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Leben mit Behinderung

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Leben mit Behinderung

Das Leben mit Behinderung ist nicht einfach, es gibt so viel verschiedene Behinderungsarten und deshalb ist jede Geschichte über die Behinderung bzw. die Art der Behinderung ganz individuell. Man sollte einfach versuchen, nein nicht versuchen, sondern sich damit auseinander setzen, mit seiner Körperbehinderung zu leben und umzugehen. Ganz egal ob Sprachbehinderung, Sehbinderung, seelische Behinderung, geistige Behinderung, Lernbehinderung, Hörbehinderung und Gehbehinderung usw. Wenn man von heut auf morgen behindert wird ob als Erwachsender oder auch eine Behinderung als Kind bekommt ist es total schwierig sich einfach damit abzufinden. Ich glaube das geht auch gar nicht, sich damit einfach abzufinden. Man muss es lernen, wie das laufen oder Rad fahren. Es ist was ganz Neues. Deshalb ist es in dieser Situation verdammt wichtig auf geistige, seelische und körperliche Unterstützung. Da können Freunde, Familie, Ärzte eine ganze Menge dazu beitragen. Man kann das nicht ganz alleine schaffen. Hierfür gibt natürlich auch noch die Beratungsstellen für die „Beratung, Lebenshilfe, Behinderung“. Bei diesen Beratungsstellen kann man sich gezielt über verschiedene Behinderungen Informieren. Und dort bekommt man auch die Kontakte an die man sich direkt wenden kann. Um auch an den Erfahrungen von andere Menschen mit vielleicht derselben Behinderung teilzuhaben. Das ist total wichtig, dass man solche Anlaufstellen hat um auch zu lernen, sich mit dem Thema Behinderung auseinander zu setzen.

Jeder der eine Behinderung hat weiss das dies leider auch eine Menge von Einschränkungen mit sich bringt. Als Behinderter hat man Anspruch auf Nachteilsausgleich. Auf diesen Leistungen hat nur diejenigen Anspruch, die auch

einen Behindertenausweis besitzen. Das ist zwar nur ein Funken auf dem heissen Stein. Wie bekommt man eigentlich so einen Ausweis. Es gibt so viele Menschen mit Behinderung (die Definition Behinderung), aber man sieht es nicht jedem an, ob man eine Behinderung hat oder nicht. Ab wann ist man eigentlich behindert? Es wird als Behinderung deklariert wenn man mindestens ein Behinderungsgrad von 10% hat. Dafür muss man einen Antrag auf Schwerbehinderung stellen. Diesen Antrag Schwerbehinderung wird bei der Stadt „Versorgungsamt“ gestellt. Dort wird anhand eines Gutachtens bzw. ärztlichem Attest und zusammen mit dem Versorgungsamt der Behinderungsgrad bestimmt. Nach Bestätigung der Behinderung wird die Behinderung und Ausweis ausgestellt. Auf dem Ausweis ist der Grad der Schwerbehinderung und das Merkzeichen vermerkt. Hier ein paar Merkzeichen mit deren Bedeutung: H = hilflos, B = Begleitperson erforderlich, aG = aussergewöhnlich gehbehindert, BI = blind, RF = Radio und Rundfunkgebühren Befreiung. Man kann auch eine Wertmarke für die Bus und Zugfahrten (Merkzeichen aG erforderlich) beantragen. Diese Wertmarke kostet ca. 60 Euro und ist ein Jahr gültig. Abhängig vom Grad der Behinderung kann man verschiedene Leistungen in Anspruch nehmen. Schutz des Schwerbehindertengesetzes, steuerliche Begünstigungen (Freibeträge), KFZ-Steuerbefreiung (ab 50% GdB und Merkzeichen H, aG oder BI), finanzielle Hilfen bei Wohnungsbau, Umzug und Fördermittel für Führerschein und Anschaffung eines behindertengerechten Pkw’s (Voraussetzung für Förderung eines PKW: Man muss einen Arbeitsplatz nachweisen). Über den Führerschein und die Anschaffung meines PKW’s werde ich euch in meiner Lebensgeschichte erzählen.
Ich selbst bin körperbehindert. Auch ich musste erst lernen damit umzugehen. Ich möchte euch gerne etwas über mein Leben mit Behinderung erzählen. Einfach meine Erfahrungen an Euch weitergeben. Ich finde mit diesem Thema sollte man offen mit umgehen. Als ich 12 Jahre alt war (1985) wurde die Diagnose Muskeldystrophie Typ: Becker-Kiener (Muskelschwund) festgestellt. Bei dieser Art von Behinderung bauen sich die Muskeln langsam ab. Man wird immer schwächer auf die Jahre gesehen. Dies wurde durch eine Muskelentnahme an meinem Oberschenkel diagnostiziert. Es hat sehr lange gedauert bis wir und die Ärzte wussten was ich überhaupt habe. Nach Feststellung der Diagnose wurden wir über das Krankheitsbild aufgeklärt. An diesem Tag dachte ich, die Welt bricht zusammen. Ich konnte es überhaupt nicht verstehen warum, weshalb und wieso. Mir wurde damals schon gesagt, dass ich früher oder später auf einen Rollstuhl angewiesen sei. Die ersten Anzeichen für meine Behinderung waren: Bin immer wieder einfach zusammengesackt, bin immer auf Spitzfüssen und auch leicht nach innen gelaufen, konnte nicht rennen, habe immer wieder Wadenkrämpfe bekommen, so dass ich Minuten lang nicht mehr laufen konnte. Ich und meine Familie haben gesagt, dass es trotz diesem Hindernis weiter gehen muss. Bin weiterhin in meine Hauptschule gegangen und

