Das ist das einzige Buch, was vom Inhalt her einigermaßen passt. Ich kenne es selbst aber nicht.
Gruß Ute
Vorwehen
von Marit Borcherding
Was für eine Freude! Der Schwangerschaftstest ist positiv - die Familie bekommt den ersehnten Zuwachs und unsere Erstgeborene wird endlich große Schwester. Wir sind also auf dem besten Weg zur Bilderbuchfamilie - Mutter, Vater, zwei Kinder. Was die neun Monate Schwangerschaft mit sich bringen, habe ich noch recht gut im Gedächtnis. Läuft es nun weiter wie gehabt und damit fast "wie von selbst"?
Natürlich gibt es diverse Déjà-vu-Erlebnisse: die emotionalen und körperlichen Achterbahnfahrten der ersten Wochen, die Glückseligkeit und das Gefühl überbordender Stärke im mittleren Abschnitt, die lästige Behäbigkeit auf der Zielgeraden.
Aber vieles ist auch ganz anders als beim ersten Mal: Neben all dem Schönen kenne ich die Herausforderungen sehr genau, die das Leben mit einem Kleinstkind mit sich bringt. Ich denke nicht mehr blauäugig, dass unser Kind mit der richtigen Portion Zuneigung schon durchschläft, nicht grundlos schreit, anpassungsfähig ist... Einerseits weiß ich, wissen wir also, wie sich durchwachte Nächte anfühlen. Wir können uns darauf einstellen. Andererseits zweifle ich manchmal daran, ob ich die nötige Kraft aufbringen werde, alle Ansprüche unter einen Hut zu bringen, ohne selbst einen zu hohen Preis zu bezahlen. Denn schließlich ist da jetzt auch unsere quirlige, an ein Beschäftigungs- und Unterhaltungsprogramm gewöhnte Vierjährige, von der man kaum allzu große Rücksicht auf die neue Situation verlangen kann.
Und wenn ich mir unsere "Große" mit ihrem von Anfang an eigenwilligen Charakter so ansehe, dann frage ich mich: Wie wird denn wohl das "neue" Kind? Komme ich überhaupt mit ihm zurecht? Wird es vom Temperament das genaue Gegenteil der großen Schwester oder ist es eher eine verschärfte Ausgabe? Und im Hinterkopf fragt manchmal auch eine verschämte Stimme: Wird mir am Ende eines der Kinder lieber sein als das andere, weil es mir mehr liegt? Oder ist etwa all meine Liebe schon aufgebraucht für die Große und für das Kleine bleibt gar nichts mehr übrig - eine schreckliche Vorstellung!
Ein anderer, nicht unwesentlicher Aspekt, der mich beschäftigt: Kann man Zuneigung zwischen Geschwistern wirklich fördern und unterstützen? Oder muss man es hinnehmen, wenn sich keine liebevolle Verbindung unter den Kindern entwickelt, obwohl man die entsprechenden Tipps in den Ratgebern beherzigt hat?
Und nicht zu vergessen - die Erwachsenenperspektive: Schaffe ich es wirklich, auch mit zwei Kindern, Beruf und Familie zu vereinbaren, wo es schon mit einem nicht immer ganz leicht gefallen ist? Wie passt das Neugeborene in die innerfamiliäre Balance, wie entwickelt sich die Rollenverteilung, das Partnerschaftsverhältnis? Da liegt also einiges an Gestaltungsaufgaben vor uns. Und dass man Familie gestalten muss, dass sich nichts "von selbst" entwickelt, wenn wirklich alle zufrieden sein sollen, ist eine der wichtigsten Erfahrungen aus der Zeit nach der Geburt unseres ersten Kindes. Noch ungefähr einen Monat, dann können wir wieder damit anfangen - und wir freuen uns darauf!
