Was ist schiefgelaufen?

B

buratino

Guest
Nach 12 Jahren Kennen und 8 Jahren Ehe ist es nun wohl aus.
"Krass auseinandergelebt" hätten wir uns, meint meine (Noch-) Ehefrau.
Klar habe ich auch Fehler, ich sage nur Haushalt, aber ich habe auch gute Seiten (oder nicht?), unser Haus habe ich fast allein gebaut. Und dann wahrscheinlich einen Riesenfehler gemacht. Ich habe meinen Schwiegereltern angeboten, bei uns im Haus zu wohnen. Vor 5 Jahren kam dann uns´re kleine dazu, in wahrer Sonnenschein. Sie ist es auch, die mich sozusagen am Leben hält.
- Ich will kein Besuchspapa sein! -
Es ist jetzt alles nichts mehr wert, alle meine Versuche, wieder einen Anfang zu finden, sind in den Wind geschlagen worden. Meine Frau ist in meinen Augen lieber mit ihrer Mutter verheiratet und da kann ich nicht dagegen an.
Nun sind mittlerweile 2 Anwälte auf der Gewinnerseite und ich lebe in ´nem Eispalast, da jegliche Konversation mit mir vermieden wird.
Zum Glück ist die Kleine noch da, doch sie leidet auch sehr unter dieser Situation und versteht die Welt nicht mehr.
Ich befinde mich ständig in einem Wechselbad der Gefühle, mal Wut, mal Trauer, mal Verzweiflung.
Ich weiß nicht weiter. Wer weiß Rat?
 
C

cili

Guest
Ausnahmezustand

Lieber Buratino,

das klingt hart, was du schreibst. Wenn Träume kaputt brechen und nach zwölf Jahren eins und eins nicht mehr zwei ist, ist das hart und tut verdammt weh. Am besten kann ich mich immer in sKind reinversetzen auch wenn ich alles Seiten mittlerweile einmal (gefühlsmäßig nicht real) eingenommen habe

Ich habe zwei Anmerkungen:
1. Auch für dich das für mich genialste Buch zu diesem Thema für alle Seite und Phasen. Du befindest dich gerade im Ausnahmezustand, stehst förmlich unter Schock und muss aber diesen Schock herrunterdrücken, wenn du auf deine Tochter triffst, wei du stärker sein musst. Schwierig, geb ich zu. Aber es müsste mich sehr wundern, wenn du da nicht Anregungen und Trost finden würdest: Helmut Figdor. Scheidungskinder.

2. Meine Erfahrungsagt: Versuche immer regelmäßig Kontakt zu deiner Tochter aufrecht zu erhalten (Anrufe, schreiben, besuchen), weil Kinder es in diesem Alter IMMER als persönliches Versagen erleben ("meine Eltern trenne sich, weil ich nicht lieb genug war, besucht mich mein Vater nicht mehr etc."). Wenn du es schaffst, zu deiner (Ex-)Frau den Kontakt wenigstens so zu gestalten, dass ihr beide zum Wohl des Kindes handeln könnte, super, sonst käpf um den Kontakt.

Mir kommt eine tolle Idee. Schreib doch in ein Buch, als ob du deiner Tochter einen Brief schreiben würdest , wei du sie vermiss, wo du dir Sorgen machst um sie etc. Zum Sortieren der eigenen Gedanken gut und wer weiss, später zum Verstehen für deiner Tochter.

Vergesse nie ihren Geburtstag und versuche zu Ihr so kontakt zu halten, dass du erahnnst, was sie zur Zeit bewegt. Wenn sie spürt, dass sie dich nicht verlieren kann, weil du sie weiterhin begleitest, habt ihr nicht nur eure Liebe gerettet. Egal, ob du irgendwann eine neue Frau (mit Kindern) haben solltest, versuche deine Tochter in ihrem Status als Tochter zu ehren und zu verstehen. Ich glaube, man kann Kindern vieles erklären, wenn sie merken, sie werden in ihren Ängsten gesehen.
Bsp. aus meinem Leben: Die neue Freundin meines Vaters ist, als ich sechs oder sieben war, oben-ohne aus dem Bad gekommen, als ich dort zu Besuch war, dieses Bild hat sich mir als Schock festgebrannt, weil ich mich nicht gesehen fühlte ("Wieso rennt eine fremde Frau vor meinem Vater nackt rum, wenn ich ich hier bin?")

