Die Kinder bester Freunde

hitnak

Namhaftes Mitglied
Hallo,

wenn man einmal das richtige Forum gefunden hat, man seine Gedanken in Worte packt, dann merkt man, was gut läuft, und was nicht gut läuft. Und ich habe hier etwas, dass nicht gut läuft. Ob es im richtigen Teil des Forums steht, da bin ich mir nicht sicher. Verzeiht mir.

Aber immerhin geht es darum, dass die Ehefrau meines besten Freundes schon Kinder hatte, bevor sie meinen Kumpel kennen lernte. Meinen Sohn. Klingt absurd? Ist es auch.

Anfang des Jahres traf es uns alle wie ein Donnerschlag, dass eben jener Junge von seinem Vater zusammen geschlagen wurde, denn mein Bester wusste nichts von seiner Existenz. Meine Verlobte und ich haben den Jungen aufgenommen, und ich habe ihn vor einigen Wochen adoptiert; wir sind zu einer Familie geworden, und wird sind glücklicher, als wir es jemals waren. Allerdings haben wir dabei übersehen, was das für meinen Freund bedeutet - das habe ich gerade mitbekommen, als ich überraschend in seiner Wohnung aufgelaufen bin, und ihn einem Zustand vorgefunden habe, in dem ich ihn nie kennen gelernt habe. Dass er gehofft hatte, dass Y sich an seine Frau annähert, dass er Y gerne bei sich gehabt hätte, um das zu tun, was ich jetzt tue, das wollte ich nicht sehen. Dass er sich scheiden lässt, jetzt, wo klar ist, dass seine Frau, mit dem Jungen nichts zu tun haben will, das hatte ich mitbekommen, aber nicht die Bedeutung dessen erkannt. Und auch nicht, dass ich ihm mit der Adoption weh getan habe. Ja, er hätte mit mir reden müssen, aber ich auch mit ihm, und das bereitet mir in diesem Moment eine unglaubliche Gedankenflut. Und Schuldgefühle: Ich habe meinen besten Freund allein gelassen. Übel scheint er mir nicht zu nehmen. Er scheint gar nichts mehr zu fühlen, als die erfundenen Emotionen der Charaktere in Fernsehserien, die er schreibt, und über die er gerade äußert langwierig gesprochen hat.

Gedanken, Tipps und Analysen zu dieser Situation sind herzlich willkommen.


Viele Grüße,

Ariel
 
U

User4

Guest
Ich denke, dein Kumpel befindet sich in einer depressiven Phase, wo er sich von seinen Emotionen abschneidet.
Klar, hättest du ihm helfen müssen, aber das Kindswohl stand ja wohl im Vordergrund. Und das ist auch gut so!

Das sollte dich aber nicht davon abhalten, deinem Freund zu helfen, evtl wieder auf den richtigen Weg zu kommen.
Jeder Mensch macht Fehler und jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient.
Vllt können sich Vater und Sohn irgendwann einmal - wenn auch langsam - sich wieder annähern.
Bis dahin gibst du dem Jungen ein liebevolles Zuhause und väterlichen Halt, was er auch dringend braucht.

Es ist gut, dass du das Sorgerecht für den Jungen hast bzw. dass du ihm ein Vater bist. Aber nichts spricht dagegen, dass sein leiblicher Vater seine Fehler an seinem Sohn wieder gut macht und ein väterlicher Freund wird.
 

hitnak

Namhaftes Mitglied
Hallo,

um Himmels Willen! Versteht mich nicht falsch: Mein Kumpel ist NICHT der Kindsvater. Er hat nur wenige Minuten vor mir von seiner Existenz erfahren. Seine Ehefrau ist die Mutter, und hat ihm das verschwiegen, bis zu jener Nacht der Entscheidung.

Viele Grüße,

Ariel
 

mad

on the run....
ich hab das anders verstanden: der kumpel ist der mann der frau, dessen sohn aber bei dem vater gewohnt hat und nicht bei ihr?und der kumpel wußte gar nichts von der existenz des sohnes?jetzt will er sich scheiden lassen, weil seine frau ihm dies verschwiegen hat?nach dem vorfall mit dem vater, wo heraus kam, daß es eben diesen sohn gibt, hoffte der mann, seine frau nähert sich ihrem sohn wieder an?oder lieg ich da falsch?

ganz schön kompliziert.ich denke, du solltest einfach versuchen, für Deinen Freund da zusein, auch wenn er Dich im Moment vielleicht gar nicht so gerne um sich herum hat, weil er das Gefühlt hat, an Deiner Stelle sein zu müssen.
Zeit heilt alle Wunden und ihr werdet sicher wieder einen besseren und normaleren Kontakt bekommen, wo er auch über seine Gefühle sprechen kann!
 
