Hallo zusammen,
natürlich sollen die Kinder möglichst das machen, was sie können und gerne tun.
Und wenn sie denn Frisör werden wollen, bitte schön.
Allerdings sollten Sie dann auch zufrieden sein mit ihrer Wahl - ich kenne zig Frisöre, die damit hadern, wie wenig sie doch verdienen, wie anstrengend ihr Job ist durch das viele Stehen etc. etc. @Mormor: Hast du DAS deiner Tochter auch mal gesagt?
Will sagen: Viele dieser Jobs, für die man dann eben kein Abi benötigt, bringen doch so einige Nachteile und infolgedessen auch große Unzufriedenheit mit sich.
Meine Tochter wird - sollte es nicht irgendwo noch eine reiche Erbtante geben, von der wir nicht wissen - vermutlich nicht so gut situiert sein, dass das ihren Lebensunterhalt sichert und sie später ganz nach ihrem Gusto werkeln kann, womöglich in brotlosen Künsten.
Ich wünsche mir für sie, dass sie stets ihre Kühlschrankfüllung vom eigenen Geld bezahlen und sich von sozialen Institutionen unabhängig halten kann. Ein absolviertes Studium ist zwar heutzutage kein unbedingter Garant mehr dafür, dennoch haben Menschen mit akademischem Abschluss nachweislich noch immer eine größere Chance auf eine gute Beschäftigung, die sie in allen Belangen (also sowohl monetär als auch geistig) zufriedenstellt.
Sollte sie diesen Weg dann nicht schaffen, okay, dann sollte es nicht so sein. Aber da ich denke, dass Kinder selbst mit 16/18 noch nicht die Tragweite ihrer beruflichen Entscheidungen in Gänze absehen können, sehe ich mich auf der anderen Seite in der Verantwortung, ihr den Weg so gut es eben geht zu ebnen. Und das fängt m. E. mit dem Schulabschluss an.
Es ist keine neue Erkenntnis, dass es schwierig ist, als Realschulabsolvent aufs Gymnasium zu wechseln und dort zu bestehen. Unbestritten ist ebenfalls, dass das Abi über den 2. Bildungsweg weit anstrengender zu erlangen ist als auf dem direkten. Da verhält es sich ähnlich wie mit berufsbegleitenden Studien. Man muss sich nochmal mächtig auf den Hosenboden setzen und sehr diszipliniert sein. Sind erst mal Familie und eigener Hausstand da, wird es noch schwieriger.
Deutschland ist immer noch DAS Land der Titeltümelei - d. h. hast du einen akademischen Abschluss, stehen dir bei deiner beruflichen Entwicklung Tür und Tor offen. Hast du ihn nicht, stößt du schnell an deine Grenzen.
Meine Einstellung ist hier sicherlich geprägt durch meine eigenen Erfahrungen - und es gibt sicherlich (und Gott sei Dank) immer noch ein paar (wenige) Gegenbeispiele. Ich habe nach dem Abi "nur" eine Ausbildung gemacht - nach 20 Jahren Berufstätigkeit fühlte ich mich einfach total leer, fragte mich, ob das tatsächlich alles gewesen sein soll. In meinem Berufsbild hatte ich alles erreicht, galt sogar als Gutverdiener. Ich wollte mich dann weiterentwickeln, inhaltlich etwas anderes machen, denn ich hatte ja noch schlappe 3 Jahrzehnte Arbeit vor mir. Sämtliche Wege, die ich gehen wollte, waren mit dicken Vorhängeschlössern verriegelt, die wirklich leicht nur mit dem akademischen Schlüssel hätten geöffnet werden können. Langsam komme ich jetzt zwar weiter, aber JEDER Schritt ist weit härter erarbeitet, als wenn da ein Studienabschluss gewesen wäre.
Ich möchte, dass es mein Kind mal einfacher hat - ja, ich projiziere - ist das schlimm? Wenn meine Tochter sich denn später für einen anderen Werdegang entscheidet, ist das ihr gutes Recht und ich werde das auch akzeptieren. Den Vorwurf, den ich aber gegenüber meinen Eltern in mir trage (dass sie mir damals - als ich es allein noch nicht überblickt habe - nicht die Augen geöffnet haben), möchte ich mir von ihr nicht machen lassen.
Gruß
kikra