wollte die Schule ganz normal fertig machen. Es ging aber nur bis zur 8. Klasse, es war einfach nicht mehr möglich. Die Mitschüler haben mich ständig gehänselt und ausgelacht. Teilweise auch geschlagen. Im Sportunterricht habe ich immer gesagt, dass ich nicht rennen kann. Das haben die Lehrer lange Zeit nicht ernst genommen. Unter diesem ganzen Druck, hätte ich früher oder später die schulischen Leistungen nicht mehr bringen können. So kam die Entscheidung, dass ich die 9. Klasse (1987) in eine spezielle Schule für Körperhinderte (Weingarten bei Ravensburg) absolviere (das nenne ich Integration Behinderung). Dort bin ich auch zum ersten Mal mit behinderten Menschen zusammen gekommen. Die Benutzung eines Rollstuhls war auch notwendig, da sich meine Behinderung verschlechterte. Dass war für mich auch Alles eine ganz neue Erfahrung. In der alten Schule war ich der Einzigste der eine Behinderung hatte. Ab diesem Zeitpunkt war ich auf mich selbst gestellt (ganz ohne Familie) und musste meine Erfahrungen sammeln. Dort musste man in einem Internat wohnen, nach Hause zu fahren war nicht möglich aufgrund der Entfernung. Man war natürlich nicht ganz alleine, es waren natürlich Erzieher, Lehrer, Pädagogen und Psychologen da, die einen immer voll unterstützten damit man es einfacher hat mit seiner Behinderung umzugehen. Wie ich schon oben geschrieben habe, die Unterstützung finde ich ist das A und O. Aber natürlich ohne eigenen Willen würde es nicht funktionieren. Dort in Weingarten habe ich die 9. Klasse erfolgreich bestanden. Jetzt war die Schule zu Ende jetzt war es Zeit sich um eine Ausbildung zu bemühen. Da ich zu dieser Zeit schon wusste dass ich eine Ausbildung als Technischer Zeichner machen wollte. Hab ich es auf dem normalen Weg versucht und habe fleissig Bewerbungen geschrieben und auch Vorstellungsgespräche gehabt. Aber das Problem war leider meine Behinderung keiner wollte mich zur Ausbildung nehmen. Da blieb mir nichts anders übrig als meine Ausbildung in eine dafür vorgesehene Einrichtung zu machen. Ich ging 1989-1990 nach Ulm (am Eselsberg) dort machte ich ein Förderlehrgang um nochmals verschiedene Berufzweige auszuprobieren. Kaufmännischer und technischer Zweig. Dort war man auch wieder in einem Internat untergebracht. Im Zuge dieses Aufenthaltes habe ich mich auch einer Operation unterzogen. Dort wurden mir sämtliche Sehnen an der Hüfte, Knie und Fuss verlängert. Durch das ständige sitzen im Rollstuhl verkürzen sich die Sehnen mit der Zeit. Nach dieser OP war es mir wieder möglich mit den speziell für mich angefertigten Gehapparaten stundenweise laufen zu können. Das war teilweise ziemlich anstrengend aber dass war ein echt gutes Gefühl die Welt wieder von oben zu sehen. Damit konnte ich ca. 2 Jahren laufen, dann war mir das einfach zu anstrengend. Sie nannten mich alle Robocop, weil ich so gelaufen bin. Wer den Film kennt weiss warum. Dort bin ich zum ersten Mal mit der Sexualität und Behinderung in Berührung gekommen. Ob man behindert ist oder nicht dort finde ich eigentlich keinen Unterschied. Es sei denn dass man einen Partner hat der nicht behindert ist. Da ist es anders, aber da ist nur wichtig das man seinem Partner hierbei 100% vertrauen kann, sonst Funktioniert das nicht. Man muss einfach experimentier freudig sein und einfach auch viel Geduld mitbringen. Das ist natürlich von Behinderung zu Behinderung unterschiedlich. Nun war die Zeit in dieser Einrichtung auch zu Ende. Ich habe über das Arbeitsamt dann die Möglichkeit bekommen meine Ausbildung als Technischer Zeichner in Rummelsberg bei Nürnberg zu machen. Die Ausbildung ging von 1991-1995 die habe ich auch bei der IHK erfolgreich bestanden. Die ganzen Jahre die ich in Internaten verbringen musste waren teilweise sehr hart. Aber wenn ich heute darüber nachdenke hat mir das sehr viel an Erfahrung gebracht. Und es hat sehr viel gebracht mit der Behinderung gut um zu gehen. Weil man auch dort sehr viele Menschen kennen lernt die eine ganz andere Art von Behinderung haben, die auch super damit klar kommen. Das sind auch so Erfahrungen die man unbedingt machen sollte. Da ich aufgrund meiner Behinderung auf ein PKW angewiesen bin, habe ich in der Zeit den Führerschein Klasse 3 gemacht. Das lief nicht automatisch ich musste ganz offiziell eine Antrag beim Arbeitsamt stellen der wurde dann auch bewilligt. Um als Behinderter einen Führerschein machen zu dürfen müssen verschiedene TÜV Gutachten gemacht werden. Damit die richtigen Umbauten für den PKW bestimmt werden können. Es gibt spezielle Fahrschulen die die Auto’s genau so umrüsten nach diesen Gutachten damit man die Fahrstunden absolvieren kann. Das ist ein total schönes Gefühl trotz Behinderung mobil zu sein.