U

User4

Guest
Ok, sorry :verleg
Lesen können wäre von Vorteil! :whatever

Dann schreib ich mal meinen Text um:

Dein Kumpel befindet sich - so wie du es beschreibst - in einer depressiven Phase, wo er sich von seinen Emotionen abschneidet. Ich denke, die Ursache wird da die Enttäuschung sein und auch, wie Mad schon schreibt, Überlegungen, dass er an deiner Statt sein sollte.

Und auch hier denke ich, dass das Kindswohl im Vordergrund. Und, dass du richtig gehandelt hast mit der Adoption! Du gibst dem Jungen ein liebevolles Zuhause und väterlichen Halt, was er auch dringend braucht.

Und auch in dieser Situation sollte dich nichts davon abhalten, deinem Freund zu helfen. Ihm evtl zuzuhören, da zu sein, wenn er dich braucht.
Vllt kannst du auch dazu beitragen, dass sowohl dein Kumpel als auch dessen (Ex-)Frau sich dem Jungen wieder annähern. Und auch hier gilt:
Jeder Mensch macht Fehler und jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient.
Möglich ist alles, sofern alle Parteien das wollen.

Ist ein Gespräch zwischen euch möglich? Oder blockt er momentan komplett ab?
 

hitnak

Namhaftes Mitglied
Hallo,

nein, er wusste nicht einmal, dass es ihn gibt. Und ich auch nicht. Nur seine Frau, die sich nicht gekümmert hat, oder nicht sehen wollte. Sie behauptet, sie habe den Jungen einmal im Monat besucht, und nichts bemerkt. Y sagt, er habe diese Frau noch nie gesehen. Aber das ist eine Baustelle in einer Sackgasse.

Ich hätte sehen müssen, dass es meinen Freund zerreißt, dass es nicht er ist, der das tut, was ich jetzt tue. Dass er gehofft hatte, bald eine Familie sein zu können, weil - für ihn ist das der Sohn seiner Frau, und damit auch sein Sohn. Der Richter hatte noch in jener nacht die Unterbringung in Heim oder Pflegefamilie angeordnet, bis Mutter und Sohn versucht haben, sich anzunähern.Deswegen hat mein Freund mich gefragt. Nur: Mutter wollte nicht annähern, und wir mussten abbrechen, weil es Y zu sehr belastet hat. Y ist mir zu nahe gekommen, ich habe ihn adoptiert (und meine Verlobte wird mit der Hochzeit seine Mutter) und ich muss jetzt damit klar kommen, dass ich den Scherbenhaufen nicht gesehen habe, der über dieser Affäre in seinem Leben entstanden ist. Ich weiß, dass es keine Alternative zur Adoption gab. y ist in diesen Tagen glücklich. Ich wollte nur das Beste für Y, und habe darüber vergessen, dass ich auch das Beste für meinen besten Freund hätte wollen müssen. Und ja, ich hätte mit ihm reden können, wenn ich nur gemerkt hätte, dass ich ihm in den Rücken falle.

Und jetzt hätte ich gerne eine geeignete Kehrschaufel, um diesen Scherbenhaufen aufzukehren und meinen besten Freund ins Leben zurückzuholen. Solche Leute sind nämlich noch schwerer zu finden als Handwerker. Und das ist schon sogut wie unmöglich.

Viele Grüße,


Ariel
 

hitnak

Namhaftes Mitglied
Hallo,

@all: Ich war in meine ersten Posting sehr emotional, deshalb war das sehr kompliziert zu verstehen. Noralerweise würde ich das in mich hinein fressen. Bitte entschuldigt. Mads Beschreibung trifft zu; so ist die Lage.

Ich werde mich jetzt erstmal abkühlen, die Jerusalemer Wirtschaften fördern und nachdenken.

