brauche Rat -  Umzug, Unterforderung, Verhaltensänderung, Hochbegabung?

elise

Neues Mitglied
Hallo,

wir sind im Augenblick recht verzweifelt über den Zustand unseres Sohns (9 Jahre alt, 3. Klasse). Wir sind aus Bayern nach Berlin gezogen (im August). Er hat sich nach anfänglichen Unsicherheiten in der Klasse offenbar gut integriert, hat sogar viele Freunde gefunden etc. Das Schulniveau hier ist deutlich niedriger. Zu Anfang hat unser Sohn - zwar mißmutig, dh. keine Lust zu Hausaufgaben etc.- sich Mühe gegeben. Er schrieb eine 1 nach der anderen und war total stolz auf seine Leistungen, selbstbewußt und zufrieden. Als das Zeugnis kam und er lauter 2er hatte, war er ziemlich frustriert. Seither befindet er sich in einer Abwärtsspirale.... er ist eine Art Klassenclown, macht ständig Witze, passt nicht auf... Er findet den Unterricht langweilig, hat keine Lust zur Schule zu gehen, hat Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, je nachdem. Inzwischen ist es so schlimm, dass er sagt er sei der Schlechteste in der Klasse, etc. er sei "halt nicht so gut". Das ist natürlich total absurd. Dummerweise reagiere ich offenbar total kontraproduktiv, weil ich nicht kapiere, wie ich ihm helfen kann. Anstatt ihn also zu loben für seine Bemühungen (die es nicht gibt!), setze ich ihn wohl eher noch unter Druck, weil ich weiß, dass er eigentlich UNTER-fordert ist!!! Mit der Lehrerin haben wir am Freitag ein Gespräch, die scheint das aber gar nicht so zu sehen... sie findet hauptsächlich, dass er stört, etc. Eine Freundin hat mir zu einem Begabungstest geraten, den wir morgen machen wollen. Unser Sohn freut sich auf den Test, er sagt: das sei wenigstens mal was Interessantes. Beim Ausfüllen des Fragebogens des Psychologen stellte ich fest, dass unser Kind eigentlich schon in Bayern Verhaltensauffälligkeiten zeigte, aber ganz anderer Art. Die Lehrerin hat bemerkt, dass er bedächtig vortrüge, altklug klinge, etc. Er verfüge über erstaunliche Kopfrechenleistungen und zeige Interesse an philosophischen Fragen, etc. gleichzeitig sei er sehr sensibel und nicht kritikfähig, da fange er sofort an zu weinen....Der Psychologe sagte mir, dass ihm das alles "sehr bekannt" vorkäme. Offenbar hält er unseren Sohn für besonders begabt. Daher machen wir ja auch morgen den Test. Aber Hochbegabung habe ich mir immer ganz anders vorgestellt. Da müsste er doch viel leistungsfähiger sein, und vor allem erkennen, dass er es KANN und sich nicht ständig für einen Versager halten....

WAS HAT DAS ALLES ZU BEDEUTEN? Sind wir auf dem richtigen Weg? Ich bin heute einfach total am Boden, weil ich die depressive Stimmung meines Kindes, die Verweigerungshaltung, die Hoffnungslosigkeit, die er mir vermittelt, nicht nachvollziehen kann. Wir fühlen uns hilflos und ehrlich gesagt bin ich einfach nur verzweifelt über die Traurigkeit meines Kindes. Das musste ich hier einfach mal aufschreiben, in der Hoffnung, dass jemand mit ähnlichem Problem mir einen Tipp geben kann.


Elise
 

freddilysie

Urlaubsreif
Hallo erstmal,

was Du dort beschreibst ist sehr wohl Hinweise für Hochbegabung und Unterforderung. Irgentwann werden die Kinder zu das was dein Sohn gerade macht. Er passt sich seinem Umfeld an und er sieht in sich einen Versager weil er seinen Umfeld dann näher ist und nicht immer der Herausragende.

