Hallo mamasanny,
was Du durchmachst, habe ich erst seit einen Monat hinter mir. Mir ist irgendwann bewusst geworden, dass das was ich in meiner Ehe erlebe, viel zu wenig ist, für das was ich geben möchte und was ich geben kann. Obwohl ich immer das Gefühl hatte, meinen Mann weiterhin zu lieben, bin ich auch zu dem Punkt gekommen, ihn nicht mehr sehen zu wollen. Ich bin ein Mensch, der sein Leben sehr offen lebt. Ich habe meine Gefühle und meine Eheprobleme nach draußen, zu meinen Freunden, zu meinem Bekanntenkreis, ja sogar zu meinem Arbeitsplatz getragen. Ich habe mit jeder Menge Menschen darüber geredet. Die Krise hat Mitte September 2004 angefangen. Mitte November war ich kurz davor alles kurz und klein zu schlagen. Ich konnte nicht mehr in einer Beziehung leben, in der nur ich was zu geben hatte und in der ich nichts zurückbekommen hab’, auch dann nicht als ich meinem Mann eindeutig gesagt hab’, dass ich dabei bin, ihn zu verlassen. Dann ist mir nach einer Diskussion mit einem guten Freund klar geworden, dass ich meinen Mann mit meinem Verhalten so sehr in die Enge getrieben hab’, dass er überhaupt nicht mehr reagieren oder auch agieren konnte. Das hat mich zwar erneut geärgert (ich mag keine Menschen, die sich in die Enge treiben lassen, ich verliere den Respekt vor ihnen), da habe ich mich aber aufgerafft und so wie Du eine Paartherapie in Erwägung gezogen. Zunächst bin ich auch allein hingegangen. Das bringt aber nichts, wenn man allein hingeht. Wenn man die Probleme wirklich angehen möchte, muss man zu zweit hingehen.
Mein Mann, so wie Deiner, wollte nicht. Er ist aber mir zuliebe mitgekommen. Ich habe während dieser Zeit sehr gelitten. Ich habe gespürt, dass ich die Macht habe über diese Beziehung und diesen Menschen zu entscheiden. Ein Wort von mir und unser Leben würde Kopf stehen. Meine größte Angst war die falsche Entscheidung zu treffen. Immerhin haben wir eine 2,5jährige Tochter zusammen. Noch größer aber war die Angst mich in eine Beziehung und emotionale Welt einzulassen, die mich unglücklich machen würde. Die Leute, die sich inzwischen um mich gesammelt haben (Menschen, die ich inzwischen zu meinen Freunden zähle), haben mir die Kraft gegeben, ein Single Leben für möglich zu halten. Ich habe mich stark gefühlt, meinen eigenen Weg zu gehen und ich habe angefangen zu mir selbst zu finden, auf meine Bedürfnisse (emotionale, körperliche und sexuelle) zu achten und sie bewusst wahrzunehmen. Ich hatte das Gefühl, dass ich erst jetzt angefangen hab’, zu LEBEN. Dieses Gefühl wollte ich auf keinen Fall wieder verlieren und ich hatte Angst, wenn ich meine Gefühle für meinen Mann wieder aufleben lassen würde, dass ich dann mich selbst wieder verlieren würde. Der Therapeut hat uns geraten, Ehe-Abende einzuführen. Einmal die Woche etwas miteinander zu unternehmen. Nicht unbedingt zu zweit aber was wichtig war, dass die Organisation dieser Abende abwechselnd stattfinden sollte. Die ungeraden Abende wurden von mir organisiert, die geraden von ihm.
Am Anfang ging alles besser. Ich habe in mir das Gefühl entdeckt, dass ich bei ihm bleiben will. Aber dieser Wunsch war nicht wie früher bedingungslos, sondern ich habe was von ihm erwartet und was von ihm verlangt. Es kam nicht immer etwas und das was kam war mir teilweise zu wenig. Während der Feiertage haben mein Ärger und meine Frust angefangen, die Oberhand erneut zu gewinnen. Mittlerweile hatte ich einen richtig großen Bekanntenkreis kreiert, theoretisch hätte ich jeden Abend weg sein können, was ich nur meiner Tochter zu Liebe nicht tat. Wenn ich wegging, war ich wirklich weg. Es gab Nächte, ich kam erst um 5:30 Uhr morgens nach Hause (was für mich sehr untypisch ist). Er hat mich nicht einmal gefragt, wo ich war. Ich hätte ruhig die Nacht mit jemand anders verbringen können. Ich habe aber auch sehr viel diskutiert und versucht, so wie Du, meine Gefühle und Gedanken zu ordnen. Es ist mir immer klarer geworden, dass ich die neue Michaela nicht aufgeben wollte, auch wenn das bedeuten würde, meine Ehe dafür zu opfern. Ich wollte meine neu entdeckten Lebenslust und Erfahrungshunger auf keinen Fall aufgeben, nicht mal für meinen Mann, den ich knapp 9 Jahre über alles geliebt hab’.