Viele Grüße,

Ariel
 
U

User4

Guest
Genau das war mein Gedanke bei meinem Post.
Du hast in erster Linie das Wohl des Jungen gesehen und das war die richtige Entscheidung.
Der Junge hat oberste Priorität.

Da seine Mutter keine Annäherung wollte, hätte Y wahrscheinlich sowieso nicht viel ausrichten können und der Junge wäre im Heim gelandet.
Eine dritte Alternative gab es nicht zu dem Zeitpunkt.
Oder sieht dein Freund dort eine?

Jetzt gilt es in die Zukunft zu schauen.
Klar ist dort auf der einen Seite ein Scherbenhaufen, auf der anderen aber ein glückliches Kind.

Und außerdem hast du doch viele Möglichkeiten, diesen Scherbenhaufen aufzukehren:
Zunächst einmal solltest du - vllt unter Mitwirkung eines Moderators - die Annäherung aller Parteien bewirken. Denn bevor die Mutter dort nicht einlenkt, wird der Scherbenhaufen nicht kleiner.
Zeig deinem Freund, dass du daran interessiert bist, dass sowohl dieses Ehepaar untereinander als auch der Junge und die zwei sich nähern.
Das entspannt vllt ein wenig die ernste Lage.

Aber ein schlechtes Gewissen solltest du dir nicht einreden lassen! Nicht du bist der Schuldige an dieser Situation, sondern die Kindsmutter!
 

hitnak

Namhaftes Mitglied
Hallo,

und bitte entschuldigt, dass ich Euch mit meinen Problemen belästige. Ihr habt natürlich recht: Die einzige Alternative wären Heim oder eine andere Pflegefamilie, die allerdings in Israel kurzfristig ausgesprochen zu beschaffen sind, gewesen, und ich bereue nicht, dass ich die Dinge so getan habe, wie ich, wie wir sie getan haben, wenn es um den Jungen geht. Und ja, wir müssen in die Zukunft schauen. Ich habe heute morgen sehr lange mit meinem Kumpel gesprochen, und versucht, meine Softie-Lass'-Uns-Drüber-Reden-Nummer abzuziehen. Die Kurzversion: Er hatte irgendwo innendrin gehofft, dass seine Frau ihrer Verantwortung gerecht werden würde, hat dabei mit angesehen, wie wir uns kümmern, und als mit der Adoption klar wurde, dass Y niemals Teil seiner Familie werden wird, und seine Frau niemals ihre Mit-Verantwortung für Ys Vorgeschichte akzeptieren wird, blieben ihm nur noch Wut auf sie, die Scheidung, und in der Folge die Einsamkeit, weil ich als sein bester Freund Monate lang mit anderen Dingen beschäftigt war. Seine Ehe ist nicht mehr zu kitten, und er scheint im Moment keine Kraft zu haben, weiterzumachen. Er trinkt zu viel, arbeitet zu viel, schläft zu viel zu unmöglichen Zeiten. Seine Wohnung sieht grauenvoll aus.

Und ich weiß zwar mittlerweile so ungefähr, wie man einen geprügelten 16jährigen zurück ins Leben befördert, aber was man mit dem kaputten Leben eines 35jährigen anfängt - keine Ahnung. Zunächst mal werde ich jeden Tag ein paar Stunden lang mit ihm verbringen, und auch versuchen, ihn mit Y bekannt zu machen. Meine Verlobte hat vorgeschlagen, ihm so eine Art Onkelrolle zuzuteilen, und ich denke nach unserem heutigen Gespräch, dass ihm das gefallen könnte.

Vielen Dank und viele Grüße,


Ariel
 
U

User4

Guest
Wer sich belästigt fühlt, der wird hier nicht mitlesen. Aber für den Gedankenaustausch ist dieses Forum da.
:zwinker:

Ich denke, bei deinem Freund sitzt die Enttäuschung über seine Frau sehr tief.
Eher weniger diese Adoptionsgeschichte. Letzten Endes wäre es an seiner Frau gewesen, dort einzuschreiten, wenn sie gewollt hätte.
Wahrscheinlich hat er auf sie eingewirkt, war schokiert über die "dunkle" Seite seiner Frau.
Das muß er erst verarbeiten.
Aktiv kannst du gegen den zu hohen Alkoholkonsum wohl nicht viel ausrichten.
Du kannst ihm anbieten, mit ihm zusammen einen Entzug zu machen. Wenn die Sucht schon weiter fortgeschritten ist, kannst du ihm helfen, eine gute Suchtklinik zu finden. Du kannst für ihn da sein, ihm Halt geben, wo seine Träume von einer Frau bzw. einer Familie zerplatzt sind.
Aber den Entschluß zum Entzug und zur Rückkehr ins Leben - den muß er selbst treffen!
 

