das Problem ist halt, dass diese Strategien alle darauf abzielen, dass "die anderen" ihr Verhalten ändern. Also entweder "er muss Stellung beziehen" oder "die Schwiegermutter muss mit dem unerwünschten Verhalten (Besuche, Schnüffelei usw) aufhören."
Darauf hat aber die betroffene, die leidende Person kaum Einfluss. Sie kann reden, reden, reden. Bedingungen stellen. Fordern, drohen, erpressen, betteln, weinen...aber wenn das alles nichts hilft, was dann?
Ja, dann sagen alle immer: Es gibt nur noch die Trennung.
Und ich sagte ja auch schon, dass ich einen Milimeter davor stand.
Und wenn man sich aber nicht trennen will? Wenn man nicht einsieht, dass man den Mann aufgeben muss, weil man mit seiner Mutter nicht fertig wird? Wenn man ihn trotz allem noch liebt?
Abfinden...
Hoffen...
Durchhalten...
Ich bin eben ein Mensch, der nicht warten und hoffen und auf unbestimmte Zeit und mit ungewissem Ergebnis durchhalten will. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass jeder etwas ändern kann, selbst in Situationen, in denen es so eindeutig erscheint, dass "nur die anderen" gefragt sind. Und meistens nicht durch reden, sondern durch handeln. Gerade dann nicht mehr durch reden, wenn reden bisher nie was gebracht hat. Wenn ich tausendmal geweint, tausendmal gedroht habe, warum soll beim 1001. mal was anders laufen? Oder beim 10.000.mal? Damit mach ich mich doch nur selbst kaputt.
Und im Krieg gegen eine Schwiegermutter von diesem Kaliber spiel ich der damit auch noch in die Hände.
Ich, die ewig nörgelnde, die immer unzufriedene, die kritisierende, schimpfende, heulende, hysterische...und sie, mit ihren Plätzchen und Blümchen und ihrem Mutterbusen, an den sie ihren Sohn zum Trost drückt, wenn ich mal wieder besonders garstig bin.
Und wenn sie ihn an selbigen drückt, dann sagt sie ganz behutsam: Diese Frau ist nicht gut für dich, sieh doch nur, wie unglücklich du bist, sieh, was aus dir geworden ist. Beende das, ich bin für dich da, ich fang dich auf, ich bin deine Mutter, ich weiß, was gut für dich ist, und ich weiß, diese Frau ist es nicht, du brauchst nur zu mir zurück zu kommen und alles wird wieder gut, so wie früher, als du dich um nichts kümmern brauchtest und ich dir alle Sorgen vom Hals gehalten habe...
Wenn es so weitergeht, kann man NUR verlieren!
Wenn ich ihn nicht so geliebt hätte, wenn ich nicht schon etwas in ihm gesehen hätte, für das es sich gelohnt hätte, dann hätte ich mich an der Stelle auch getrennt.
Aber da war eben was. Und deshalb hab ich die Zähne zusammengebissen und meine Strategie geändert.
Ich hab mich entschieden, meinen Zorn runterzuschlucken. Ich hab mich dabei nicht "klein und nachgiebig" gefühlt, sondern jederzeit überlegen. Ich hab mir in den jeweiligen Situationen immer wieder gesagt:
"Ich bin schlauer als sie, ich lass mich nicht mehr provozieren, so weit bringt die mich nie wieder..."
Das war nicht leicht. Echt nicht, würd ich nie behaupten.
Und ich musste mich anfangs oft anderenorts auskotzen, um das durchhalten zu können.
Aber es hat sich gelohnt. Die ersten Verbesserungen zeichneten sich schon nach 2-3 Tagen ab. Und am Ende hat er sich eindeutig entschieden, für mich und gegen sie.
Meine veränderte Strategie bestand wie gesagt "nur" darin, dafür zu sorgen, dass es für ihn bei mir angenehm ist, und sie nicht mehr zu thematisieren.
Den Rest hat SIE erledigt.
