Loriot - "Herren im Bad"
M-L: Ich möchte nicht unhöflich erscheinen, aber ich wäre jetzt ganz gerne allein. 
Dr.K.: Wer sind Sie denn überhaupt? 
M-L: Mein Name ist Müller-Lüdenscheidt. 
Dr.K.:Klöbner, Doktor Klöbner. 
M-L: Angenehm. 
Dr.K.: Angenehm. 
M-L: Können Sir mir sagen, warum Sie in meiner Badewanne sitzen? 
Dr.K.: Ich kam vom Ping-Pong-Keller und hatte mich in der Zimmernummer geirrt. Das Hotel ist etwas unübersichtlich. 
M-L: Aber jetzt wissen Sie, dass Sie in einer Fremdwanne sitzen und baden trotzdem weiter. 
Dr.K.: Von Baden kann nicht die Rede sein, es ist ja kein Wasser in der Wanne. 
M-L: Als ich das Bad betrat saßen Sie im warmen Wasser. 
Dr.K.:Aber Sie haben es ja wieder abgelassen. 
M-L: Weil Sie es eingelassen haben, Herr Doktor Klöbner. In meiner Wanne pflege ich das Badewasser selbst einzulassen. 
Dr.K.:Na, dann lassen Sie's doch jetzt ein. 
M-L: Mein Badewasser lasse ich mir ein, wenn ich es für richtig halte. 
Dr.K.:Gewiss, natürlich. [Verlegenes Pfeifen...] 
Dr.K.:Es sitzt sich recht kühl, einfach so in der Wanne. 
M-L: Ich sitze gern mal ohne Wasser in der Wanne. 
Dr.K.:Ach. 
M-L: Was heißt "ach"? 
Dr.K.:Ach. Sie sagten, dass Sie gerne ohne Wasser in der Wanne sitzen und ich meinte "ach". 
M-L: Aha. 
Dr.K.: Ich hätte auch "aha" sagen können, aber ich wollte meiner Verwunderung darüber Ausdruck geben, dass Sie es vorziehen, ohne Wasser in der Wanne zu sitzen. 
M-L: Herr Doktor Klöbner, ich leite eines der bedeutendsten Unternehmen der Schwerindustrie und bin Ihnen in meiner Badewanne keine Rechenschaft schuldig. 
Dr.K.: Nein, nein. 
M-L: Ich entscheide persönlich, ob ich mit Wasser bade oder ohne. 
Dr.K.: Ja, ja. 
M-L: Im übrigen sagte ich nur... 
Dr.K.: Herr Müller-Lüdenscheidt... 
M-L: Bitte lassen Sie mich ausreden. Ich sagte, dass ich, wenn es die Situation erfordert, durchaus in der Lage wäre, auch mal ein Wannenbad ohne Wasser zu nehmen. 
Dr.K.: Ja, ja. 
M-L: Und die Entscheidung darüber, ob ich mein Wannenbad mit oder ohne Wasser zu nehmen habe, lasse ich mir von niemandem aufdrängen. 
Dr.K.: Nein, nein. 
M-L: Auch von Ihnen nicht, Herr Doktor Klöbner. 
Dr.K.: Herr Müller-Lüdenscheidt, es wäre ja immerhin denkbar, dass es gewisse Argumente gäbe, die dafür sprächen, das Wasser jetzt einlaufen zu lassen. 
M-L: Wie wollen Sie das beurteilen? 
Dr.K.: Mein Gott, ich bade ja auch nicht zum ersten Mal. 
M-L: So? 
Dr.K.: Und nach meiner Erfahrung ist eben ein warmes Wannenbad mit Wasser zweckmässiger als ohne. 
M-L: Das ist Ihre ganz persönliche Meinung, Herr Doktor Klöbner. Aber man darf ja wohl noch anderer Ansicht sein. 
Dr.K.: Ach, was. 
M-L: Sie können Sich in meiner Wanne eine eigene Meinung überhaupt nicht leisten. 
Dr.K.: Herr Müller-Lüdenscheidt! 
M-L: Herr Doktor Klöbner! Ich lasse jetzt das Wasser ein, wenn Sie mich höflich darum bitten. 
Dr.K.: Bitte. 
M-L: Höflich. 
Dr.K.: Höflich. 