hitnak

Namhaftes Mitglied
Hallo,

vielen Dank für Deine Tipps. Ich habe jetzt einmal die Nacht bei ihm verbracht und wir haben Dinge getan, die wir gerne tun: Eurovision Song Contest schauen, Plots für Fernsehserien erfinden, die so geschmacklos sind, dass sie niemals gesendet werden könnten und um zu reden. Er sieht sich in einer Situation, in der er glaubt, nicht mehr mit mir auf Augenhöhe sprechen zu können, weil ich in seinen Augen alles habe, und er nichts, und das möchte ich ihm nehmen, und ihm klar machen, dass es Menschen gibt, die ihn nicht im Stich lassen, ganz gleich was passiert. Ich habe ihm aber auch klar gemacht, dass ich sein Leben, seine Tagesabläufe ganz genau beobachte, und ich da auch eingreifen werde, ganz gleich, ob es ihm gefällt, oder nicht. Ich bin da etwas authoritärer als der Normalmensch wenn es um Menschen geht, die mir wichtig sind.

Der Alkoholkonsum ist noch nicht soweit fortgeschritten, dass es kein Zurück mehr gibt. Im Moment ist es der Arak, ein mit Ouzo vergleichbarer Anis-Schnapps, der ihm seine Gefühle erzeugt. Gestern nacht hat er keinen getrunken. Ich weiß natürlich, dass keine gesicherte Diagnose ist, dass es keinen Alkoholismus gibt, aber ich habe diese Phase vor einiger Zeit auch durch gemacht: Ich war ganz übel zusammen geschlagen worden, hatte Panikattacken und habe die auch gerne im Arak ertränkt. Damals war mein Freund es, der mich ins Leben zurück geholt hat.

Wie immer auch: Er hat in der vergangenen Nacht nicht geschlafen, und da ich ihn zum Arbeiten in mein Büro geschickt habe (wo meine Sekretärin und meine Verlobte, nein die sind nicht identisch, ein Auge auf ihn haben), wird er das auch nicht tun, bis ich ihn heute abend eine große Runde durch die Jerusalemer Straßen joggen lasse, bevor er dann hoffentlich ins Bett kollabiert und morgen gegen sechs mit sauberem Kopf aufwacht. Ob's funktioniert? Ich weiß es nicht.

Gestern abend während der Beschneidungsfeier war er in seinem Element. Y kennt ihn, und er weiß, welche Rolle mein Freund für mich spielt - und für ihn auch, denn mein Kumpel war es, der mich damals darum gebeten hat, ihn aufzunehmen. Dass er mit im Raum ist, wenn es passiert, war für den Jungen kein Thema. Er hat ihn mit offenen Armen empfangen. Denn: Seit gestern abend ist Y endgültig nicht mehr der Sohn seiner Frau, weder für uns noch für unseren Y, noch für seine Freunde, und deshalb war es für meinen Freund wichtig dabei zu sein, damit er merkt, dass etwas Neues begonnen hat. Er ist, mehr als ich, Teil von Ys Geschichte, und ich möchte, dass er die Zeremonie ebenfalls als Neubeginn für sich selbst betrachtet, eine aktive Rolle im Leben des Jungen übernimmt, die er auch gerne möchte, aber nicht auszuüben glaubt, weil es eben seine Frau war, die ihn auf die Welt gebracht und im Stich gelassen hat, wofür er sich schuldig fühlt, weil er als Kriminologe denkt, dass er es hätte merken und dem Jungen das alles ersparen müssen.

Das größte Problem im Moment ist, das Y weiß, dass es eine Krise gibt, weil er weiß, dass mein Freund seine Ehefrau verlassen hat, und er will wissen, ob er sie wegen ihm verlassen hat. Und so sind meine Verlibte und ich am rätseln, ob wir ihm die Wahrheit sagen.

