Vielleicht hilt dir das weiter:
Betreuungsunterhalt für ledige Mütter
Das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 30.7.1996 (43 s 1533/96): Die Mutter eines nichtehelichen Kindes wird zur Berufstätigkeit verpflichtet, damit der Vater ihres Kindes ihr keinen Betreuungsunterhalt zu zahlen braucht! Nicht nur das: Auch wird von ihr erwartet, ihren Wohnsitz in die Nähe der Arbeitsstelle zu verlegen, da die Fahrtzeiten von ihrem jetzigen Wohnort den Rahmen einer Halbtagstätigkeit sprengen würden.
Vor der Begründung der Richter für diese Entscheidung zunächst ein Blick auf die Rechtslage: Seit dem 1.10.1995 hat eine ledige Mutter laut §1615 l BGB einen Unterhaltsanspruch von bis zu drei Jahren gegenüber dem Vater ihres Kindes, "soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann." In der alten Fassung bestand dieser Anspruch nur, "wenn die Mutter nicht oder nur beschränkt erwerbstätig ist, weil das Kind anderenfalls nicht versorgt werden könnte." Die durch den Gesetzgeber bewußt erzielte Loskoppelung des Unterhaltsanspruches von der (Fremd-)Betreuungssituation des Kindes wird durch die Würzburger Richter für ihre Urteilsbegründung wieder zusammengeführt: "Vielmehr ist ein solcher Unterhaltsanspruch nur dann gegeben, wenn die Mutter mangels anderer Möglichkeiten das Kind persönlich betreuen muß und eine anderweitige Versorgungsmöglichkeit für das Kind unzumutbar erscheint." Damit fällt das Urteil hinter die Gesetzgebung zurück, die Urteilsbegründung hat fast den genauen Wortlaut der alten Fassung des § 1615 l BGB.
Die zentrale Frage in diesem Zusammenhang lautet: Was kann von einer Mutter in puncto Erwerbstätigkeit 'erwartet' werden? Hier scheiden sich die Geister in Richtung einer Zweiklassengesellschaft der Mütter: während die geschiedenen Mütter geschont werden (eine Erwerbstätigkeit kann nicht erwartet werden, solange das Kind noch nicht 8 Jahre alt ist), wird von einer ledigen Mutter mit einem Kind unter drei Jahren Erwerbstätigkeit erwartet. Die vom Gesetzgeber in Einklang mit den Rechtstatsachen geforderte und in jedem der aktuellen Gesetzentwürfe zumindest als Ziel formulierte Gleichbehandlung ehelicher und nichtehelicher Kinder ist im Urteil der Würzburger Richter nicht zu finden: ledige Mütter sollen keine Möglichkeit haben, sich "für die Versorgung des Kindes und gegen die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit (zu) entscheiden." (Die grundsätzliche Problematik des Erziehungsurlaubs für die Erwerbsbiographie sei hier angesichts der Frage einer Wahlmöglichkeit einmal dahingestellt.)
Interessant ist auch die Berechnung der Höhe des Unterhaltsanspruchs und was vielerorts daraus gemacht wird: Voraussetzung ist die Bedürftigkeit der Mutter, Vermögen, Einkünfte aus Kapital, Vermietung etc. müssen eingesetzt werden. Weiter muß der Unterhaltspflichtige leistungsfähig sein, der Kindesunterhalt geht vor und der Selbstbehalt darf nicht unterschritten werden. Drittens spielt die Lebensstellung der Mutter eine Rolle für die Höhe ihres Unterhaltsanspruches: als Anhaltspunkt dient das vorherige Erwerbseinkommen. Die Orientierung an der Lebenstellung der Mutter, gesetzlich verankert in § 1610 BGB, wird gerne unzulässigerweise minimiert auf Sozialhilfeniveau: ledige Mütter = Sozialhilfeempfängerinnen. Der Blick auf den Bedarf unterhaltsberechtigter Ehegatten (hier nach den Unterhaltsrichtlinien des OLG Köln) straft die Gleichbehandlungsapostel Lügen: In den meisten Fällen liegt selbst der notwendige Bedarf nicht erwerbstätiger Unterhaltsberechtigter in Höhe von 1.300,- DM um einiges über dem sozialhilferechtlichen Bedarf. Das Erziehungsgeld darf auf den Unterhaltsanspruch nicht als Einkommen angerechnet werden. Wird Sozialhilfe bezogen, geht der Unterhaltsanspruch der Mutter auf das Sozialamt über, welches dann Rückforderung an den Unterhaltspflichtigen stellen kann. Durch eine Änderung des § 91 BSHG können die Sozialämter seit August 1996 den auf sie übergegangenen Anspruch auf die Mutter rückübertragen, damit sie ihren Anspruch gerichtlich geltend machen kann. Wichtig ist, daß die Rückübertragung im Einvernehmen geschehen muß, d. h. das Sozialamt darf hier keinen Zwang ausüben. Außerdem müssen die entstehenden Anwalts- und Gerichtskosten vom Sozialamt übernommen werden und: solange kein Betreuungsunterhalt eingeht, muß Sozialhilfe gewährt werden.
aus:
Verband alleinerziehender Mütter und Väter