Viel Kraft für dich, lass den Kopf nicht hängen, nicht nur deine Tochter braucht dich jetzt. :maldrueck
 
B

buratino

Guest
RE: Ausnahmezustand

Hallo Cili,

vielen Dank für deinen tröstenden Zuspruch, es hat wirklich gut getan.
Es ist einfach so, daß ich wirklich Angst habe um meine Tochter, daß sie vielleicht einen psychischen Knacks wegbekommt, da sie schon einmal sehr darunter gelitten hat, als ich bereits anfang des Jahres mal für ein Vierteljahr ausgezogen war, um meiner Frau und mir Raum und Zeit zum Nachdenken zu geben. Ich habe sie dann sooft es nur ging zu mir geholt oder sie besucht, und immer wieder hat sie mir dann gesagt, ich solle doch nicht woanders wohnen und wieder nach Hause kommen. Ich habe dann immer zwei Tage gebraucht, um wieder einigermaßen klar denken zu können. Auch jetzt, wenn ich hier schreibe, schnürt es mir die Kehle zu und ich muß mich wirklich zusammenreißen.
Nun ist es ja endgültig aus und ich muß mir eine Wohnung suchen. Es ist im Moment für mich kaum vorstellbar, wie ich dann mit der Situation zurechtkomme. Auf jeden Fall werde ich den Kontakt zu meiner Tochter niemals abreißen lassen und immer für sie da sein. Ich habe selbst seit ich meinem elften Lebensjahr keinen Vater mehr und ich weiß, wie schlimm das für ein Kind ist.
 
C

cili

Guest
RE: Ausnahmezustand

Hallo Buratino,

Original von buratino

"Es ist einfach so, daß ich wirklich Angst habe um meine Tochter, daß sie vielleicht einen psychischen Knacks wegbekommt, da sie schon einmal sehr darunter gelitten hat, als ich bereits anfang des Jahres mal für ein Vierteljahr ausgezogen war, um meiner Frau und mir Raum und Zeit zum Nachdenken zu geben."

Kann deine Sorge verstehen, aber ich glaube, dass eine Scheidung, wenn man sie bewerkstelligt und verarbeitet, einen ungemein (auch aus der Rolle eines Kindes) bereichern kann. Ich weiss, klingt jetzt merkwürdig. Aber im Nachhinein habe ich daraus viele Persönlichkeitseigenschaften bei mir abgeleitet, die mir im Beruf und auch privat sehr, sehr nützlich sind. Konkret: Ich würde sagen (ich meine das, fern jeglicher Arroganz), ich habe eine überdurchschnittliche emotionale Intelligenz und zwar u.a. weil ich meine Scheidungserfahrungen hatte. Natürlich habe ich auch meine "Verlustmacken und -ängste" , aber sie bedohen mich nicht mehr so. (In meinem Buchtip wirst du ähnlichen Ansatz finden, Scheidungsfolgen weniger defizitorientiert zu sehen).
Klar, ist das im Moment, (sorry) scheiße für deine Tochter, aber es kann auch später für ihre Entwicklung einer Chance sein (besonders, wenn sie bei dir wirklich die Erfahrung macht, du stehst weiterhin zu ihr :troest ). Den Luxus hatte ich nicht!

"Ich habe sie dann sooft es nur ging zu mir geholt oder sie besucht, und immer wieder hat sie mir dann gesagt, ich solle doch nicht woanders wohnen und wieder nach Hause kommen. Ich habe dann immer zwei Tage gebraucht, um wieder einigermaßen klar denken zu können. Auch jetzt, wenn ich hier schreibe, schnürt es mir die Kehle zu und ich muß mich wirklich zusammenreißen."

Klar, dass Schuldgefühl stelle ich mir heftig vor (das schnürt sicherlich mit der Kraft einer Python alles zu). Aber du hast entscheidende Vorteile: 1. Sie hat mit dir schon gute Trennungserfahrungen gemacht, dass du wieder kommst und sie nicht alleine lässt. Sag ihr das einfach nochmal, versuch ihr da Sicherheit zu geben, dass du sie weiter liebst etc. 2. Kennst du das aus deiner Biographie. Vielleicht kannst du das in abgespeckter Form auch nutzen, um ihr Sicherheit zu geben: "Ich gehe nicht wirklich, versprochen. Ich bleibe innerlich. Ich kann verstehen, dass ich dir fehle, ich habe meinen Vater auch vermisst... Manchmal verstehen sich Papa und Mama nicht mehr, obwohl sie die Kinder immer noch genauso lieb haben..." (sind jetzt meine Worte, du müsstest deine finden)

"Nun ist es ja endgültig aus und ich muß mir eine Wohnung suchen. Es ist im Moment für mich kaum vorstellbar, wie ich dann mit der Situation zurechtkomme."