Vielen Dank noch einmal und


viele Grüße,


Ariel
 
U

User4

Guest
Ich denke, wenn ihr deinen Kumpel als Onkel mit am "Familienleben" teilhaben lasst, seid ihr schon auf einem guten Weg. Dass er nie Vaterersatz werden wird, ist ihm, denk ich klar.

Er sollte sich auch im Klaren sein, dass für eine "Familie" mit dieser Frau und diesem Kind der Zug abgefahren ist. Das, was er für dieses Kind sein kann, ist eben eine väterliche-Freund-Rolle / Onkel. Und auch diese Beziehung kann man vertiefen und liebevoll gestalten.
Außerdem kann er sich immer noch in eine andere Frau verlieben, die eventl. auch schon ein Kind hat oder eben selbst Kinder zeugen.

Und, was denk ich am wichtigsten ist, er muss akzeptieren, dass seine (Ex-)Frau eine dunkle Vergangenheit hat. Warum sollte er etwas dafür können? Es war die Entscheidung dieser Frau und nicht seine. Das er für dieses Kind da sein will / kann, sind zwei paar Schuhe.
Und warum sollte er es denn mitbekommen haben? Auch Kriminologen kriegen nicht alles mit - dafür war sie als Schauspielerin in ihrer Rolle viel zu gut. Ich denke, seine Frau hatte mit ihrem früheren Leben abgeschlossen, hatte alle Brücken zu ihrer Vergangenheit gründlich abgebrochen und nicht damit gerechnet, dass ihr Sohn trotz allem wieder auftaucht.

Warum wollt ihr Y eigentlich nicht über die zerbrochene Ehe aufklären?
Der Junge ist 16.
Und vllt zeigt ihm das noch zusätzlich, dass dein Kumpel mit der Verhaltensweise seiner Mutter nicht einverstanden ist und sogar so sehr enttäuscht ist, dass er sich sogar von dieser Frau distanziert und trennt.
Kann doch nichts schlimmes sein, oder?
 

hitnak

Namhaftes Mitglied
Hallo,

und vielen, vielen Dank, dass Du Dir meine Probleme durch liest - dass ich sie hier poste, liegt daran, dass meine Verlobte, A, viel zu nah dran ist, und deshalb nicht viel Gehaltvolles dazu beizutragen hat: Sie mag meinen Freund, obwohl sie nicht eng befreundet sind, und dass es ihm nicht gut geht, macht auch ihr zu schaffen. Manchmal hat man da eben keinen klaren Kopf, zumal wir nicht wollen, dass halb Jerusalem darüber redet, dass unser Kumpel nicht gut drauf ist. Jerusalem ist ein Dorf, und das Letzte, das wir gebrauchen können ist, dass sich dieses Dorf den Mund über meinen Kumpel zerreißt.

Dass er kein Vaterersatz sein wird, ist ihm klar; dass will er auch nicht sein, auch wenn er diese Rolle übernommen hätte, wenn nicht irgendwann die Wut und die Enttäuschung auf seine Frau und vor allem deren Unfähigkeit zu irgendeiner Form von Verantwortung, selbst im Angesicht, der Familienauflösung, übernommen hätten. Er ist vor allem in ein tiefes Loch gefallen, in dem plötzlich nicht nur seine Familie, sondern auch ich weg war: Es gab keinen Tagesablauf mehr, und er hatte das Gefühl, nicht mehr einfach bei mir klingeln, oder mich anrufen zu können, weil er glaubte, mir nicht mehr wichtig zu sein. Und weil er glaubte, dass Y ihm etwas übel nehmen könnte. Nur: Y hat ihn in den vergangenen beiden Tagen sehr warm empfangen, und noch viel mehr so, seit ich ihm heute morgen erzählt habe, dass er seine Frau, also Ys Mutter verlassen hat, weil er das, was mit Y passiert ist, nicht akzeptieren kann.