Wende dich doch hier in Berlin an die DgHK und die werden dir schon weiterhelfen auch mit Gesprächen und die vermitteln dir auch Fachleute.

Meine ist auch HB und macht den Clown in der Klasse, ist alles pipi und langweilig und hat auch nicht überall 1er. Nur in den Fächern wo die Lehrerin genau weiß was mit ihr los ist, die hat einen WEg gefunden sie zu fordern.
 

Fallada

Aktives Mitglied
Oh mein Gott!
Wie bekannt mir das vorkommt.

Nein, "hochbegabt" ist unsere Tochter(9) nicht.
Aber durchschnittlich gut.

Nur, sie hatte keine Lust mehr auf Schule.

Sie wurde nicht genügend "gefördert" im Sinne von Zuwendung und Lob.
Auch an Kontrolle und Disziplin mangelte es in unserer Schule.

Der ständige Krach in der Klasse führte gar bei vielen Kindern zu Kopfschmerzen (mit 8-9 Jahren!?! :schiel)

Auch wir wohnen in Berlin, auch wir sind sehr unzufrieden mit den hiesigen Grundschulen.
Nie hätte ich gedacht, dass wir schon zu Anfang Probleme mit der Schule bekommen könnten...
Nie!

Ich habe sehr viel Zeit für die Kleine. Lerne ständig mit ihr.
Doch in der Schule wird es nicht honoriert, nicht so, wie sie es als "kleines Kind, " dass sie in meinen Augen halt auch noch ist, bräuchte.

Wir haben -in ermangelung anderer Schulen mit kleinen Klassen-nun an eine Waldorfschule gewechselt.
Auch keine kleinen Klassen aber ein völlig anderes Lernkonzept)

Getern hatte ich ein kurzes Telefonat mit der neuen Lehrerin (man stelle sich vor, wir haben ihre private!! nummer :hae?^^)

Sie war sehr begeistert, meinte, Svenja mache sehr gut mit, bevolge die Regeln, wie kaum ein anderes Kind und sei sehr lernbeflissen (meine Kleine hat ein Problem mit ADHS, sie kann sich schlecht konzentrieren, vergisst sehr schnell sehr vieles und redete in der anderen Schule fast ununterbrochen--und dennoch!)
Alles in allem habe sie den Eindruck, Svenja sei schon immer "hier"gewesen :druecker

Bin ich erst mal froh!*Steinvomherzenfall..
Nach all den Jahren des brütens"Was machen wir bloß?"

Nun dieses erste kutze Feedback.

Dir kann ich nur raten:Warte den Test ab und dann handle, und zwar schnell.

Schau dir die Schule mal genauer an, wie ist die Atmosphäre? Ellebogenmäßig oder herrscht ein netter Umgang innerhalb der Schule? (Pause)

Wie ist die Klassengemeinschaft? Lade Kinder ein. Beobachte sie mal gemeinsam.
Wie angagiert ist die Lehrerin?
Wie geht sie mit dem Jungen um?
Wie ist er integriert?

Ach du, ich kann dich so gut verstehen.

Hat dein Sohn ne eigene Psychologin?

LG Falla
 

elise

Neues Mitglied
Ja, an einen Schulwechsel haben wir auch schon gedacht... allerdings will unser Sohn AUF GAR KEINEN Fall wechseln. Das entspricht auch dem emotionalen Eindruck, den wir haben. Spielsituationen beobachten? Das habe ich auch schon getan. Eigentlich alles ganz unauffällig. Auffällig ist nur, dass unser Kind sich offenbar auch mit den Kindern teilweise langweilt. Er hat einen guten Freund, mit dem klappt es ganz gut. Aber die Kinder sind halt auch deutlich jünger als er. In Bayern wurde er altersgerecht mit 6 (fast 7) eingeschult, hier ist er der Älteste... sind fast alle mit 5 eingeschult worden. Den Test müssen wir abwarten, das stimmt. Und auch das Gespräch mit den Lehrern am Freitag.

Vielleicht ist es ja etwas ganz Anderes...?!

