Hallo,
meiner Ansicht nach ist das Hauptproblem, dass wir zur Zeit, wenn wir über dieses Thema sprechen, mit einer Elterngeneration konfrontiert sind, die selbst bereits im Kindesalter aufgegeben worden ist, während gleichzeitig nicht nur in Deutschland, sondern auch bei uns, die Sozialsysteme so gestaltet worden sind, dass sie möglichst wenig Eigenverantwortung von den Bedürftigen fordern, und zudem, was ebenfalls ein wichtiger Faktor ist, das Aufkommen des Privatfernsehens samt seiner vielen HelpTV-Format Anspruchs- und Erwartungshaltungen an Hilfsangebote aller Art geformt hat.
Will heißen: Die heutigen jungen Eltern, von denen wir hier sprechen (und um Himmels willen nicht von allen), wurden in ihrer Kindheit abgeschrieben. Sie haben nie gelernt, sich richtig auszudrücken, sie haben nie echte Träume entwickeln können - ihr Leben wurde damals, vor um die zehn Jahren, bereits auf Verliererkurs gerückt. Warum? Das Ende der 90er war in Europa eine Zeit des politischen Wandels: Die Arbeitslosigkeit war hoch, und die Wirtschaft verschickte Jobs nach dahin wo die Leute für fast lau arbeiten. In vielen Teilen Europas, und auch bei uns hier, sah man die Antwort darin, den Niedriglohnbereich auszubauen und zu stärken, und gleichzeitig die Sozialsysteme zu reformieren - man hoffte darauf, dass Hartz IV und die Äquivalente anderswo die Leute eigenverantwortlicher machen würden.
Doch heute wissen wir, dass dabei ein fataler Fehler gemacht worden ist: Der Sektor "BIldung" wurde bei den Reformen vergessen - die Hauptschule, die ohnehin bereits nur für die Schmuddelkinder gewesen war, wurde endgültig und offiziell zum Warteraum bis zum ersten Termin bei der Arge. Denn Hartz IV und Niedriglohn entsandten ein fatales Signal an diese Menschen und die weitere Öffentlichkeit: Warum soll man sich bei denen die Mühe, denen etwas beizubringen - sie werden doch eh' nur als Putze und Kassiererin gebraucht.
Kurz: Das System hat Menschen aussortiert, und das macht sich bei diesen Menschen heute bemerkbar. Empfänger von Transferleistungen sind beispielsweise kränker, als der Rest der Bevölkerung, und das nicht, weil sie so viel saufen, sondern weil sie demprimierter sind, weil sie sich und ihre Kinder schlechter ernähren, und das eine hat mit dem anderen zu tun - die Erwachsenen haben sich aufgegeben, weil sie deprimiert und ohne Hoffnung auf ein besseres Leben sind, und ihre Kinder nehmen das mit in ihr eigenes Leben.
Wenn man diese Leute fragt, warum sie überhaupt Kinder bekommen haben, dann erntet man oft ein müdes Achselzucken. Es ist halt passiert.
Das Schlimmste aber ist: Diese Leute haben sich daran gewöhnt, dass sie bei allem an die Hand genommen werden, während sie gelernt haben, dass das Leben im öffentlichen Dienst durchaus angenehm ist, jedenfalls scheinbar, und sie haben gelernt, wie man den Weg des geringsten Widerstandes findes, und das sorgt wiederum für die oben angesprochenen Erwartungs- und Forderungshaltungen, wenn es Probleme mit den Kindern gibt. Die Leute gehen davon aus, dass der Staat auch für die Erziehung ihrer Kinder da ist, und sie fordern deshalb ein, dass der Staat ihre Probleme löst - und wie das passieren soll, wissen sie auch: Sie haben es im Fernsehen gesehen, dass oft die einzige Informationsquelle darstellt. Die diese Leute zudem nicht vollends verstehen, weil sie die Bildung nicht dafür haben, zu erfassen, dass viele der Sendungen, die RTL und Sat1 am Nachmittag verbreiten, auf echt getrimmte Erfindungen sind.