Klar, man ist nach zwölf Jahren eng miteinander verwachsen. Ich stelle mir das so vor, als ob man sich zwei Organe die zusammengewachsen sind, entzerrt. Sehr schmerzhaft. Zumal ich die Erfahrung gemacht habe, dass man in langen Beziehungen sich oftmal an den anderen anleht, soweit dass man (fast) umfällt, wenn der andere einen Schritt beiseite geht. Aber, das ich auch deine Chance. Es wird vielleicht ein Weg anfangen, wo du wieder auf dich selbst zu gehst, dich wiederentdeckst (vielleicht gerade noch rechtzeitig). Man mutiert nämlich auch ganz schön in einer PArtnerschaft. :sn7

"Auf jeden Fall werde ich den Kontakt zu meiner Tochter niemals abreißen lassen und immer für sie da sein. Ich habe selbst seit ich meinem elften Lebensjahr keinen Vater mehr und ich weiß, wie schlimm das für ein Kind ist."

Gerade bei deinem eigenen Vater könnte ein weiterer Schmerzverstärker stecken. Das, was du dir als Kind, während der Schwangerschaft deiner Frau, bei der Geburt und später immer wieder, wie ein Matra mindestens unterbewusst gesagt haben dürftest: "Ich nie, bei meinem Kind nie" ist jetzt eingetreten. Wenn ein Grundprinzip gesprengt wird, entsteht leicht diese fiese, klebrige und ansteckende Ohn-macht, versagt zu haben. Dass das nicht der Weltuntergang ist, lässt sich wahrscheinlich selbst rational nicht heute oder morgen erfassen.

Aber überüberübermorgen.

Ein Mann und Vater, der sich Hilfe sucht, kann schon mal nicht so hilflos und ohn-mächtig sein. Scheidungsvater ist nicht gleich Scheidungsvater. Und das ist gut so!?

Bis bald. :bye:
 
B

buratino

Guest
Hallo Cili,

ich hoffe sehr, dass ich irgendwann auch so "gestärkt" aus diesem ganzen schlamassel rauskomme, um letztlich kraft und in gewisser weise auch neuen lebensmut daraus schöpfen zu können.
es gibt bestimmt millionen, die es auch geschafft haben, warum nicht auch ich?
es ist für mich zumindest ein großes glück, hier dieses forum gefunden zu haben, und mich mit anderen menschen austauschen zu können, die alle auch irgendwann in einer gleichen oder ähnlichen situation waren.
klar geht es auch immer irgendwie weiter. aus meinem bekanntenkreis weiß ich, dass der verlust eines menschen einen unwahrscheinlich nach unten zieht und man dann sehr viel kraft braucht, um sich nicht völlig aufzugeben.
eine gemeinsame freundin von meiner frau und mir hat durch einen motorradunfall ihren mann und den vater ihres sohnes verloren, und sie ist inzwischen wieder in einer neuen beziehung glücklich.
das ist zwar nicht ganz vergleichbar, da der plötzliche tod eines geliebten menschen ungleich härter trifft.
aber dieses beispiel zeigt mir zumindest, das man es schaffen kann.
allerdings bleiben bei einer scheidung viel eher auch bindungsängste zurück, die dann neue beziehungen schwieriger machen.
du hast es ja selbst erleben müssen, als dein vater eine "neue" hatte.
für kinder ist es dann immer ein ziemlicher vertrauensbruch, da in kinderaugen der papa nun mal zur mama gehört, egal, ob sie in einer wohnung leben oder nicht.
aber soweit will ich jetzt sowieso noch garnicht denken.
auf jeden fall möchte ich dir für deine mutgebenden worte und für dein verständnis auf´s herzlichste danken. es ist schön, das es solche menschen wie dich gibt.


Was ist schiefgelaufen? fragt sich hier ein user
 
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