Elise
 

freddilysie

Urlaubsreif
Dann solltet ihr aber ins Auge fassen das er nach der 4. Klasse auf ein Gym wechselt, das er wieder genug gefördert wird. Hier in Berlin kann man auch nach der 4. Klasse wechseln.
 

elise

Neues Mitglied
@freddilysie:

Danke Dir für den Hinweis. Den Verdacht, dass er irgendwie eine Anpassung an die Klasse versucht, hatte ich auch schon. Ich habe manchmal das Gefühl, dass er selbst nicht mehr weiss, wer er ist und was er kann....jedenfalls fühlt er sich fehl am Platz OBWOHL er ein paar nette Jungs in der Klasse kennt. Das schieben wir immer wieder auf den Umzug.... aber eigentlich passt das wieder nicht dazu, dass er die Schule so langweilig findet.

Gruss
Elise
 

Fallada

Aktives Mitglied
Das Schnellläufergym mit NOCH einem Jahr weniger Zeit zur Entwicklung?

hmmmm....halte ich wenig von, kenne allerdings auch eine hochbegabten Kinder...von daher.

'Denke halt nur, selbst wenn er gut ist---sehr gut, ist er dennoch entwicklungstechnisch noch ein Kind.
Ist das wirklich so gut, hast du damit Erfahrungen gemacht?

Falla
 

elise

Neues Mitglied
...tja, meine Befürchtung ist, dass er in eine Abwärtsspirale gerät und den Notendurchschnitt für den Übergang ans Gymnasium dann gar nicht mehr schafft. So demotiviert ist er im Augenblick.
 

freddilysie

Urlaubsreif
Meine Tochter langweilt sich im Moment ganz doll. Sie ist noch in einer Integrationsschule und daher sind auch sehr leistungsschwache Kinder in der Klasse. Sie malt dann oder schreibt oder bastelt, weil sie alles schon fertig hat.

Sie lernt z.B. nie für Englisch, ich kann auch nicht nachfühlen ob sie es kann da ich kein Englisch kann. Aber sie schreibt immer 2er. Sie könnte 1er schreiben aber weil sie so oberflächlich geworden ist und nur die Hälfte liest haut sie grundsätzlich einen Schusselfehler rein.

Meine Tochter besucht die HB Kurse der DgHK und findet da ihren Ausgleich.
 

freddilysie

Urlaubsreif
Original von elise
...tja, meine Befürchtung ist, dass er in eine Abwärtsspirale gerät und den Notendurchschnitt für den Übergang ans Gymnasium dann gar nicht mehr schafft. So demotiviert ist er im Augenblick.

Dann motiviere ihn damit das er dann auf einen anspruchsvolle Schule kommt.

Wo in Berlin wohnt ihr eigentlich???? (Wenn ich fragen darf?)
 

Fallada

Aktives Mitglied
:zwinker:könnte sie ja den schwächeren Schülern helfen!

und Zusatzaufgaben bekommen, wenn die Lehrer ein wenig flexibler wären

Und was das Englisch anbelangt :DNe gute Möglichkeit, es mitzulernen

Svenja lernt jetzt Russisch, der Sprachkurs für Erwachsene liegt bereits auf meinem Tisch^^

Ich hoffe, dass es sie motiviert, wenn sie "den Großen" auch mal was beibringen kann.

Nein! Ich weiß es sogar^^

Gruß Falla
 

elise

Neues Mitglied
ja, die Schusselfehler kenne ich auch. In der letzten Deutscharbeit hat mein Sohn allerdings erstmals echte Verständnisfehler drin gehabt. Es stellte sich heraus, dass er den Teil des Unterrichts einfach nicht mitbekommen hatte (nicht aufgepasst). Das ist natürlich wirklich blöd, aber er kann offenbar nicht anders. Er kann sich einfach nicht sagen: ist egal, zwar alles öde aber ich hab es ja bald hinter mir. Seine Bemühungen halten immer nur kurz an. Die lesen in der Schule beispielsweise gerade ein Kinderbuch, das eigentlich altersgerecht und ganz lustig ist, ein bißchen Mädchenlektüre vielleicht. Sämtliche Fragen zum Text öden ihn an. Stattdessen liest er den "kleinen Hobbit" und fängt gerade den Herrn der Ringe an... allerdings finde ich das noch etwas zu schwer und ich vermute, er wird es nicht auf Anhieb packen. Da ist natürlich ein kleines Familiengeschichtchen öde dagegen. Er "darf" auch das Schul-Lesebuch nicht einfach weiterlesen. Die Lehrerin habe den Kindern verboten, Lesestoff vorwegzunehmen...
 

