Problem -  Waschzwang

Geddich

Neues Mitglied
Hallo,

mein Sohn ist 5 1/2 und benimmt sich seit ca. 2 Wochen merkwürdig. Er hält seine Hände "komisch" (Arme angewinkelt, Hände vor sich). Als ich ihn fragte, warum er das so macht, dann meinte er, dass er aufpasst, damit seine Hände nicht schmutzig werden. Darüber hinaus wäscht er seine Hände neuerdings zu oft. Wegen jeder Kleinigkeit läuft er zum Händewaschen ins Badezimmer. Danach setzt er sich hin, oder spielt ein bisschen, wobei seine Hände definitiv nicht schmutzig werden, und schon läuft er wieder zum Waschen. Er fragt auch immer wieder, ob die Sachen in der Wohnung sauber sind, oder ob ich mal meinen Pullover, den ich gerade anhabe waschen könnte.

Ich habe versucht, ihm zu erklären, dass er sich die Hände nicht so häufig zu waschen braucht. Das hat nichts gebracht. Ich habe ihn ab und zu schlicht daran gehindert, dann fing er an zu weinen.

Vor 2 Wochen gab es im Kindergarten eine "Waldwoche" (täglich Ausflug in den Wald, auf einen dortigen Spielplatz und ein Spielhaus dort). Es hat ihm offensichtlich sehr viel Spaß gemacht und er kam jeden Tag mit total verdreckten Hosen und Handschuhen nach Hause. Daraus schloss ich, dass er ausgelassen und viel gespielt hat und dabei nicht sehr auf Sauberkeit geachtet hat, was in seinem Alter ja auch normal ist. Am letzten Tag der Waldwoche musste er mit Fieber, Übelkeit und Erbrechen zu Hause bleiben, da er sich wohl eine Infektion eingefangen hat. Nach 2 Tagen war die Sache allerdings auch schon ausgestanden.

Ich weiß nicht, was mit ihm los ist und was ich machen soll. Ist das etwas vorübergehendes, eine Macke, die Kinder ab und zu mal haben? Er ist sonst nicht sehr oft krank. War vielleicht die Erkrankung für ihn ein solcher Schock, dass er eine erneute Krankheit mit übertriebener Sauberkeit vermeiden möchte? Hat vielleicht meine Frau, die sehr auf Körperhygiene bedacht ist, ihm einmal zu oft gesagt, dass er auf die Sauberkeit achten soll? Hat er vielleicht mit Problemen zu kämpfen, was sich in sein Verhalten manifestiert? Ist das Ganze womöglich der Anfang einer Zwangsneurose?

Ich bin vollkommen ratlos!
 

Ilona

Moderator
Teammitglied
Ich denke, dass er seine Erkrankung nach dem Waldbesuchen vielleicht darauf bezieht bzw, das er schmutzig nach hause gekommen ist.
Das hatte ich bei meinen großen auch mal. Es war letztes jahr nikolaus, da hat er wahnsinnig viele Süßigkeiten gegessen. icvh hab ihn ein wenig gebremst indem ich sagte, dass er von zu vielen Süßigkeiten bauchschmerzen bekommen kann. Na ja wie Kinder sind hörte er nicht wirklich und was passierte? Am Abend bekam er eine magen-Darm-Grippe. Er bezog es auf die viele Schokolade die er gegessen hatte und ass dann sehr lange gar keine Schoki mehr. mitlerweile hat sich das wieder normalisiert und er mag Schokolade auch wieder. ich denke ich würde mir das bei eurem Sohn vielleicht noch eine Weile anschauen und wenn es nicht besser wird doch mal zum kinderarzt gehen.
 
I

IlkaM.

Guest
In dem Alter kann ich mir schon vorstellen, dass es mit dem Gedanken "Ich habe einen Infekt gekriegt, weil ich mir die Hände nicht gewaschen habe" zusammenhängen könnte. Hat ihm denn jemand erklärt, wie Viren übertragen werden? Vermutlich ja schon.

Dann müsstest Du jetzt mal ran und ihm das ganze RICHTIG erklären. (Was sagt er eigentlich dazu, dass er sich so häufig die Hände waschen möchte?)

"Anfang einer Zwangsneurose" sehe ich jetzt einfach mal zu übertrieben. Beobachte ihn und versuche, ihm wieder zu ein wenig mehr Lässigkeit zu verhelfen (dazu gehört dann aber auch, dass Du selber das Thema nicht hochschaukelst ...)
 

Geddich

Neues Mitglied
Hallo Ilona,

vielen Dank für die schnelle Antwort. Ich habe auch schon daran gedacht, die Sache zu beobachten. Meiner Frau sagte ich jedenfalls, dass sie mit dem Kind nicht mehr über Hygene sprechen soll, ihn nicht zum Händewaschen, oder wegen Sauberkeit ermahnen soll. Allerdings fühle ich mich bei der bloßen passiven Beobachtung sehr unwohl. Ich möchte ja schließlich etwas für den Jungen tun, ihm helfen, da er offensichtlich Hilfe braucht. Die Frage ist nur, wie ich das genau anstelle. Soll ich mit ihm über Abwehrkräfte sprechen (oder die "Körperpolizei", wie es mal in der Sendung mit der Maus hieß)? Soll ich ihn nach seinem Angst fragen? Ich könnte mich überwinden und ihm seine Händewascherei lassen, aber mache ich die Sache nicht noch schlimmer, wenn ich sonst nichts tue?

Hallo IlkaM,

auch dir danke ich für die Antwort. Ich habe etwas überreagiert, als ich ihm die Sache untersagt habe, das weiß ich schon. Ich werde auf jeden Fall versuchen, die Ruhe zu bewahren und versuchen mit ihm darüber zu sprechen.


