Besserer Umgang mit den Talenten
Die Frage ist, ob die Rechenschwäche eine LERNschwäche oder eine LEHRschwäche ist. Bisher habe ich in den von mir untersuchten Fällen immer nur eine Lehrschwäche vorgefunden.
Als junger Sonderschullehrer hatte ich vor vielen Jahren zuerst eine 2.Klasse L; da muss man ein Jahr lang (= 40 Wochen á 5 Mathestunden = 200 Stunden) im Zahlenraum 1 - 20 rechnen, nachdem man zuvor schon ein Jahr lang von 1 - 6 und zurück rechnen musste. Wer hält sowas aus, ohne nicht mindestens Neurotoker zu werden? Wenn ich die Schulamtsdirektoren Ihres Regierúngsbezirkes in einen großen Saal sperrte und zwänge, 200 Stunden im Zahlenraum 1 - 6 zu rechnen, dann hätten wir doch spätestens nach 100 Stunden den ersten, der aus dem Fenster springen oder einen andern aus dem Fenster werfen will.
Ich Greenhorn schlug also meinen Schülern zu Beginn der 2.Klasse L vor: "Ich zeig Euch AUF MEIN RISIKO, wie man schwere Aufgaben aus der 4.Klasse Grudnschule richtig rechnet; Ihr könnt es." Sonst läuft ja Unterricht zu 100% auf das Risiko der Schüler und Eltern: sie müssen alles aushalten und wenn es nicht klappt auch noch die Folgen bezahlen.
Nach einer halben Stunde - ich hatte einige Aufgaben, immer eine Schwierigkeitsstufe höher - vorgerechnet, addierten meine Schüler bis zu 10 Millionenbeträge richtig. Sie wollten gar nicht aufhören und rechneten noch bis zu 10 Aufgaben mit bis zu 10 Zahlen freiwillig zu Hause - alles richtig. Da kann ich nur noch mühe lächeln, wenn jemand mit "Dyskalkulie" u.ä. kommt. Sie können es einfach nicht LEHREN; bei denen hätte ich auch keine Lust, es zu lernen. Warum sollte mein feines Mathetalent mit jemand zusammenarbeiten, der noch nicht einmal seine Qualitäten erkannt hat? Für Problemlösung also: ein besserer Umgang mit den Talenten. Ich wünsche guten Erfolg.
Franz Josef Neffe