Wie das weiterging? Auwei... das ist eine längere Geschichte. Ich sagte ja schon: wir sind da wieder weggezogen!
Zunächst mal muss man dazu wissen, dass das die feinste Wohngegend von Heidelberg war (Panoramastraße, für die HD-Kenner). Lauter feine Leute. Sogar sehr feine Leute - wobei jetzt der Begriff "fein" als Synonym von "wohlhabend" zu verstehen ist. Nicht im Sinne von guter Erziehung, feinen Manieren oder Menschlichkeit.
Der liebe Herr Oberstaatsanwalt brachte mit sanftem Druck das Ordnungsamt auf seine Seite. In der Nachbarschaft sammelte er allen Ernstes Unterschriften, um die für Leib und Leben der dort wohnenden Kinder bestehenden Gefahren zu bekämpfen. Er recherchierte über uns und unsere Hunde bzw. die Rasse im Internet und bombardierte das Amt mit Halb- und Unwahrheiten.
Unserere Vermieter - sehr feine Leute übrigens - scherten sich nicht drum. Die hatten zwar eine Wohnung im Haus, verbrachten ihr Leben aber in ihrem Zweithaus im Odenwald. Ein paar Jahre zuvor hatten sie es abgelehnt, dem Herrn Oberstaatsanwalt ihren Garten zu verkaufen, damit der sein Grundstück vergrössern könne. Eine langjährige Fehde war damit begründet. Darüber hinaus hatten sie es gewagt, einen Mieter abzulehnen, den der nette Herr Oberstaatsanwalt ihnen geschickt hatte - und dann stattdessen die Wohnung an uns vermietet, zusammen mit unseren blutrünstigen Kinderfressern.
Unsere Vermieter, die unsere Hunderasse als wachsam, aber ruhig, friedlich und kinderlieb kannten und uns deswegen auch als Mieter gerne akzeptiert hatten, fielen uns in den Rücken, als sich der erste Streit anbahnte und es um die Beteiligung an den Kosten eines neuen Zauns ging.
Mit einem der fünf unmittelbar angrenzenden Nachbarn verstanden wir uns ganz gut - der einzige, der einen (bissigen!) Jagdhund hielt. Der Hund hatte schon mal einen anderen Hund zerlegt, weil er auf dem Spaziergang ausgebüxt war. Mit denen sassen wir zusammen und haben die Probleme besprochen, die "wir Hundehalter" mit den hundefeindlichen Nachbarn hatten. Später haben wir rausgefunden, dass diese feinen Menschen auch zu der Feindessippe gehörten - in der Verwaltungsakte wurden sie als Teilnehmer einer Besprechung mit aufgeführt. Kann ich natürlich verstehen, dass sie es nicht für zwingend nötig gehalten haben, uns das mitzuteilen. So eine Lappalie hätte uns doch nur gelangweilt.
Nach ein paar Schreiben, Besuchen und Telefonaten haben wir einen Sichtschutzzaun rings ums Grundstück gezogen. Der gefiel dem feinen Oberstaatsanwalt gar nicht: man hat ja nichts mehr gesehen! Und ausbruchssicher war er auch nicht, mit brachialer Gewalt hätten unsere Bestien sich da bestimmt durchbeissen können. Oder gleich drüber springen - artistisch begabt, wie sie ja nun mal waren... Dem lieben Jäger auf der anderen Seite hat der Zaun auch nicht gefallen. Er hatte zwar im oberen Teil genau den gleichen, aber im unteren Teil hat ihm der Blick auf die Tuja-Hecke (auf unserer Seite der Grenze) besser gefallen. Wir sollten also doch bitte die Matten diesseits der Hecke neu aufstellen, ja?