Ich wäre für andere Ratschläge weiterhin sehr dankbar.
 
I

IlkaM.

Guest
Ja, ich würde auf jeden Fall zuerst das Gespräch mit dem Jungen suchen und ihn fragen, ob er weiß, wieso er sich so oft waschen mag.

Vielleicht ist das bei Euch ähnlich?: Wir können über solche Sachen am besten abends vor dem Einschlafen sprechen. Dann kuscheln wir zusammen im Bett und plaudern einfach. Da sind schon öfters mal Dinge geklärt worden, die der eine oder der andere auf dem Herzen hatte.

Und ja, Du kannst ihm möglicherweise Ängste nehmen, wenn Du ihm kindgerecht erklärst (also kindgerecht jetzt nicht im Sinne von Babytalk oder dümmlichen Lügenmärchen, sondern kindgerecht im Sinne von: Was versteht DEIN Kind, wie clever ist es, wie viel Vorwissen hat es ...), dass es reicht, sich die Hände zu waschen, wenn man z.B. von draußen reinkommt oder auf dem Klo war. Dass der Körper sich auch gut gegen Viren wehren kann (Stichwort Körperpolizei). Und dass jedesmal, wenn der Körper eine Krankheit hinter sich hat, er neue und bessere Polizeieinheiten gebaut hat.

Oder so. Gibt's bestimmt auch gute Bücher zu - meine Tochter (im gleichen Alter) muss immer in Bücher gucken, wenn sie was verstehen will. Oder auf eine DVD :rolleyes:

:bye:
 

Ilona

Moderator
Teammitglied
Es gab da mal auch eine klasse Kinderserie früher. Gibt es heute noch auf DVD
Es war einmal das leben. Da wird super gut erklärt wieso was im körper passiert.

Ich will ja keine Werbung machen aber Tipp
 

Geddich

Neues Mitglied
Gestern bin ich vom Kindergarten ca. 1 Stunde vor der normalen Abholzeit angerufen worden, weil das Kind sich geweigert hat mit anderen zu spielen, weil sie alle schmutzig waren, wie er sagte, und wollte ständig nur die Hände waschen. Als ich ihn abholte, war er gerade im Badezimmer und wusch sich die Hände immer und immer wieder. Dabei war der Boden ganz naß, seine Klamotten auch und der Handuch ebenfalls. Ich brachte ihn nach Hause.

Den ganzen Abend versuchte ich ihn zu beschäftigen und abzulenken und es klappte auch recht gut. Meine Frau und ich haben ihm auch über das Immunsystem (aka "Körperpolizei") erzählt, das aufpasst, damit er nicht ständig krank ist, von guten Bakterien, die in Trinkjoghurts drin sind und von dem Schutzfilm der auf der Haut ist und den man nicht kaputt machen soll.

Der Kleine erzählte uns schließlich auch, dass er tatsächlich vor der Infektion Angst hatte. Vor allem waren für ihn die starke Bauchschmerzen und der Durchfall besonders beängstigend, letzterer vor allem deshalb, weil er vollkommen unkontrollierbar und schmerzhaft war.

Momentan verhält sich mein Sohn gänzlich unauffällig. Er will sich nicht mehr ständig die Hände waschen und ist auch um die Sauberkeit nicht auffällig besorgt. Ich wollte ihn bis Montag noch zu Hause behalten, dann wieder in den Kindergarten bringen.

Offensichtlich war seine Reaktion eine Art "Kurzschlusshandlung" aufgrund panischer Angst. Ich bin auch etwas erleichtert, weil er sich wieder so verhält, wie immer. Allerdings bin ich auch unsicher, ob ich ihn nicht doch zu einem Kinderpsychiater bringen soll, besonders, weil mir sein Anblick, wie er ganz verloren sich immer wieder die Hände wäscht, nicht aus dem Kopf geht. Er ist zwar momentan unauffällig, wenn er aber ein tiefer sitzendes Problem hat, wobei er Hilfe braucht, dann möchte ich ihm diese Hilfe zukommen lassen und will mich nicht nur auf die augenblickliche Normalität verlassen. Was ratet ihr mir?

@Ilona

Danke für den Tipp. An die Serie erinnere ich mich auch noch sehr gut und ich fand sie auch toll. Das wäre tatsächlich mal was für den Kleinen, zumal er später mal Chirurg werden möchte.
 
I

IlkaM.

Guest
Es war einmal das Leben schaut meine Tochter auch schon begeistert.

Zum Kinderpsychiater - hmm ...

Das, was Du jetzt beschrieben hast, der Zustand, in dem er war, als Du ihn abgeholt hast, ist durchaus jenseits der Norm. Allerdings solltet Ihr, wenn Ihr denn einen Fachmenschen kontaktiert, nicht so sehr auf dieses Ereignis gucken, sondern eher auf das, was eventuell dahintersteckt. Wieso hat er sich diese Infektionagefahr so zu Herzen genommen? Seine Reaktion war extrem.

"Jenseits der Norm" sage ich, und das heißt erstmal, dass es hier nicht um Krankheiten oder ähnliches geht, sondern um vielleicht sogar einen Mix aus außerordentlichen Potentialen, die sich eben entweder SO oder SO manifestieren. Hochbegabung, Hochsensibilität, autistische Züge (wobei ich letzteres immer mit Vorsicht von mir gebe, da Autismus durchaus sehr gesellschaftsfähig sein kann und darüber hinaus für manche Tätigkeiten - künstlerische, analytische - sehr hilfreich ..., wohingegen bei den Allermeisten bei dem Wort "Autismus" wohl erstmal die Alarmleuchten angehen und das "Hilfe, mein Kind ist gestört!" durch den Kopf schießt ...)
 
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