M-L: Na, also. 
Dr.K.: Was machen Sie da? 
M-L: Ich lasse etwas kühleres Wasser ein. 
Dr.K.: Das ist sehr aufmerksam, aber ich hätte doch gerne noch eine Kleinigkeit von dem heißen. 
M-L: Wenn ich jetzt einen Schuss von dem kalten dazunehmen könnte. 
Dr.K.: Das war eine Idee zu viel. 
M-L: Ach. 
Dr.K.: Ich glaube, noch ein paar Tropfen heißes und man könnte sich einigen. Geht es so? 
M-L: Oh, ja. Vielen Dank. 
Dr.K.: Oh, bitte sehr. 
M-L: Die Ente bleibt draußen. 
Dr.K.: Herr Müller-Lüdenscheidt! 
!!!!!!!!!!!M-L: Die Ente bleibt draussen! !!!!!!!!! :-D 
Dr.K.: Herr Müller-Lüdenscheidt, ich bade immer mit dieser Ente. 
M-L: Nicht mit mir. 
Dr.K.: Ich kenne Sie ja erst seit heute. 
M-L: Wenn Sie die Ente hereinlassen, lasse ich das Wasser heraus. 
Dr.K.: Das sind wohl die Erpressermethoden Ihrer Gangsterfirma. 
M-L: Herr Doktor Klöbner! 
Dr.K.: Herr Müller-Lüdenscheidt! 
M-L: Akademiker wollen Sie sein? Ha. 
Dr.K.: Also, was ist jetzt? 
M-L: Ich lasse das Wasser heraus, wenn Sie die Ente hereinlassen. 
Dr.K.: Ich nehme meine Ente herein. 
M-L: Wo ist der Stöpsel? 
Dr.K.: Sie sitzen drauf. Wissen Sie eigentlich, dass viele Menschen überhaupt kein Bad besitzen? 
M-L: Ach, Sozi sind Sie wohl auch noch? 
Dr.K.: Herr Müller-Lüdenscheidt! 
M-L: Herr Doktor Klöbner! Also lassen Sie die Ente in Gottes Namen herein. 
Dr.K.: Nein, mit Ihnen teilt meine Ente das Wasser nicht. 
M-L: Sie lassen sofort die Ente zu Wasser! 
Dr.K.: Ich denke nicht daran. 
M-L: Dann tauche ich jetzt so lange, bis Sie die Ente zu Wasser lassen. 
Dr.K.: Bittesehr... 
M-L: Es ist mir ernst! Ich zähle bis drei. Eins, zwei, drei... Hmmmmm..... 
Dr.K.: Da sind Sie ja schon wieder. 
M-L: Jawohl. 
Dr.K.: Passen Sie mal auf! 
M-L: Herr Doktor Klöbner? Hören Sie? Wenn Sie nicht sofort auftauchen, verlasse ich die Wanne. Die Luft anhalten kann jeder. 
Dr.K.: Was sagen Sie nun? 
M-L: Sie langweilen mich. 
Dr.K.: Aber ich kann länger als Sie. 
M-L: Es gibt Wichtigeres im Leben. 
Dr.K.: Was denn? 
M-L: Ehrlichkeit, Toleranz... 
Dr.K.: Ja... 
M-L: Mut, Anstand... 
Dr.K.: Ja... Ja... 
M-L: Hilfsbereitschaft... 
Dr.K.: Ja... 
M-L: Tüchtigkeit, Zähigkeit... 
Dr.K.: Ja... 
M-L: Sauberkeit... 
Dr.K.: Aber ich kann länger als Sie. 
M-L: Es kommt auf den Charakter an. 
Dr.K.: Aber ich kann länger als Sie. 
M-L: Und das glaube ich ihnen nicht. 
Dr.K.: Dann tauchen wir jetzt gleichzeitig. 
M-L: Wie Sie wünschen. 
Dr.K.: Dann werden wir's ja sehen. 
M-L: Das werden wir sehen. 
Dr.K.: Ich habe schon ganz verschrumpelte Finger. 
M-L: Ich auch. 
Dr.K.: Also. Eins, zwei... 
M-L: Drei... Hmmmmm.... 
Ist hier jemand? Hallo? Entschuldigen Sie, ist das hier Zimmer 107?