hitnak
Namhaftes Mitglied
Hallo,
und auch ich möchte mich vorstellen: Mein Name ist Ariel; ich bin 35; verlobt; lebe in Jerusalem / Israel, und bin, das erwähne ich, weil es wichtig für meine Familien-Geschichte ist, bin religiöser Jude, der in einer gemischt säkular-religiösen Familie lebt. Denn: Seit ungefähr vier Monaten wohnt in unserer Wohnung der 16jährige Y (Lieblingsgericht: Hamburger oder Pizza mit extra Schweinefleisch) - bitte entschuldigt, dass ich seinen vollen Namen nicht nenne, denn das hat rechtliche Gründe, die auf seiner Vorgeschichte beruhen: Der Junge wurde von seinem mehrmals in Krankenhaus geprügelt; das letzte Mal so schwer, das ihm das Bein brach und die Behörden in Form von Polizei und Jugendamt einschritten, und meine Verlobte und ich mitten in der Nacht zu Pflegeeltern ernannt wurden, zu denen wir uns aber nicht eignen, weil wir uns gegenseitig ans Herz gewachsen sind. Lange Rede, kurzer Sinn: Vor einigen Wochen habe ich den Jungen adoptiert, um ihm das Gefühl zu geben, gewollt zu sein, und nicht nur aufbewahrt; meine Verlobte wird das automatisch mit der Hochzeit tun. Y ist der perfekte Sohn: Er ist lieb, nett, findet schnell Kontakt, und sucht die Nähe zu uns Eltern - und genau das bereitet mir manchmal leichte Sorgen: Er ist nicht wie andere 16jährige. Er will ständig gefallen, wenn man ihn nicht dazu zwingt, seine eigenen Entscheidungen zu treffen. Und seit einigen Tagen, genau genommen, seit ich ihm in aller Deutlichkeit gesagt habe (ich war ziemlich sauer auf ihn), was er uns bedeutet, und das es für uns keinen Unterschied zwischen leiblich und adoptiert gibt, ist er ganz unglaublich körperlich uns gegenüber geworden: Er umarmt bei jeder Gelegenheit, will Zeit mit uns verbringen, gibt gegenüber seinen Freunden mit seinen angeblich so tollen neuen Eltern an - die, also wir, allerdings so was von überhaupt keine Ahnung haben, wie man mit einem 16jährigen umgeht, und noch viel weniger davon, wie man mit einem traumatisierten Jugendlichen umgeht. So fordert er, dass ich ihn rituell beschneiden lasse, weil jüdische Väter das mit ihren Söhnen am achten Tag so tun, und er deshalb seiner Ansicht nicht selbst entscheiden kann, ob's gemacht wird, weil er mit 16 im Normalfall nicht vor dieser Entscheidung stünde, sagt er, nicht ich. Und das beschäftigt mich: Ich weiß nicht, ob eine Beschneidungszeremonie, wie er sie gerne hätte, also mit Verwandten und Freunden, das Richtige für ihn ist. Ich weiß auch nicht, ob seine Zutraulichkeit nicht zu weit geht. Und unsere Psychologin ist dabei keine große Hilfe: Sie findet immer alles toll, was nichts mit Tränen zu tun hat - und davon wurden bei uns in den vergangenen Monaten viele vergossen.
Wie immer auch: Sorry, dass ich Euch mit meiner eigenen privaten, bizzarren Seifen-Oper belästigt habe. Ich hoffe, dass der eine oder die andere den einen oder anderen Tipp parat hat.
Viele Grüße,
Ariel
und auch ich möchte mich vorstellen: Mein Name ist Ariel; ich bin 35; verlobt; lebe in Jerusalem / Israel, und bin, das erwähne ich, weil es wichtig für meine Familien-Geschichte ist, bin religiöser Jude, der in einer gemischt säkular-religiösen Familie lebt. Denn: Seit ungefähr vier Monaten wohnt in unserer Wohnung der 16jährige Y (Lieblingsgericht: Hamburger oder Pizza mit extra Schweinefleisch) - bitte entschuldigt, dass ich seinen vollen Namen nicht nenne, denn das hat rechtliche Gründe, die auf seiner Vorgeschichte beruhen: Der Junge wurde von seinem mehrmals in Krankenhaus geprügelt; das letzte Mal so schwer, das ihm das Bein brach und die Behörden in Form von Polizei und Jugendamt einschritten, und meine Verlobte und ich mitten in der Nacht zu Pflegeeltern ernannt wurden, zu denen wir uns aber nicht eignen, weil wir uns gegenseitig ans Herz gewachsen sind. Lange Rede, kurzer Sinn: Vor einigen Wochen habe ich den Jungen adoptiert, um ihm das Gefühl zu geben, gewollt zu sein, und nicht nur aufbewahrt; meine Verlobte wird das automatisch mit der Hochzeit tun. Y ist der perfekte Sohn: Er ist lieb, nett, findet schnell Kontakt, und sucht die Nähe zu uns Eltern - und genau das bereitet mir manchmal leichte Sorgen: Er ist nicht wie andere 16jährige. Er will ständig gefallen, wenn man ihn nicht dazu zwingt, seine eigenen Entscheidungen zu treffen. Und seit einigen Tagen, genau genommen, seit ich ihm in aller Deutlichkeit gesagt habe (ich war ziemlich sauer auf ihn), was er uns bedeutet, und das es für uns keinen Unterschied zwischen leiblich und adoptiert gibt, ist er ganz unglaublich körperlich uns gegenüber geworden: Er umarmt bei jeder Gelegenheit, will Zeit mit uns verbringen, gibt gegenüber seinen Freunden mit seinen angeblich so tollen neuen Eltern an - die, also wir, allerdings so was von überhaupt keine Ahnung haben, wie man mit einem 16jährigen umgeht, und noch viel weniger davon, wie man mit einem traumatisierten Jugendlichen umgeht. So fordert er, dass ich ihn rituell beschneiden lasse, weil jüdische Väter das mit ihren Söhnen am achten Tag so tun, und er deshalb seiner Ansicht nicht selbst entscheiden kann, ob's gemacht wird, weil er mit 16 im Normalfall nicht vor dieser Entscheidung stünde, sagt er, nicht ich. Und das beschäftigt mich: Ich weiß nicht, ob eine Beschneidungszeremonie, wie er sie gerne hätte, also mit Verwandten und Freunden, das Richtige für ihn ist. Ich weiß auch nicht, ob seine Zutraulichkeit nicht zu weit geht. Und unsere Psychologin ist dabei keine große Hilfe: Sie findet immer alles toll, was nichts mit Tränen zu tun hat - und davon wurden bei uns in den vergangenen Monaten viele vergossen.
Wie immer auch: Sorry, dass ich Euch mit meiner eigenen privaten, bizzarren Seifen-Oper belästigt habe. Ich hoffe, dass der eine oder die andere den einen oder anderen Tipp parat hat.
Viele Grüße,
Ariel