Mitte Januar habe ich ihm erneut vorgeschlagen, dass wir uns scheiden lassen. Er hat diesmal zugestimmt. Zu meiner Überraschung haben wir nach dieser Entscheidung zum aller ersten Mal in unserer 9-jährigen Beziehung miteinander GESPROCHEN. Er hat mir zugehört und er hat mit mir über seine Gefühle gesprochen. Es war eine komplett absurde Situation. Wir saßen umarmt auf dem Sofa und haben geredet, so tief und innig wie noch nie. Dann sind wir zusammen ins Bett gegangen und haben uns die ganze Nacht festgehalten. Wir haben uns versprochen zusammenzuhalten und für uns und für unser Kind zu sorgen. Am nächsten Morgen habe ich ihm wie immer den Kaffee ans Bett gebracht und er war so lieb zu mir, wie seit langem nicht mehr. Das war der Punkt, wo ich mir gedacht hab: „Das ist alles nicht wahr. Das ist genau, das was ich haben will und das kriege ich erst jetzt, nachdem wir uns entschieden haben, uns zu trennen.“ Es folgten noch mehr Diskussionen und wir sind zu dem Ergebnis gekommen, es noch mal zu probieren. Und siehe da, es hat funktioniert. Allerdings habe ich den ganzen Druck und jede Erwartung aus der Beziehung raus genommen und er hat in diesen letzten 4 Monaten gelernt, sich an ein Paar Regeln zu halten, die für mich sehr wichtig sind (z.B. pünktlich zu sein, die Ehe-Abende aufrecht zu erhalten, die Samstagabende mit uns zu Hause zu verbringen usw.).
Ich kann Dich sehr gut verstehen, wenn Du sagst, dass Du Dich verändert hast. Das hast Du sicherlich und das ist etwas, was Dir gefällt. Es bringt Dich weiter, Du entwickelst Dich und Du hast das Gefühl etwas zu lernen, Lebenserfahrung zu sammeln, sogar für Deine Kinder etwas Gutes zu machen. Gleichzeitig ärgerst Du Dich, dass Dein Partner nicht mitziehen will, seine neue Frau nicht wahrnehmen will, mit ihr nichts anfangen kann, sich selbst nicht verändern will. Es gibt leider nicht sehr viel, was man Dir raten kann. Die Gespräche, die ich mit meinen Freunden geführt hab’, haben mir auch nur insofern geholfen, dass ich meine Gedanken und Gefühle ordnen konnte.
Es gab nur einen einzigen Menschen, der mir wirklich helfen konnte und er hat die ganze Sache ziemlich nüchtern gesehen. Als ich ihm gesagt hab’, dass ich nicht mehr möge, mich für diese Beziehung einzusetzen, dass ich es 9 Jahre lang gemacht habe und es mir jetzt reiche, hat er zu mir gesagt: „Was erwartest Du denn? 9 Jahre lang warst Du eine bestimmte Person, die ganz bestimmte Sachen gemacht hat. In diese Person hat sich Dein Mann verliebt und jetzt kommst Du und sagst Du: Ich will nicht mehr diese Person sein. In wen soll Dein Mann sich verlieben? Wen soll er lieben?“ Ich muss sagen, dass in dieser Aussage viel Wahrheit steckt. Die ist zwar mit vielen „aber“ verhaftet, die Grundaussage aber stimmt. Du und ich haben uns verändert. Unsere Männer nicht. Wenn wir unsere Ehen aufrecht halten wollen, müssen wir einen Weg finden, unsere Männer für unser neues Ich zu begeistern. Es ist schwieriger, als es sich anhört und das kostet viel mehr Energie als man denkt und es ist auch nicht immer möglich. Es zu versuchen ist es immer möglich.
Jede Beziehung landet irgendwann in einer solchen Krise. Die Kunst ist daraus zu finden ohne sich selbst aufzugeben. Geh Deinen Weg, lebe Dein Leben, finde zu Dir selbst. Nur dann kannst Du zufrieden und glücklich werden. Das ist wichtig für jede Beziehung, denn ein unglücklicher Partner ist jemand, der nichts zu geben hat. Wenn Dein Mann Dich dabei nicht begleiten kann, ist es zwar sehr traurig aber es ist nicht das Ende des Lebens. Denk daran: Es geht hier wirklich nicht um Leben und Tod, es geht nur um dass Leben und darum, wie man es leben will.
Ich wünsche Dir vom ganzen Herzen, zu Dir selbst und zu Deinem Glück zu finden. Hab’ keine Angst davor, das Leben zu leben und es zu genießen. Tu es und werde dabei glücklich, mit oder ohne Deinen Mann. Und denk daran: So oder so, es wird immer alles gut.
Schönen Gruß
Michaela