Das Einzige, was ihn hat kritisch werden lassen, war die Frage, ob mein Freund nun seinen eigenen dreijährigen Sohn im Stich lässt, der momentan bei der Mutter ist, der Y, wie gesagt, weniger als gar nicht vertraut. Er erwartet von uns, dass wir den Kleinen, seinen Halb-Bruder, da rausholen, und mein Freund, der immer noch ziemlich angeschlagen ist, will das eigentlich auch, glaubt aber, keine Kraft, nichts zu bieten zu haben, und auch von uns keine Hilfe annehmen zu können - wobei eigentlich alles so einfach wäre: Er wohnt nur ein paar Stockwerke unter uns; meine Verlobte, Y, unsere supernette 80jährige Nachbarin, würden helfen. Meine Verlobte will sogar sehr, dass B, der Kleine von meinem Besten, zu seinem Vater kommt. Und gemessen am Auftreten, dass seine künftige Ex während meines Adoptionsverfahrens an den Tag gelegt hat (sie ist gar nicht gekommen; jedenfalls nicht freiwillig) wäre das Sorgerechtsverfahren mit großer Wahrscheinlichkeit ein Klacks. Der zuständige Richter hat was gegen doofe Eltern.

Aber wie gesagt: So weit ist er noch nicht, obwohl er will, und das als "schönen Traum" bezeichnet.

Mal schauen, wo uns diese Geschichte hinführt.

Viele Grüße, Ariel
 

mad

on the run....
Ich denke, das läuft alles sehr gut bei Euch!Jedenfalls bei der schweren Lage.Bessere Lösungen hätte es keinesfalls gegeben.Ehrlichkeit wird für Euren Y das beste sein, er ist 16 und wird die Wahrheit über seine Eltern und Deinen Freund sicher besser verkraften, als irgendwelche halben Erklärungen.
Allerdings darf man auch nicht von damals auf heute schließen und dieser Mutter ihr 2. Kind wegnehmen, weil sie mit ihrem 1. Sohn so verfahren ist.Sie scheint doch die letzten 3 Jahre eine gute Mutter für ihr 2. Kind gewesen zu sein, sonst hätte Dein Freund doch sicher schon lange die Scheidung gewollt.
 
G

gelöschter User

Guest
Ich finde diese ganze Geschichte wahnsinnig kompliziert. Was ich immer noch nicht richtig verstanden habe:

- Ist jener Freund, um den du dir Sorgen machst (also der Mann, der jetzt "neben sich" steht), der Mann, der den Jungen, Y, den du adoptiert hast, zusammen geschlagen hat?

- Ist jener auch der leibliche Vater des Jungen?

und zur weiteren Entwicklung:

- Besteht denn ein begründeter Verdacht, dass es dem 2. Kind (dem Kleinen) bei der leiblichen Mutter nicht gut geht (das einzige, was ich dazu lese, ist dass Y ihr nicht traut).
 

hitnak

Namhaftes Mitglied
Hallo,

vielen Dank für Eure Antworten und herzlich willkommen in meinem komplizierten Leben, dass einst, soweit ich mich erinnere, mal wahnsinnig schön langweilig war.

Und um das jetzt mal von vorne aufzurollen, stelle ich die Protagonisten der Reihe nach vor.

Mein bester Freund ist der Ehemann der Mutter von Y, aber nicht sein Vater. Mutter und Vater von Y hatten sich vor 16 Jahren getrennt; Y wuchs beim Vater auf, also jenem, der dem Jungen Gewalt antat. Die Mutter verschwieg meinem besten Freund die Existenz von Y. Mein bester Freund ist allerdings der Vater von B (3 Jahre), den er zusammen mit Ys Mutter hat.

Y lebt nun bei mir und meiner Frau. B lebt bei seiner Mutter. Unabhängig davon, dass es sich bei seinem Vater um meinen besten Freund handelt, muss ich sagen, dass ich persönlich Zweifel daran hege, ob er bei seiner Mutter richtig aufgehoben ist: Ihr Restaurantrechnungen sind in Jerusalem ebenso legendär wie die notorische Leere auf ihrem Bankkonto; soweit ich mich erinnere, war es meist eine indische Nanny, die sich um das Kind kümmerte, wenn mein Kumpel mal nicht da war. Die Ehe meines Freundes war zwar ziemlich harmonisch, bevor sie implodierte, aber um das Kind hat sich meist mein Kumpel gekümmert, weil er von zu Hause aus arbeitet, oder eben die Nanny, wenn er mal nicht da war. Da die künftige Ex arbeitet, denke ich nicht, dass sich das künftig ändern wird. Mein Eindruck war zudem schon in der Vergangenheit oft, dass sie Dinge anders wahrnimmt als andere Menschen und kein besonders ausgeprägtes Problembewusstsein besitzt.