Sie hat sich selber erledigt.
Sie hat nichts ahnend natürlich weiter an mir rumgenörgelt.
Ging er zu ihr, bekam er ständig zu hören, wie schlecht ich sei. Faul und unfähig und nur meckerig und überhaupt.
Kam er zu mir, dann war alles sauber und ordentlich und ich war freundlich und lieb, hab ihn mit einem Lächeln und einem Kuss empfangen, ihm gesagt, dass ich ihn vermisst habe, das Essen war fertig, ich hab ihm öfters ein Bad eingelassen, ihm die Schultern massiert...
Fragt mal beliebige Männer, wie sie es fänden, jeden Abend so empfangen zu werden...ja, es mag primitiv sein. Aber fragt auch euch selbst, wie ihr es finden würdet, so empfangen zu werden...nicht nur ausnahmsweise mal am Hochzeitstag oder so.
Auf einmal war es leicht für ihn, seiner Mutter zu widersprechen, und zwar vehement. Denn nichts von ihrer Kritik war auch nur eine Spur gerechtfertigt. Da fielen dann Sätze wie:
"Meine Frau ist nicht faul. Von ihrem Ordnungssinn könntest du dir noch eine Scheibe abschneiden."
"Bei uns ist es nicht dreckig. Selbst unsere Garage ist sauberer als dein Gewürzschrank..."
"Meine Frau kümmert sich sehr wohl um mich. Sie kocht JEDEN Tag. Und zwar besser als du."
"Du hast völlig falsche Vorstellungen, ich muss daheim überhaupt nicht mit anpacken. Sie nimmt mir den Besen weg und lässt mir stattdessen ein Bad ein. Aber da fällt mir auf, jedesmal wenn ich dich besuchen komme, drückst du mir irgendwelche Arbeiten aufs Auge..."
Klar beinhaltete das, dass ich zu der Zeit jeden Tag alles piccobello putzen musste. Und klar machte es Arbeit, jeden Tag zu kochen. Und klar kostete es Überwindung, mir nicht anmerken lassen, wie gereizt und panisch und sauer ich auf sie war.
Aber es war nicht halb so anstrengend wie die ständigen Zankereien. Ach was, nicht mal einen Bruchteil so anstrengend.
Und weil ich davon nicht mehr so geschlaucht war, fiel es mir dann auch zusehends leichter, diesen Standard aufrecht zu erhalten. Bald hatte ich abends von ganz allein gute Laune. Gutes Essen, einen Mann, der sich freut nach Hause zu kommen...und mein zusehends ungestressterer Mann sagte dann auf einmal Dinge wie:
"Ach, du bist so lieb zu mir, ich weiß gar nicht, womit ich das verdient habe."
"Schatz, lass die Wäsche Wäsche sein. Komm doch mal zur Ruhe, setz dich zu mir auf die Couch, wie wärs mit einer Fußmassage?"
"Du kochst einfach göttlich! Aber das musst du nun wirklich nicht jeden Tag machen. Wie wärs, morgen koche ich mal?"
"Komm doch zu mir in die Badewanne..."
Gegen eine solche Atmosphäre kann die Schwiegermutter mit ihren Keksen und ihrer haltlosen Kritik todsicher nicht anstinken.
Heute brauche ich den hohen Standard von damals längst nicht mehr aufrecht erhalten.
Heute werde ich selbst so lieb empfangen, wenn ich mal nach ihm nach Hause komme.
Es ist nicht demütigend, wenn man versucht, den Menschen zu verwöhnen, den man liebt. Demütigend wird es nur, wenn man trotz aller Bemühungen nicht zurück geliebt wird. Einer muss halt über seinen Schatten springen und den Versuch wagen, auch auf die Gefahr hin, dass es floppt, weil die Liebe zu einseitig ist. Aber wenn das passiert, dann weiß man wenigstens, woran man ist und dass es wirklich keinen Zweck mit diesem Mann hat - ob nun mit oder ohne Schwiegermutter.