Das Thema Behinderung am Arbeitsplatz ist leider immer noch sehr schwierig. Das weiss ich durch meine eigene Erfahrung. Nach meiner Ausbildung habe ich mich intensiv um eine Arbeit bemüht. Bewerbung über Bewerbung geschrieben aber leider nur Absagen bekommen. Das Arbeitsamt hat mich dabei nicht wirklich viel unterstützt. Viel Eigeninitiative ist notwendig gewesen einen Job zu finden. Nach 3-Jahren Arbeitslosigkeit hab ich mich bei einer Umschulung angemeldet im kaufmännischen Bereich. Das ist nicht mein erlernter Beruf gewesen, aber endlich nicht mehr das Gefühl zu haben das einem die Decke auf den Kopf fällt. Bei der Massnahme musste man 3 Monate Theorie und 6 Monate Praxis (Praktikum in einer Firma) absolvieren, aber im kaufmännischen Bereich. Das war nicht das was ich wollte, aber man bekommt nicht immer was man will. Ich habe mich aber trotzdem im technischen Bereich beworben. Ich habe mich auf eine Anzeige als Technischer Zeichner beworben (das ist die Firma in der ich heute immer noch arbeite). Ich habe nach meiner Bewerbung nicht sofort Antwort bekommen. Ich habe dort ungefähr 2-3-mal die Woche angerufen und wirklich genervt. Bis endlich ein Anruf kam die Nervensäge wollen wir mal kennen lernen. Als ich dann zum ersten Mal in meinem Leben zu einem ernsten Vorstellungsgespräch eingeladen wurde hat ich wirklich Schiss weil ich nicht so richtig wusste wie soll ich mich verhalten. Das war ein Vorgespräch. Dann wurde ich nach eine Woche wieder zu einem Test eingeladen, dies hab ich auch positiv bestanden. Und wieder einer Woche später habe ich dann endlich das Gespräch mit dem Chef der Firma gehabt. Der meinte nur zu mir, ich habe noch nie mit behinderten Menschen was zu tun gehabt, ich weiss nicht was ich mit Ihnen anfangen soll. „Zum ersten Mal hat man das gesagt was man denkt. Und nicht im Vorstellungsgespräch alles super schön und dann am nächsten Tag eine Absage im Briefkasten“. Ich habe nur gesagt lassen Sie uns es doch versuchen, wenn es nicht funktioniert dann geh ich wieder nach den 6 Monaten Praktikum. Nach dem halben Jahr konnte ich weitere 6 Monate auf Probe arbeiten und anschliessend habe ich einen unbefristeten Arbeitsvertrag bekommen. Heute nach fast 8 Jahren arbeite ich immer noch in dieser Firma und werde heute immer noch gefördert. Für jeden Arbeitgeber der einen Behinderten einstellt, bekommt dieser 3 Jahre Zuzahlung zum Lohn oder Gehalt. Das ist natürlich auch Ansporn für jede Firma. Und die Unkosten für Behinderungsbedingten Firmenumbau werden auch 100% gefördert. Als ich meinen Arbeitsvertrag unterschrieben habe, ab diesen Zeitpunkt konnte ich meinen Antrag für die Anschaffung eine PKW’s stellen. Dort habe ich mein Auto mit Umbau fast komplett bezahlt bekommen um meinen Arbeitsplatz zu erreichen.

Das Leben mit einer Behinderung ist nicht einfach. Unterschieden werden muss in eine körperliche und eine geistige Behinderung. Bei beiden Arten gibt es Möglichkeiten, das eigene Leben selbst zu meistern, je nach Schweregrad der Behinderung. Wichtig ist, dass auch die Familie auf die Behinderung eingestellt ist und damit klar kommt. Bei einer plötzlich auftretenden Behinderung, etwa durch einen Unfall ist es häufig so, dass die Familie erst einmal psychologische Hilfe in Anspruch nehmen muss. Außerdem muss das Umfeld behindertengerecht eingerichtet werden.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie in unserem Forum Handicap.

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Foto: rollstuhl © Ilan Amith