Grüß dich Isis,
das ist nicht einfach zu beantworten. Die erste Frage, die sich stellt, wohin soll ein Test führen? Wozu ist man hinterher - wenn eine Hochbegabung vorliegen sollte - bereit? Und eigentlich als aller erstes: Was für ein Kind ist das Kind? Eher still, in sich ruhend, zurückgezogen? Oder impulsiv, kasperhaft? Eine Hochbegabung kann toll sein, aber auch zu einer Belastung werden - zumindest erst einmal... Die Umwelt reagiert mit Ablehnung, die Mitschüler, die Freunde, die Nachbarn, Eltern aus der Klasse und auch die Lehrer, weil sie meist nicht geschult sind oder "Elitenförderung" skeptisch ggü. stehen. Es entsteht einfach auch eine gewisse Erwartungshaltung dem Kind ggü. Auch als Mutter und auch, wenn man das eigentlich gar nicht will. Man schaut doch noch mal genauer hin, was macht er/sie jetzt wieder anders, besser oder auch schlechter und dann: warum kann er das oder das nicht... Manche behaupten, dass die seelische Reife dem Intellekt hinterher hängt (der Meinung bin ich nicht) und lehnen daher z. B. ein Überspringen einer Klasse ab. Und da kommen wir zum nächsten Thema: Die Schule. Oberflächlich wollen sie alle gerne Hochbegabtenförderung betreiben, sollte das Kind tatsächlich auch ein ausgeprägtes Talent haben, kann auch gezielt Förderung betrieben werden. Aber wenn nicht und u.U. noch eine Leistungsverweigerung hinzukommt, kann das Engagement ziemlich gegen Null laufen.
Ich habe meinen Sohn mit sechs Jahren testen lassen, weil die Klassenlehrerin vermutete, dass er hochintelligent sei. Nach massiven Einsatz bei der überlasteten Schulpsychologin, fand dann auch "zeitnah" ein Test statt (Hamburg-Wechsler Intelligenztest für Kinder(HAWIK-R) und danach war zu überlegen, ob er die Klasse überspringt. Wir entschlossen uns dafür. Mein Sohn wurde in der Klasse schlecht aufgenommen - vor allem die Jungen brauchten lange, ihn anzunehmen. "Sitzenbleiber" kannten sie, aber von unten hoch??? Neeeee.
Ich habe eine 5-jahres Odyssee hinter mir - jetzt ist alles im Lot, aber keine Spur von super Zeugnissen oder ähnlichem. Mein Sohn hat sich den unausgesprochenen Anforderungen immer verweigert und hat diese Haltung immer noch nicht aufgegeben. Wie andere Kinder auch tut er nur das Nötigste und wenn es dicke kommt, ja, dann setzt er sich mal hin ...übt ein wenig, schreibt 'ne eins und ruht sich wieder aus. Mittlerweile ist er auf einem Internat und dafür habe ich über ein Jahr gekämpft, denn mein Sohn war "unbeschulbar". Ein hochintelligenter Leistungsverweigerer eben.
Ich kann Dir nur raten, früh genug den Kommunalen Sozialdienst (KSD) als vorgeschaltete Instanz des Jugendamtes mit ins Boot zu holen. Oder wende Dich an die "Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind e. V." (www.dghk.de). Sie bieten fast in jeder Region Elterntreffen an.
Wahrscheinlich würde ich alles wieder genauso machen, denn ich wollte auf jeden Fall vermeiden, dass sich mein Kind in der Schule langweilt. Aber achten solltest Du darauf, dass Dein Kind lernt zu lernen. Am Anfang fällt alles in den Schoss, aber irgendwann stößt auch der Schlauste auf seine Grenzen und dann sollte eine Lernkultur initiiert sein.
Ich hoffe, ich hab' Dich nicht allzu verrückt gemacht... in der Ruhe liegt die Kraft.
Genug der Platituden...
Gruß Valeska