Das Hauptargument hat allerdings Y formuliert: Bei meinem Freund hätte der Stöpsel eine ganze Familie um sich herum, mit der zwar nur teilweise verwandt wäre; aber er würde in einer freundlichen, trotz allem lebensfrohen Atmosphäre aufwachsen. So wie er jetzt lebt, hat er nur seine Mutter und deren mehr oder weniger feste Freunde. Und: "Sie hat einmal weggeschaut; wer garantiert, dass sie es nicht wieder tut? Sie hat ja noch nichtmal kapiert, wo ihr Fehler liegt", sagt Y. Der natürlich ziemlich voreingenommen ist.

Wir haben jetzt erstmal einen Termin beim Anwalt vereinbart, der meinen Freund über die Optionen aufklären soll, und dann sehen wir weiter.

Viele Grüße,

Ariel
 
U

User4

Guest
Was hält denn deinen Freund ab, das Kind zu sich zu holen?
Wohnen er und seine Ex noch zusammen?
Kümmert er sich aktuell um das Kind?
Und kommt er langsam zurück ins Leben?
 

hitnak

Namhaftes Mitglied
Hallo,

sie hat sich eine Wohnung genommen und den Jungen mit dazu - dass war wohl überhaupt kein Thema für sie und mein Kumpel war wohl so verwirrt darüber, dass er den Nerv gefunden hat, Ihr den Scheidungsbrief zu geben, dass er darüber zunächst auf gar nicht nachgedacht hat.

Im Moment scheint er ganz gut zurück ins Leben zu finden, wobei wir ihn auch kaum alleine lassen- erst soll er wieder Perspektiven finden und merken, dass jedes Ende auch ein neuer Anfang ist. Und ich kann von Glück sagen, dass ich eine Frau an meiner Seite habe, die voll dahinter steht.

Viele Grüße,

Ariel
 
U

User4

Guest
Ja eben, und zu der Perspektive zählt ja auch sein Sohn.
Wenn sowieso nur er sich vorher schon um den Kleinen gekümmert hat, dann sollte er sich schnellstmöglichst drum kümmern.
Nicht, dass sein apathisches Abwarten falsch ausgelegt werden kann.
 
G

gelöschter User

Guest
Okay, nachdem ich das nun auch verstanden habe, wage ich trotz aller Komplikationen mich mal zu äußern:

Y und B sind Halbbrüder (wenn ich jetzt nicht total bescheuert bin), die bisher immer in getrennten Familien gelebt haben.
Für Y sieht es jetzt - überspitzt gesagt - so aus, dass er das Glück hat, in einer guten Familie leben zu können, während B das Schicksal erleidet, in einer schlechten Familie zu sein.
Y möchte nicht damit leben, dass es seinem Halbbruder schlechter geht als ihm.

Was will Y? Dass der kleine B zu euch kommt, oder dass er zu seinem leiblichen Vater (deinem Freund) kommt?
 

hitnak

Namhaftes Mitglied
Hallo,

wie gesagt: Wir beide treffen uns noch heute mit einer Anwältin und lassen uns sagen, was man alles machen kann. Mit dem zuständigen Richter habe ich vorhin telefoniert - er hat auch Ys Fall gehört und kennt die Beiden. Er sagt rein theoretisch, dass wenn der Fall bei ihm landet, er ein großes soziales Umfeld und die Nähe zu Bs Bruder bevorzugen würde - gepaart mit einem sehr umfassenden Besuchsrecht für den anderen Elternteil. Das ist im Prinzip sein Vorschlag für eine außergerichtliche Einigung und seine Ansage für ein Urteil. So würde es ausgehen, und das kann er sagen, weil er weiß, wie unsere Wohnungen aussehen, wer mein Freund und seine Ex sind und wie Y so tickt. Durch die Blume hat er auch gesagt, dass wir ihm nach Möglichkeit doch bitte nicht zumuten sollen, all' das, was er ohnehin schon weiß, in einem weiteren, nahezu identischen Verfahren auszubreiten. Also: Er will eine Einigung meines Freundes mit seiner Frau, und ist der Ansicht, dass es besser wäre, wenn B bei seinem Vater lebt.

Meine Verlobte ist jetzt mal bei der Ex vorbei gefahren, um mit der zu reden, und um ihr zu erklären, dass es für sie einfacher würde, wenn B bei seinem Vater lebte, und dass sie den Jungen besuchen könnte, so oft sie mag.

