Die "tolle Mama" irrt gerade plan-und ziellos durch den Arbeitsmarkt-und-weiterführende-Schulen-Dschungel. Irgendwie haben wir ja schon alles falsch gemacht, als wir unsere Kinder in so ungeschickter Weise auf die Schulen verteilt haben, dass wir jetzt zwei Abgänger gleichzeitig bekommen. Da kann man jetzt noch nicht mal beim ersten Kind üben und beim zweiten optimieren und gelassen ran gehen.
Die ersten Schritte liefen ja noch ganz gut. Die Eignungstests ergaben bei beiden Kindern sehr hohe soziale Kompetenz, aber auch Kreativität, handwerkliches Geschick, Problemlösung usw lagen im Überdurchschnittlichen. Es war eigentlich zu viel Gutes dabei, man konnte nachher nicht sagen, worin denn jetzt überhaupt DAS Talent liegt.
Dann gingen die Beratungen durch die Lehrer los. Welcher Beruf würde passen? Was nützt es aber, wenn sie meinen Kindern lauter tolle Flausen in den Kopf setzen, für die man letztlich studieren muss und dummerweise die Zeugnisse so schlecht sind, dass keine weiterführende Schule sie aufnehmen wird? Auch wollen einige meine Töchter partout in die Altenpflege drängen, was sie aber vehement ablehnen (in Maries Fall nach 25 Stunden Erfahrung sammeln im Altersheim -sie weiß also, wovon sie spricht, wenn sie Nein sagt).
Marie interessiert sich für das Sozialpädagogische Gymnasium und die verlangen einen Durchschnitt von 2,0 in Mathe, Deutsch, Englisch. Da schließen sich scheinbar gleich ganz viele Türen auf einen Schlag. Die anderen beruflichen Gymis sind nicht viel leichter zu erreichen. Zwar kann man überall nachlesen, dass der Durchschnitt besser als 3 sein muss, aber in den vergangenen Jahren gab es so viele Anmeldungen, dass letztlich 2,6 der schlechteste Durchschnitt war.
Dann also doch erst eine Berufsausbildung! Aber welche??? Wenigstens haben wir auf Anhieb für beide Kinder Praktikumsplätze gefunden. Einmal Tourismuskauffrau und einmal Konditorin. Noch zwei weitere Stellen müssen wir bis April finden in anderen Berufen. Die Sache wird dadurch erschwert, dass viele Betriebe eine schriftliche Bewerbung verlangen, diese aber in der Schule noch gar nicht dran war. Wir werden uns dann wohl in den Weihnachtsferien selber schlau machen müssen. Man hat ja sonst nichts zu tun.
Oft hört man (auch sich selber sagen): "Man kann alles werden, alle Wege stehen einem offen! Auch später noch." Aber ist das wirklich so? Muss man nicht irgendwann anerkennen, dass nicht jeder den Grips hat fürs Abi, fürs Studium? Zur Zeit versuche ich die Kinder (und mich) etwas zu beruhigen, indem ich ihnen immer wieder sage, dass es jetzt nicht ums ganze Leben geht, sondern nur um den nächsten Schritt. Kaum einer bleibt für immer das, was er zuerst gelernt hat. Trotzdem keimt zeitweise Hysterie auf, besonders wenn wieder Besichtigungen bei Bosch usw auf der Tagesordnung standen und dort mantramäßig runtergeleiert wurde, wie viele Bewerbungen sie hätten und dass eben nur die Besten genommen würden. Sehr hilfreich, Danke!
Stellt sich mir noch die Frage, wer denn "die Besten" sind, wenn in den Klassen meiner Töchter sie schon zu den Besten gehören, aber lange nicht den geforderten Durchschnitt erbringen. Bisher sind dann doch alle Abgänger irgendwie in weiterführenden Schulen oder Ausbildungen untergekommen und die ganze Panikmache war dann wohl für die Katz. Und die Besichtigungen bei Bosch usw auch? Naja, am Ende weiß man jedenfalls ganz genau, was man nicht machen wird und das muss man vielleicht als Fortschritt verzeichnen.
Ich bin verwirrt und es tut mir auch weh zu sehen, wie sich manche Wege und Möglichkeiten scheinbar für meine Kinder versperren. Auf der anderen Seite habe ich die Gewissheit aus meiner eigenen Erfahrung gewonnen, dass man auch sehr glücklich in einem einfachen Beruf werden kann. Und auch sein Auskommen damit hat...