Fallada

Aktives Mitglied
Herr der Ringe, mit 9?

Hmm, gibt es auch anspruchsvolle Lektüre, die nicht so grausam geschrieben ist.
 

elise

Neues Mitglied
...bestimmt gibt es die. Ich denke auch, er wird das Buch wieder weglegen, da es doch etwas schwer zu lesen ist. Aber er wollte es unbedingt lesen. Es ist nun einmal die Weiterführung vom Hobbit. Ich habe den Herrn der Ringe mit 13 gelesen und fand ihn eigentlich eher kompliziert und nicht so grausam. Allerdings ist das schon eine Weile her ;-)).
 

freddilysie

Urlaubsreif
Ich kann dir nur noch den Tipp geben dich an die Beratungsstelle von der DgHK zu wenden, die können dir echt helfen.

Oder du gehst mal zu einem Elternstammtisch der ist immer am letzten Montag im Monat in Tempelhof.
 

elise

Neues Mitglied
Danke für den Tipp! Vorerst bin ich ja noch etwas skeptisch, ob es sich wirklich um .eine Hochbegabung handelt... ich habe den Eindruck, er ist vielleicht durch Umzug und anderes Bundesland vom Stoff her weiter als die anderen und daher aktuell unterfordert. Der Test mag da helfen, die Dinge richtig einzuschätzen... hoffentlich
 

elise

Neues Mitglied
... wie es weiterging

Hallo! Ich will mal kurz zurückmelden, was passiert ist. Der Test ergab eine teilweise Hochbegabung. Im Ergebnis spielte das aber schließlich gar nicht die entscheidende Rolle, wie der Test genau ausfiel. Entscheidend war, was wir gemacht haben. Wir haben unseren Sohn in die vierte Klasse springen lassen können (2. Halbjahr). Dort fühlt er sich deutlich wohler. Nach wenigen Wochen hatte er das Leistungsniveau bereits wieder erreicht, nach Angaben eines Lehrers teilweise sogar deutlich darüber hinaus. Ich kann nur jedem, der den leisesten Verdacht hat, sein Kind könne in einer Klasse chronisch unterfordert sein, raten, sich umgehend zu bemühen, etwas an diesem Zustand zu ändern. Es war die wohl beste Entscheidung, die wir hätten fällen können. Ein einziger Punkt macht mir etwas Sorge: er fängt schon wieder an, sich zu langweilen. Das kann eigentlich kaum sein, sollte man meinen. Ich glaube aber mittlerweile, es hat weniger mit den Lehrinhalten zu tun, als mit der Art der Wahrnehmung, die manche Kinder haben. Die Aufnahmefähigkeit ist vielleicht größer, schneller, anders. Das macht mir Sorge, er ist mir zu oft unglücklich, unzufrieden, negativ gelangweilt (es gibt ja auch positive Langeweile, man MUSS sich auch mal langweilen können und dürfen, aber nicht dauerhaft und um den Preis der Schwermut...). Wenn er im Herbst aufs Gymnasium kommt, könnte sich das evtl. legen. Mal sehen. Also im Ergebnis war es eine gute Sache a) den Test zu machen b) die Klasse zu überspringen. Aber die c)-Frage, nämlich, wie wird sich das Kind dauerhaft im Schulsystem integrieren und mit seinen Fähigkeiten behaupten können, ist nicht beantwortet.

Gruß Elise
 
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