Bitte versteht mich nicht falsch: Wir regeln nicht das Leben meines Freundes über seinen Kopf hinweg, sondern tun das, was er will, ohne ihn zu etwas zu überreden. Beim Mittag essen heute hat er mir erklärt, wie sehr er seinen B vermisst, und sein Gesichtsausdruck hat mich verstehen lassen, warum er seine Gefühle lieber durch die durch Alkohol erzeugten falschen Gefühle ersetzt hat: Er sah keine Lösung, sich seinen Sohn zu holen, weil seine Wohnung leer ist, weil seine Frau dafür gesorgt hat, dass sein Bankkonto leer ist (ihre Rechnungen sind wirklich extrem hoch), oder für Y da zu sein, für dessen Schicksal er sich mitverantwortlich fühlte. Er war einfach nicht dazu in der Lage, dieses Chaos zu organisieren, oder uns um Hilfe zu bitten, weil er glaubte unsere kleine heile Welt zu stören. Ich dachte anfangs, es ging nur um Y. Tat es auch, ein bisschen, aber die wahren Probleme sind viel größer.

Und das gehen wir jetzt an: Die Zahlungen an Frauchen sind gestoppt (sie ist ziemlich heftig im Minus bei meinem Kumpel), die Anwältin bestellt, die Abteilungsleiterin Raumpflege (vulgo: Putzfrau) hat gestern mal kräftig in seiner Wohnung die Räume gepflegt, Verlobte wird Frauchen hoffentlich dazu bewegen, nachzugeben, weil sonst der gute Herr Richter dann doch das Ganze nochmal wird durchkauen müssen, und abgesehen davon lassen wir es uns sonst gut gehen, joggen viel, gehen zur Massage, reden, und ich bin froh, dass ich meinen Freund nicht verloren habe. Der Plan: Die Sache über die Bühne zu bringen, so schnell es geht.

Viele Grüße,


Ariel
 

mad

on the run....
Obwohl ich eine Vollblutmama bin, und es für mich nie in Frage käme, ein Kind alleine zu lassen oder mein Vergnügen vor dem der Kinder zu stellen, möchte ich doch deutlich machen, daß es große Unterschiede in der Erziehung oder das Verhalten der Frau in Israel zu Deutschland gibt.ICH bin hier die Unnormale, denn Frauen müssen meist ab dem 3. Lebensmonat wieder voll arbeiten gehen, Kinderhort ist hier was ganz normales, Kinder werden auch sehr oft bei Großeltern untergebracht, weil die Eltern in Urlaub fahren oder etwas für sich tun wollen und Ausgehen ist hier auch was völlig normales auch für Frauen.Oft höre ich schon vor der Geburt der Kinder "Stillen werde ich nicht, dann bin ich ja ans Kind gebunden und kann nichts alleine machen".MIR gefallen solche Aussagen nicht, aber das ist die Mentalität, und wie man hier aufwächst.
Wollte ich nur mal anmerken, weil ich immer ganz vorsichtig werde, wenn MANN die Aussage macht, die Frau sei eine schlechte Mutter.Mußte ich mir nämlich auch vor dem Familiengericht anhören, und, daß ein Kindermädchen besser für die Kinder sorgen würde als ich........ :wow

Also nix gegen Deinen Freund oder DEene Einschätzung der Lage aber das Leben der deutschen und israelischen Frau ist ein himmelweiter Unterschied!
 

hitnak

Namhaftes Mitglied
Hallo,

@Timmain: Y will vor allem, dass sein Bruder nicht bei seiner Mutter lebt. Er will, dass sein Bruder zu seinem Vater kommt. Er will ihm nahe sein können, denn das kann er nicht, wenn B bei seiner Mutter ist. Und ja, letzten Endes will er für seinen Bruder das, was er im Laufe der vergangenen Monate zu bekommen haben glaubt: Liebe, Zuwendung - nur das nicht erst mit 16, sondern jetzt schon. Abgesehen davon könnte er seinen Bruder so oft sehen, wie er mag, weil mein Freund im gleichen Haus wohnt wie wir.

Aber letzten Endes hängt das alles von meinem Freund ab - dass es dem nicht gut geht, hat Y mittlerweile gemerkt, und wir haben ihm erklärt warum.

Viele Grüße,

Ariel
 
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