Hallo!
Ich habe mir jetzt lange überlegt, ob ich dieses Thema auch aus einem anderen Gesichtspunkt anfassen soll und meine Meinung Euch mitteilen soll oder nicht. Ich habe mich dafür entschieden, auch wenn ich wahrscheinlich dafür "Schläge" bekommen werde.
Ich habe in meinem ersten Posting geschrieben, dass ich voll arbeite auch wegen des Geldes aber nicht NUR deswegen. Das würde ich gerne einbißchen erläutern und in die Runde als Diskusionsgrundlage werfen.
Ich bin jetzt 30 Jahre alt und arbeite seit meinem 21. Lebensjahr. Man würde sagen, dass ich relativ erfolgreich in meinem Job bin. Zwar keine Karierefrau, aber ich habe einen guten Job, den ich liebe und bei dem ich gutes Geld verdiene. Für mich stand immer fest, dass ich Kinder bekomme, was auch letztes Jahr passierte. Für mich stand aber auch immer fest, dass ich wieder arbeiten gehe und zwar Vollzeit. Die Gründe dafür sind mehrere:
1. Ich wollte meinen Arbeitsvertrag nich neu verhandeln, um daraus einen Teilzeitvertrag zu gestalten und so auftretten, als ob ich um einen Job betteln müsste.
2. Ich wollte meine finanzielle Unabhängigkeit bewahren. Ich verdiene mehr als mein Mann und ich habe nicht ein Pfennig während meines Erziehungsurlaubes von ihm gebraucht. Es ist für mich sehr wichtig zu wissen, dass, egal was passiert in meiner Beziehung oder auch in meinem Leben, ich meine finanzielle Unabhängigkeit und damit meine Entscheidungsfreiheit bewahren kann.
3. Ich wollte die 9 erfolgreiche Arbeitsjahre nicht in den Müll schmeissen, sondern etwas daraus machen, im Beruf aktiv bleiben, auch wenn in Sparflamme und wenn es Zeit ist (die Kinder älter etc.), wieder loslegen. Kurz gesagt wollte ich nicht den Faden abreißen lassen.
4. Ich wollte die Verwirklichung, Bestätigung, Anerkennung und Erfüllung, die ich durch den Job erlebt habe, nicht vermissen. Das würde mich unglücklich und somit eine schlechte Mutter machen. Das ist keine theoretische Behauptung. Ich habe es für mich am Ende des Erziehungsurlaubs (4 Monate) erlebt. Ich war zwar keine schlechte Mutter, aber mich hat die Tatsache gestört, dass ich um 17:00 Uhr es nicht mehr erwarten konnte, dass die Kleine ins Bett geht. Jetzt, wo ich wieder arbeitstätig bin, finde ich es jeden Tag aufs neue Schade, dass ich sie gegen 21:00 Uhr oder später ins Bett bringen muss. Wir verbringen gemeinsam die Zeit ab 16:30 Uhr bis sie ins Bett geht und ich geniesse jede Sekunde davon ohne einmal das Gefühl zu haben, dass ich jetzt nicht mehr mag.
5. Ich habe für die Anerkennung im Beruf hart gekämpft. In Deutschland ist es nicht üblich so jung (mit 21) fertig studiert zu haben und mit 26 schon 5 Jahre Berufserfahrung zu haben. In diesem Alter, obwohl ich vom Wissen her sehr gut mit meinen 35jährigen Kollegen (meistens Männer) mithalten konnte, sogar besser war, wurde ich einfach nicht ernst genommen, weil ich für deutsche Verhältnisse viel zu jung war und eigentlich noch studieren sollte. Das hatte sich mit der Zeit geändert und diesen Erfolg wollte ich nicht aufgeben und auf jeden Fall, wollte ich keinen meiner männlichen Kollegen Recht haben lassen, dass man als Frau schwanger wird und den Beruf aufgibt. Diese Einstellung der Männerwelt ist auch dafür verantwortlich, dass sehr fähige junge Frauen nicht befördert werden, weil sie eh in ein Paar Jahre in den Erziehungsurlaub gehen. Dagegen wollte ich antretten und das konnte ich nur in dem ich in die Arbeit zurückgekehrt bin.
6. Ich wollte und will für meine Tochter das lebende Beispiel und Vorbild sein, dass es funktioniert, Beruf und Familie zu kombinieren.
7. Ich will die Männerwelt sensibilisieren, dass Mütter im Beruf zwar genauso effizient arbeiten können, wie ihre männliche Kollegen aber andere Bedürfnisse im beruflichen Alltag haben, wie z.B. zu einer regelmäßigen Zeit Schluss machen, länger im Voraus Geschäftsreisen plannen, den Urlaub an die Kinder anpassen u.s.w. Das alles ist keine Selbstverständlichkeit im deutschen Berufsleben und ich bin der Meinung, das soll sich ändern. Ich nehme es auf mich, dies in der Praxis, meiner Berufspraxis, umzusetzen, damit es vielleicht für meine Tochter, sowas doch Selbstverständlichkeit ist.
8. Ich wollte unseren Lebensstandard als Familie aufrecht erhalten und meinen Mann mit zusätzlichen finanziellen Sorgen nicht belasten.
9. Ich wollte die Möglichkeit haben, auch wenn ich sie aus erzieherischen Gründen nicht immer wahrnehme, für meine Tochter das zu leisten, was ich will und nicht nur das was meine knappen Finanzen mich zwingen zu leisten.
10. Und als Letztes aber nicht weniger wichtig, wollte ich nicht, dass der Staat mich ernährt.
Das alles sind zwar meine persönliche Gründe und ich könnte nie einer Mutter empfehlen oder nicht wieder arbeiten zu gehen. Ich wollte nur ein Paar Gedanken in die Runde schmeissen und zur Diskusion anregen.
Ich hoffe, dass es klappt.
Schönen Gruß
Michaela