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Reproduktionsmedizin - 5.5.3 Reaktionen des famili?ren und sozialen Umfeldes

5.5.3 Reaktionen des familiären und sozialen Umfeldes

 

Vom familiären Umfeld erfuhr der überwiegende Anteil der Paare Verständnis, Anteilnahme und emotionale Unterstützung (I.1-5/8/9w-11w/12/13/15w). Einige Paare stellten fest, dass sich jüngere Familienmitglieder (in der gleichen Generation wie die Paare) verständnisvoller verhielten als ältere Verwandte. Einige beschrieben die Reaktionen der eigenen Eltern als unsensibel oder unachtsam. Den Grund dafür sahen sie in der Generation der Eltern und dem damit einhergehenden mangelnden Wissen und Verständnis bezüglich der reproduktionsmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten und -abläufe (I.1w/4-6). Bei vier Paaren nahmen die Familienmitglieder zwar z. T. wenig Anteil, akzeptierten oder tolerierten aber die Entscheidungen der Paare für die Kinderwunschbehandlung (I.7m/12m/13w/14w2). Jene Eltern der Paare, die katholischen Glaubens waren, reagierten zurückhaltend, weil für sie die Zeugung von Nachwuchs von einer intimen, privaten zu einer medizinischen, nüchternen und sachlichen Angelegenheit wurde. Dies sei mit deren katholischem Weltbild nicht vereinbar gewesen (I.7m/13m). Einige InterviewpartnerInnen erfuhren wenig anteilnehmende Reaktionen, die sie darauf zurückführten, dass Themen wie Fortpflanzung und Sexualität im familiären Umfeld generell nicht thematisiert werde (I.6w/7m/8/12m/13w). Zwei Befragte berichteten, dass die Eltern ihrer Ehemänner deren eingeschränkte Zeugungsfähigkeit nur schwer akzeptieren konnten und dazu neigten, sowohl die Fertilitätsstörung als auch die Art der Familiengründung zu ignorieren (I.9m/11m). Einige Paare erfuhren ängstliche Reaktionen aus dem familiären Umfeld, weil die Familienmitglieder Bedenken hinsichtlich der gesundheitlichen Risiken oder Folgeschäden der Behandlung hegten (I.4/7w). Eine Interviewpartnerin wurde von ihrer Mutter und Schwester sogar zum Abbruch der Behandlung gedrängt. Laut der Befragten läge dies daran, dass in der medialen Berichterstattung ihres Herkunftslandes (Russland) besonders die negativen Aspekte der Unfruchtbarkeitsbehandlung betont werden (I.6w).

Die Familie des Befragten, dessen Kinderwunsch durch eine DI erfüllt wurde, reagierte skeptisch auf die anonyme Samenspende. Die Meinung der Familie habe jedoch keinen Einfluss auf seine Entscheidungen gehabt (I.15m). Bei einer gleichgeschlechtlichen Interviewpartnerin brach der Großvater den Kontakt zum Paar ab, als er von der privaten Samenspende erfuhr. Das Verhältnis besserte sich nach der Geburt des ersten Kindes. Dies führte die Befragte darauf zurück, dass es sich um einen Jungen bzw. den ersten Enkel des Großvaters handele, den er sich wünschte. Dadurch sei für ihn die Art der Zeugung in den Hintergrund gerückt (I.14w1).

Das soziale Umfeld der Paare reagierte nicht nur überwiegend verständnisvoll, sondern motivierte diese auch, ihre Pläne zu verfolgen. Die meisten Paare betonten, dass nahestehende FreundInnen (I.1/4-6/10/13/15), die ebenfalls ungewollt kinderlos oder in Kinderwunschbehandlung waren (I.1/2/7/9/10-15), mehr Verständnis und Einfühlungsvermögen zeigten. Zwei Paare machten diesbezüglich jedoch konträre Erfahrungen: So reagierten jene befreundeten Paare, die ebenfalls in reproduktionsmedizinischer Behandlung waren, sich aber ihrerseits für eine Tabuisierung gegenüber ihrem Umfeld entschieden, mit Unverständnis auf die Offenheit der Paare (I.6/13). Eine Interviewpartnerin berichtete, dass eines dieser Paare sogar den Kontakt abbrach (I.13). Ein Paar erzählte, dass einige FreundInnen durch ständiges Nachfragen Druck bezüglich des Behandlungsverlaufes und -erfolges aufbauten (I.12). Eine Interviewpartnerin berichtete, dass einige FreundInnen wenig Verständnis für den unerfüllten Kinderwunsch aufbrachten. Dies hätten sie damit begründeten, dass es kein universelles Recht auf Kinder gebe (I.10).