdest.
Es ist legitim, sein Kind, auch wenn es volljährig ist, beschützen zu wollen, gerade und vor allem vor solchen Menschen, wie jenen, als den Du den Freund beschreibst. Aber leider gehören zu solchen Abhängigkeitsverhältnissen (von dem wir nicht wissen, ob es in diesem Fall wirklich existiert) stets zwei, und weil das so ist, sollte die oberste Frage sein, wie es passieren konnte, dass Deine Tochter zu diesem manipulierbaren Mäuschen werden konnte, wenn sie das wirklich ist.
Du hast 18 Jahre damit verbracht, deine Tochter zu beschützen, Du hast hinterhertelefoniert und getan und gemacht, und es ist gut möglich, dass sie sich darin nicht mehr selbst gefunden hat, und deshalb ausgezogen ist: Irgendwann möchte man nicht mehr beschützt werden, irgendwann möchte man seine eigenen Fehler machen, denn aus solchen Fehlern lernt man.
Wenn Du darauf beharrst, weiter zu beschützen, wird sich Deine Tochter weiter von Dir entfernen.
Ich vermute, dass sie momentan dabei ist, überhaupt heraus zu finden, was sie überhaupt mit ihrem Leben anfangen will - oft braucht das Zeit.
Du kannst natürlich die rechtliche Situation voll ausschöpfen, und wahrscheinlich wird sie dann auch bald damit beginnen, zu jobben - Hunger ist ein sehr mächtiges Argument dafür.
Du kannst Ihr aber auch signalisieren, dass Du für sie da bist, wenn sie Hilfe braucht, und ihr Zeit geben, sich zu entscheiden - allerdings solltest Du Dir selbst ein Limit setzen: ein halbes Jahr, ein Jahr, und dann sollte erkennbar sein, dass sie am Anfang eines Weges steht. Du kannst ihr auch helfen, in dem Du versuchst, mit ihr darüber zu reden, was ihr Spaß machen würde - allerdings ohne, dass Du ihr ein bestimmtes Ziel "aufdrückst".
Du musst auch nicht jeden Tag mit ihr in Kontakt sein - gerade in solchen Situation hilft es dem gemeinsamen Verhältnis oft extrem, einfach mal eine Zeit lang sein eigenes Ding zu machen.
Viele Grüße,
Ariel