Ich denke, der Begriff „echter Kerl“ taugt nur noch in Mantel- und Degenfilmen oder in der Porno-Industrie. Vielleicht auch bei einigen Kleingeistern der Generation unserer Eltern.
Es ist eine gute Entwicklung, dass die Rolle der Geschlechter längst nicht mehr so engstirnig festgelegt ist, wie sie in Begriffen wie „echter Kerl“, „toller Hecht“ oder auch „Vollblutfrau“ zum Ausdruck kommt.
Dass sich Männer in einem Lustmoment an hübschen Beinen erfreuen, steht außer Frage. Das sollen sie auch tun und es nach Möglichkeit für sich behalten. Denn es interessiert nicht. Selbstbefriedigung nach visueller Stimulation ist die normalste Sache der Welt, auch ohne sie in die Öffentlichkeit zu tragen. Wo ich den Begriff „echter Kerl“ da unterbringen soll, ist mir allerdings schleierhaft.
Männer sind heute alles: sie dürfen weich wie Butter sein und sich von einer Frau trösten lassen und sie dürfen ihre Partnerin an die Hand nehmen und sie führen. Es ist eine Frage der gegenseitigen Bedürfnisse, die gestillt werden. Jeder Mensch hat männliche und weibliche Anteile in sich und findet, wenn er Glück hat, seine persönliche Mitte. In einer guten Partnerschaft findet man seine Ergänzung und Bereicherung.
Wer sich bemüht, ein „echter Kerl“ zu sein, spielt eine kräftezehrende Rolle und ist mit sich selbst und seiner Identität im Unreinen. Genau wie die Frau, die vornehmlich eine „Weibchenrolle“ ausfüllt.
Das sexuelle Spiel zwischen Mann und Frau gibt es in vielen Variationen. Da muss nicht der Mann ständig der omnipotente Macher sein und es „einer Frau besorgen“. Wer das annimmt, engt sich ein und verhindert einen dauerhaft befriedigenden Kontakt auf allen Ebenen. Und auch die Frau, die durch Aufmachung ständig sexuell zu stimulieren versucht, lässt andere wichtige Anteile ihrer Persönlichkeit brach liegen und reduziert sich auf „Sexobjekt“.
Diese Ansicht hat nichts mit Verleugnung von weiblichen und männlichen Reizen zu tun. Mein Partner weiß nach einer Weile, in welcher Jeans ich ihn sexy finde, und ich weiß, welcher Rock ihn antörnt. Da hat jedes Paar sicherlich sein eigenes ganz individuelles Repertoire.
Der Begriff „echter Kerl“ ist absolut überholt, und das ist auch gut so.
AnnKathrin