Dann kam es zu einem grossen Gipfeltreffen. Es marschierten auf der Sachbearbeiter und sein Kollege sowie der Amtsleiter, dazu der Chef-Veterinär der Stadt. Wir hatten Besuch von unserer Nichte (damals 5 oder so), die zwischen den frei laufenden Hunden herumspazierte. Auf dem Nachbargrundstück rottete sich der Feind zusammen. Einer der Nachbarn hatte eigens eine Kinder-Fete organisiert - die Kinder mussten alle möglichst viel Krach machen, um die Mordlust unserer Hunde anzustacheln. Der Veterinär prüfte mit einem Chiplesegerät allen Ernstes, ob es auch wirklich die Monster waren und wir sich nicht gegen harmlose Exemplare ausgetauscht hatten. Erstaunlich, dass er keine Blutprobe nahm, um Valium oder Baldrian nachzuweisen, denn die Hunde blieben trotz des Krawalls der Kinder und der Horde fremder Menschen auf unserem Grundstück völlig friedlich.
Nach eingehender Untersuchung des Sichtschutz-Zauns und Begutachtung der Reaktion der Tiere begab sich die Kommission auf das Nachbargelände. Da fingen unsere Hunde immer noch nicht an, Menschen anzufallen - sie benahmen sich, unangeleint, ohne Maulkorb und ohne von uns Kommandos zu bekommen, völlig unauffällig. Der von den feinen Leuten erhoffte Angriff blieb aus.
Aber was macht das schon, wenn man Oberstaatsanwalt ist und gute Beziehungen hat?
Wir bekamen eine Verfügung um die Ohren geknallt, dass wir bei Androhung eines nicht unerheblichen Ordnungsgeldes unsere Hunde nicht mehr in unseren Garten lassen durften, weil ja zumindest theoretisch nicht ausgeschlossen werden könne, dass von ihnen eine Gefahr ausgehe - und angesichts der Schwere der möglicherweise eintretenden Schäden (zerfleischte Kinder!!) sei die Massnahme ja auch angemessen und vertretbar. Das könne abgewendet werden durch die Errichtung eines stabilen Käfigs (Höhe, Abstand der Pfosten usw. war genau vorgeschrieben - man hätte darin einen ausgewachsenen Tiger halten können). Dass der nunmal leider nachbarrechtlich nicht zulässig sei, könne ja nicht das Problem des Ordnungsamtes sein. Im übrigen müsse der Zaun ja nicht auf der Grenze stehen - bei ausreichendem Grenzabstand wäre sogar so ein Zaun zulässig. In dem so entstehenden Grenzstreifen könnten dann Wachmannschaften patrouillieren, um Ausbruchsversuche zu entdecken und zu vereiteln.
So oder so ähnlich lautete der Bescheid. Natürlich wurde die sofortige Vollziehung angeordnet, so dass eine aufschiebende Wirkung durch unseren Widerspruch erstmal nicht eintrat.
Von da ab wäre es für uns erheblich billiger gewesen, die Hund irgendwo in der Stadt unter Verstoss gegen die Leinenpflicht frei laufen zu lassen - als in unserem eigenen Garten.
Die Zeit von diesem Bescheid bis zu unserem Auszug war auch nicht lustiger als die davor. Der feine Nachbar mit dem Hund wachte mit Argusaugen darüber, dass wir abends unsere Hunde nicht mehr in unseren Garten liessen, und drohte bei jedem Verstoss laustark gröhlend an, die Polizei zu rufen. Wegen des Sichtschutzzauns, der die nachbarrechtliche zulässige Höhe auch schon überschritt, begann er ein Klageverfahren (gegen uns und unsere Vermieter), das wegen unseres Auszugs nicht mehr durchgeführt wurde. Auch über unseren Widerspruch wurde in der Sache nicht mehr entschieden, weil das Rechtsschutzbedürfnis weggefallen war.
Wir ergriffen die erstbeste Gelegenheit beim Schopf, wieder zurück aufs Land zu ziehen, und schworen uns, nie wieder in eine feine Gegend zu ziehen.